Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
Vom Netzwerk:
etwas immens Großes durch die Luft, also wollen wir vom Standpunkt der reinen Vorsicht aus weitergehen. Nicht rennen, Doyle, schiebe den Spazierstock vor dir her. Ja,
so ...
Leise, bitte ... Such dir eine Tür. Da ist ja schon eine. Wie lieb ... Egal welche. Die da. Abgeschlossen. Verdammt. Weiter zur nächsten. Wo wir gerade ornithologische Fakten erwägen sehen Vögel eigentlich gut in der Dunkelheit? Kommt auf den Vogel an, oder? Wie ist ihr Geruchssinn? Haben sie überhaupt einen? Sie müssen einen haben: Ihr ganzes Leben besteht aus ununterbrochener Nahrungssuche. Wie entsetzlich beruhigend. Was haben wir über die Freßgewohnheiten von Wasserspeiern ausgesponnen?
    Es ist zwar unmöglich, aber der Flügelschlag scheint sich gleichzeitig zu nähern und zurückzuziehen. Ob es zwei sind? Einer an jeder Treppenseite, das macht dann zusammen ... Jetzt reichtʹs!
    Eine Tür, Doyle! Also beeil dich, weil einer von ihnen soeben um die Ecke gebogen ist, die wir gerade hinter uns gelassen haben und rasch näherkommt...
    Da! Pack den Griff, dreh ihn, drück, tritt ein und mach dir Tür hinter dir zu. Kannst du sie verschließen? Sie hat keinen Riegel. Sind dir zufällig irgendwelche ornithologischen Fakten bekannt, die die Wahrscheinlichkeit unterstützen, nach der ein Vogel einen Türknauf zu drehen vermag? Jetzt aber ernsthaft, Doyle. Hat diese Tür ein Fenster? Solides Eichenholz. Gelobet seist du, dicke alte Tür; Gott segne den englischen Zimmermann ...
    Du hast es doch gehört, oder? Das sich niederlassende Gewicht, das leise Kratzen auf dem Marmorboden. Woran denken wir bei Schwingen? An Krallen. Und wenn Krallen an dieser guten, alten, stabilen Eichentür kratzen, müßte sich das Geräusch, das sie hervorrufen, ungefähr so anhören wie das, das wir gerade vernehmen ...
    Es wird Zeit, herauszufinden, in welcher Art Zimmer wir eigentlich sind, und noch wichtiger, welchen zweiten Ausgang es uns anbietet. Greif in die Tasche, such ein Streichholz, geh von der Tür weg, zünde es ... Gütiger Gott!
    Doyle ließ das Streichholz fallen und duckte sich, um einem Schlag auszuweichen, der nie kam. Dies überraschte ihn, denn in dem Bruchteil der Sekunde, in dem das Streichholz gebrannt hatte, hatte er das Gesicht eines Ghuls gesehen, der ihn aus einem eindrucksvollen Winkel ansprang: Eine auf abscheuliche Weise ihrer Haut entkleidete Fratze, deren gelbe Zähne in einem aggressiven Grinsen gefletscht waren. Er wartete. Bestimmt würde er gleich den übelriechenden Atem der Bestie auf seinem Gesicht spüren. Mit zitternden Händen entzündete er ein neues Streichholz.
    Eine Mumie. Aufrecht stehend, in einem Sarkophag. Daneben, auf einer Auslage, der spiralförmige Stab des Ra. Doyle bewegte das Streichholz, um mehr von der Umgebung zu erkennen, und er begriff, daß er in einen Raum gestolpert war, der mit Ägyptologie zu tun haben mußte. Amphoren, Edelsteine, mumifizierte Katzen, goldverzierte Dolche, Schiefertafeln mit Hieroglyphen. Ägypten und sein Schutt waren dieser. Tage hochaktuell. Keine Weltreise konnte sich vollständig nennen ohne einen Besuch bei den Pyramiden von ...
    Wumm!
knallte es gegen die Tür.
Wumm!
Die Scharniere ächzten vor Schmerz. Dank seines in Panik erfolgten Ausrufes wußte nun das, was dort draußen war, daß er sich hier drinnen aufhielt ...
    Das Streichholz versengte seine Finger. Doyle ließ es fallen, riß ein neues an und schaute sich nach einem Gott, bitte! Fenster um. Da war eins. Er näherte sich ihm so schnell, wie das brennende Streichholz es zuließ, warf einen Blick auf das Schnappschloß, packte es, drehte es die Schläge gegen die Tür waren beharrlich, da mußte sich ein massiver Körper gegen die Füllung werfen -, und das Fenster flog auf. Doyle starrte in eine Ungewisse Tiefe. Er hatte keine Zeit zum Zögern; warf seine Reisetasche und den Spazierstock hinaus und folgte ihnen. Er fing die Wucht des Aufpralls mit den Knien ab, duckte sich, rollte sich ab, nahm hastig seine Sachen auf und floh vor der altertümlichen Gruft.
    Unter dem gewölbten Außenbogen der St. Maryʹs Church hielt er an und rang nach Luft. In der Finsternis wartete er zehn bange Minuten lang auf die schrecklichen Flügelschläge, die aus dem Dunkel hervorbrachen - auf irgendeinen grauenvollen Schatten der Rache, der die Sterne verdunkelte und sich vom Himmel herab auf ihn stürzte. Als sein Atem sich beruhigt und der sein Hemd durchtränkende Schweiß sich abgekühlt hatten, wurde ihm kalt, und er

Weitere Kostenlose Bücher