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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Zettel ein und öffnete die Tür. Eileen trat ein. Doyle schaute auf seine Uhr: Es war halb zwei Uhr morgens.
    »Entschuldigen Sie uns einen Moment, Miß Temple«, sagte Sparks, hielt Doyle im Korridor zurück und schloß die Tür.
    »Bleiben Sie bei ihr. Wenn ich im Morgengrauen nicht zurück bin/versuchen Sie sich nach London durchzuschlagen.«
    »Was haben Sie ...«
    »Für heute nacht war das möglicherweise alles, aber halten Sie sicherheitshalber die Pistole geladen und bereit«, sagte Sparks und ging durch den Korridor fort.
    »Jack, was haben Sie vor?«
    Sparks winkte ab, ohne sich umzudrehen, dann ging er schnell nach unten. Doyle warf einen Blick auf die Tür und drückte sie auf. Eileen lag auf der Tagesdecke des Bettes und wandte ihm den Rücken zu. Er wollte die Tür gerade schließen ...
    »Gehen Sie nicht«, sagte sie, ohne sich zu rühren.
    »Sie sollten sich ausruhen.«
    »Dazu besteht keine große Chance.«
    »Aber Sie brauchen wirklich Ruhe ...«
    »Hören Sie um Himmels willen auf, den Arzt zu spielen.« Sie drehte sich um und sah ihn an. »Ich habe nämlich keine besondere Lust, meine letzte Nacht auf Erden allein zu verbringen. Sie etwa?«
    »Wieso glauben Sie ...«
    »Kommen Sie rein und schließen Sie die Tür, ja? Wie deutlich muß ich denn noch werden?«
    Doyle gehorchte, blieb jedoch auf der anderen Seite des Zimmers und verharrte steif neben der Tür. Sie schenkte ihm einen schiefen Blick, schüttelte leicht den Kopf; setzte sich aufrecht und erhaschte ihr Bild im Spiegel auf dem Toilettentisch. Ihr Haar war zerzaust, ihr heller Teint vom Wind gerötet.
    »Grauenhaft«, sagte sie.
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, sagte Doyle und bedauerte seine Worte in der gleichen Sekunde.
    Ein weiterer sardonischer Blick ihrerseits festigte seine Reue. Sie trat an einen Stuhl beim Frisiertisch und musterte sich leidenschaftslos.
    »Ich nehme an, eine Haarbürste wäre wohl ein zu anspruchsvoller Wunsch«, sagte sie.
    »Rein zufällig«, sagte Doyle, »gehört eine zu den wenigen Habseligkeiten, die mir noch geblieben sind.« Er entnahm seiner Tasche, die am Fuß des Schranks stand, sein Reisenecessaire.
    »Sie sollten wirklich lächeln, Doktor«, sagte Eileen mit glänzenden Augen. »Dem edlen Gemüte verarmt die Gabe mit des Gebers Güte.«
    »Ich wollte nicht ungütig sein ... Ophelia«, erwiderte er, sich des Zitats erinnernd.
    Eileen legte die Männerjacke ab, löste ihr Haar und ließ ihre weiche schwarze Mähne auf die Schultern sinken. Sie nahm die Bürste zur Hand und kämmte sich mit langen, sinnlichen Streichen. Der Anblick hatte auf Doyle eine Wirkung von atemberaubender Intimität und war Balsam für seinen angeschlagenen Geist. Seit sie die Schreie auf dem Hügel vernommen hatten, war er mit seinen Gedanken zum ersten Mal woanders.
    »Haben Sie mich je auf der Bühne gesehen, Doktor?« fragte sie. »Ich hatte leider nie das Vergnügen«, sagte Doyle. »Ich heiße übrigens Arthur.«
    Sie nickte leicht, billigte die erneute Steigerung an Vertrautheit. »Es gab gute Gründe dafür, daß unsere Anstandswauwaus viele hundert Jahre lang nicht zulassen wollten, daß Frauen öffentlich auftreten.«
    »Welche Gründe es wohl waren?«
    »Manche meinten, es sei gefährlich, Frauen auf der Bühne zu sehen.«
    »Auf welche Weise gefährlich?«
    Sie zuckte leicht die Achseln. »Vielleicht gelangt man zu einfach zu der Annahme, Schauspielerinnen seien genauso wie die Rolle, die sie an bestimmten Abenden verkörpern.«
    »Aber genau das ist doch die ersehnte Wirkung. Uns von der Wahrhaftigkeit des Charakters zu überzeugen.«
    »So sollte es sein, ja.«
    »Und wieso stellt es dann eine Gefahr dar? Und für wen?«
    »Für jemanden, der Frauen hinter der Bühne begegnet und Schwierigkeiten hat, Schauspielerinnen und die von ihnen verkörperte Rolle voneinander zu trennen.« Sie blinzelte ihm unter einer Lockenwelle hervor im Spiegel zu. »Hat deine Mutter dich etwa nie vor Schauspielerinnen gewarnt, Arthur?«
    »Sie war wohl der Meinung, daß anderswo viel offensichtlichere Gefahren lauern.« Doyle hielt ihrem Blick stand. »Ich habe Sie auf der Bühne gesehen, nicht wahr?«
    »Ja, hast du. So lala.«
    Eine lange Pause folgte. »Miß Temple ...«
    »Eileen.«
    »Eileen«, sagte Doyle. »Ist das ein Versuch, mich zu verführen?«
    »Wer weiß ...« Sie stellte das Kämmen ein und runzelte die Stirn. Sie schien sich nicht weniger unsicher als er selbst. »Ist das wirklich dein Eindruck?«
    »Ja.

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