Sieben
tot, ehe sie den Boden berührte. »Unten bleiben!« schrie Sparks.
Doch Eileen sprang auf, ergriff eine Laterne und schleuderte sie auf die Phantomgestalten, die noch immer über ihr schwebten.
Sie explodierte beim Aufprall; die Kreaturen fingen Feuer und lösten sich in einen Schauer silberner Funken und rotem Rauch auf.
»Ich kann Nonnen nicht ausstehen!« schrie Eileen. Doyle vernahm ein leises, wildes Knurren in seinem Rücken und drehte sich vorsichtig um. Ein dritter Wolf stand neben der Kiste, einen Fuß hinter Sparks, der dem Tier schutzlos zugewandt war. »Jack ...«, sagte Doyle.
»Meine Waffe ist nicht geladen«, sagte Sparks ruhig und ohne sich zu bewegen. »Wie siehtʹs mit Ihrer aus?«
»Ich muß sie erst ziehen.«
»Dann machen Sie das mal.«
Doyle knöpfte seinen Mantel auf. Seine Hand glitt tastend nach innen. Der Wolf schaute mit wilden und intelligenten Augen langsam von ihm zu Sparks. Er war bei weitem die größte der drei Bestien, siebzig Zentimeter hoch und mindestens siebzig Pfund schwer. Als das Tier sich nun langsam vorwärts bewegte, zückte Doyle die Pistole. Doch anstatt anzugreifen, machte der Wolfskönig zwei schnelle Sätze und sprang im hohen Bogen durch ein offenes Fenster hinter dem Altar. Doyle gab einen fehlgeleiteten Schuß ab und wollte ihm nachsetzen. Doch als er nach unten blickte, sah er, daß die Entfernung vom Fenster zu den darunter befindlichen Schneewehen mehr als zwanzig Fuß betrug. Er hielt eine Laterne ins Freie, doch das Tier war bereits aus seinem Blickfeld verschwunden.
Eileen und Larry kümmerten sich um Barry, dessen linker Unterarm die Hauptlast des Wolfsangriffs getragen hatte. Als sie seinen Arm behutsam aus dem Ärmel zogen, lief Blut an seiner Hand herab.
»Ist doch wohl nich schlimm, Barry, oder?« fragte Larry.
»Der Mantel hat das meiste abgefangen«, sagte Barry und versuchte, seine Finger zu bewegen.
»Gespenster«, sagte Eileen mit dem Gleichmut einer erfahrenen Krankenschwester. »Das muß man sich mal vorstellen!«
»Hab schon Schlimmeres gesehen«, sagte Barry stoisch.
»Ich kann Nonnen nicht ausstehen«, wiederholte Eileen. »Ich habe sie noch nie ausstehen können.«
»Unsere pelzigen Schafsfresser sind aber wohl echt«, sagte Larry. »Oder nich oder doch? - Die sind doch kein Hokuspokus.« Er beugte sich hinüber, trat einem der Kadaver in die Rippen und zog seine Messer aus dem Tier.
»Alles in Ordnung, Barry?« fragte Sparks. Er lud die Schrotflinte mit Patronen nach, die er aus der Tasche zog.
»Unkraut vergeht nich, Sir«, sagte Barry. Er bedachte den hilfreichen Engel, der die Bißwunden an seinem Unterarm untersuchte, mit einem breiten Grinsen.
Doyles Herzschlag wollte sich gerade wieder normalisieren, als er einen erneuten Blick aus dem Fenster warf.
»Schauen Sie doch mal, Jack«, sagte er.
Sparks gesellte sich zu ihm. Fern im Süden war eine Reihe heller, roter Lichter zu erkennen, die sich auf ihre Stellung zubewegten.
»Fackeln«, sagte Doyle.
»Sind irgendwohin unterwegs«, sagte Sparks. »Zu uns. Könnte sein.« Er deutete auf die Kiste. »Behalten Sie sie im Auge.« Doyle schätzte, daß sie noch eine gute Meile entfernt waren. Sparks trat an die Kiste und kniete neben ihr nieder, um die Erde zu untersuchen, auf der sie ruhte. Er zerrieb sie zwischen den Fingern und beschnupperte sie. Dann öffnete er den Deckel. Er sagte keinen Ton, doch als Doyle sich erneut zu ihm umdrehte, sah er einen entsetzten Ausdruck auf Sparks' Gesicht. »Was ist es, Jack?«
»Spiele«, murmelte Sparks finster. »Er spielt mit uns.« Doyle trat an seine Seite und sah in die Kiste. In ihr lag eine Leiche; eigentlich kaum mehr als ein Haufen Knochen unter dem verrotteten Totenhemd und den verfilzten Klumpen versengten Haars und Fleisches. Einer Parodie habsüchtigen Besitzstrebens gleich lag eine Fotografie in einem vergoldeten Rahmen zwischen den skelettierten Händen: das Porträt eines Mannes und einer Frau; nach Form und Stil beurteilt ein englisches Ehepaar der Oberschicht. »Was ist das?« fragte Doyle.
»Meine Eltern«, sagte Sparks und deutete mit dem Kopf auf die Fotografie. »Das sind meine Eltern.«
»Gütiger Himmel...«
»Und das ist der Leichnam meines Vaters.« Die in Doyle aufwallende Empörung machte ihn sprachlos. Sämtliche noch vorhandenen Zweifel, die er gegen Alexanders Monstrosität und Jacks Unschuld gehegt hatte, wichen nun endlich und unabänderlich von ihm. »Seelenloses Ungeheuer«, stieß Doyle
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