Sieben
Tätigkeit im Morgengrauen zurück, um seine beiden Mitstreiter zu wecken. Die drei Männer verabschiedeten sich von dem edlen Zeus, schlichen sich noch vor der Mittagsstunde über die Hintertreppe ins Freie, bestiegen ihre Kutsche und schlüpften durch ein klaffendes Loch des ermittelnden Netzes, das man in aller Eile um jene Häuserblocks geworfen hatte, die das Britische Museum umgaben.
Wie Sparks Doyle und Larry informierte, hatte dieser bereits einen geschäftigen Morgen verlebt. Er hatte in Gesellschaft eines ehemaligen Theaterkollegen, der nun als Intendant einer Londoner Bühne tätig war, gefrühstückt und sich nach dem momentanen Aufenthaltsort der Manchester Players erkundigt jener Truppe, deren Plakat sie auf dem Schreibtisch des Geschäftsführers von Rathborne & Sons gefunden hatten.
»Sie sind im Nordosten Englands auf Tournee«, sagte er. »Heute abend treten sie in Scarborough auf, wo sie drei Tage lang gastieren werden. Anschließend werden sie zu einem Engagement in den Norden Weiterreisen. Nach Whitby.«
Whitby. Schon wieder York. Sei dies nicht, erkundigte sich Doyle, die Gemeinde, in der der ehrenwerte Bischof Pillphrock, der ebenfalls auf der Liste stand, seine Schäfchen weidete? Nicht nur das, erklärte Sparks, denn durch einen Bekannten in der Wirtschaftsauskunftei habe er erfahren, daß Whitby zudem die Winterresidenz von Sir John Chandros sei, einer von Pillphrocks prominenten Listengefährten. Doyle begann Sparks' Bemerkung über die Nichtexistenz des Zufalls allmählich ernst zu nehmen.
Zum Beweis seiner neuesten Enthüllung händigte Sparks Doyle ein dünnes, in Leinen gebundenes Buch aus, auf das er in Hatchards Buchhandlung gestoßen war:
Mein Leben bei den Meistern im Himalaja.
Von Professor Arminius Vamberg.
Vamberg. Schon wieder ein Name von der Liste!
»Schauen Sie sich an, in welchem Verlag es erschienen ist«, sagte Sparks.
Doyle blätterte zum Frontispiz: Rathborne & Sons, Ltd. Er überflog rasch die abgedruckte Autorenbiographie. Sie beschrieb Vamberg als gebürtigen Österreicher, der im Laufe seines Lebens fast jeden Titel eingeheimst hatte, den es von seifen der europäischen Elfenbeinturm-Elite zu verleihen gab. Schließlich hatte ihn eine heftige Wanderlust gepackt und von den Westindischen Inseln bis ins tibetische Hochland geführt mit Zwischenaufenthalten auf dem Schwarzen Kontinent und in der australischen Wildnis.
»Es gibt kein Bild von ihm«, sagte Doyle.
»Ich wette, er trägt einen Bart«, sagte Sparks geheimnisvoll. »Einen Bart?«
»Der Mann, der Bodger Nuggins aus dem Gefängnis von Newgate abgeholt hat, wurde Ihnen doch als Bartträger beschrieben.«
»Wie kommen Sie darauf, daß es Vamberg war?«
Sparks lächelte. »Riecher. Alles kann man natürlich nicht mit absoluter Sicherheit wissen.«
»Liefert uns das Buch irgendwelche Hinweise auf den Mann?«
»Obwohl der Titel den Leser glauben macht, daß er sich auf eine höchst persönliche Entdeckungsreise einläßt, kann man dem Buch über die Persönlichkeit seines Autors fast nichts entnehmen. Sein Stil ist freundlich, akademisch und journalistisch. Er unternimmt keinen Versuch, andere zu bekehren, zu überreden, und stellt keine unerträglichen Behauptungen über die Mächte der Geisterwelt auf.«
»Ich wette, mit so 'nem langweiligen Buch verdient er keinen Penny«, sagte Larry. »Wie meinen Sie das?« fragte Doyle. »Ohne Geister und Trolle, ohne behaarte Unholde, die in 'n Bergen hausen und sich wie 'n Nachtwind auf ihre Opfer stürzen? Davon verbimmelt man doch aufm offenen Markt keine zwei Exemplare. Die Leute wolln sich doch ordentlich gruseln, oder nich?«
»Es sieht so aus, als wäre Professor Arminius Vamberg genau das, als was er sich darstellt«, sagte Sparks. »Ein nüchterner, ernsthafter Wissenschaftler, der sich im akademisch nicht sanktionierten Bereich der Metaphysik betätigt.«
»Kein Wunder, daß ich nie von ihm gehört habe«, sagte Doyle. »Lesen Sie es in Ihrer Freizeit, Doktor. Vor uns liegt eine lange Bahnfahrt.«
»Nach Whitby, nehme ich an.«
»Aber natürlich«, sagte Sparks.
Als sie sich durch die mittäglich bevölkerten Straßen schlängelten, erinnerte Doyle sich plötzlich an Leboux und das Versprechen, das er ihm gegeben hatte. War es erst gestern gewesen? Es kam ihm vor, als sei es Monate her. Er wollte London nicht verlassen, ohne ihm Bescheid zu geben. Trotz Sparks vermeintlicher Fähigkeit, sich innerhalb der Regierungskreise breitzumachen, war
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