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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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hast du gepraßt«, und dann an Doyle gewandt, »Krümel auf der Jacke.«
    »Und ein Soßenfleck auf der Krawatte«, sagte Doyle, der die Herausforderung nur zu gerne annahm. »Ganz zu schweigen von dem ihm anhaftenden durchdringenden Geruch von schalem Hopfen und billigem Zigarettentabak, wie er in öffentlichen Lokalen üblich ist.«
    »Maria und Joseph, das darf doch nich wahr sein! Sie etwa
auch,
Sir?«
    »Also los, Doyle, sagen Sie ihm, wie ich meine Schlüsse gezogen habe«, sagte Sparks.
    Doyle musterte den ungläubigen Larry einen Moment. »Nach der Rückkehr nach London hätte Ihre Hauptaufgabe darin bestehen müssen, den Aufenthaltsort General Drummonds herauszufinden. Wenn er in der Stadt gewesen wäre, bezweifle ich, daß Sie die Zeit gehabt hätten, mit Ihrem Bruder einen trinken zu gehen, geschweige denn, uns frische Kleider zu besorgen. Deswegen hat die schnelle Erledigung der ersten Aufgabe es Ihnen erlaubt, sich die zweite vorzunehmen. Man braucht sich nicht groß anzustrengen, um zu wissen, daß sie darin bestand, die Unterkunft der Nicholsons in London ausfindig zu machen. An den Knien und Ellbogen Ihrer Kleider befinden sich Rückstände eines feinen gelben Pulvers; da weder Streifen noch Risse darauf hindeuten, daß Sie gezwungen waren, irgendwelche plötzlichen oder heftigen Bewegungen auszuführen, war das zweistöckige gelbe Ziegelsteinhaus, das Sie methodisch erklettert und zu dem Sie sich Zutritt verschafft haben, allem Anschein nach leer. Der deutlich erkennbare rote Lehm an den Rändern und Sohlen Ihrer Stiefel ist typisch für die Hügel von Hampstead Heath. Übrigens ist das Elephant and Castle auch mein Lieblingslokal, in dem ich mir zu meiner Zeit eine ganze Anzahl köstlicher Steaks und weiße Bohnen habe munden lassen.«
    »Gut gemacht, Doyle!«
    »Potz ... tausend ...«, Larry nahm seinen Hut ab und schüttelte den Kopf.
    »Wenn es Larry die Sprache verschlägt, sollte man die Presse benachrichtigen«, sagte Sparks. »Derlei ist seltener als eine totale Sonnenfinsternis.«
    »Und da hab ich immer gedacht, Barry und ich wärn die einzigen Zwillinge in der näheren Umgebung«, sagte Larry, schließlich. »Und jetzt haben wir noch zwei. Romulus und Remus. So ähnlich wie 'n Ei dem andern. Da haben wir aber Glück gehabt, Sir, daß Sie auf unserer Seite sind«, sagte er aufrichtig.
    »Danke, Larry«, erwiderte Doyle. »Ich kann dieses Lob wirklich gut gebrauchen.«
    »Fehlt nur noch, daß ihr euch jetzt herzt und küßt«, sagte Sparks, der die Schleife seiner Krawatte fertig band. Larry und Doyle wandten sich ziemlich verlegen voneinander ab, und Doyle begann, sich anzukleiden, während Larry dazu überging, sich geschäftig die Krümel von seiner Jacke zu bürsten.
    »Larry, was ist mit unserem Dinner?«
    »Halb zehn im Criterion. Austern auf halben Muscheln, gekochten Hummer - munter und fröhlich - und 'ne Flasche Whisky warten auf Sie.«
    Sie kleideten sich für den heiß ersehnten Termin fertig an und standen um Schlag halb zehn nicht weit entfernt auf der Strand vor der ehrwürdigen Tür der Criterion Long Bar. Die elegante Abendgarderobe machte sie in der Flutwelle der den Speisesaal frequentierenden Großkopfeten unsichtbar und war an diesem, dem festlichsten aller Abende in London, die perfekte Tarnung. Als Medizinstudent hatte Doyle seine Nase zahllose Male von außen an die Fensterscheiben gepreßt, um sich, mit der Neugier und dem Neid des kurz abgefertigten Anthropologen, die
haute monde
in ihrer natürlichen Umgebung anzusehen. Doch nie zuvor hatte er die Schwelle dieser mehrstöckigen Festung überschritten.
    Sparks war dem Maitre wohlbekannt. Eisgekühlter Champagner wartete bereits auf sie, und eine Garde aufmerksamer Oberkellner und Kellner stand bereit, um dafür zu sorgen, daß ihre Gläser nie leer wurden. Ein öliger Geschäftsführer wünschte ihnen im Namen des Hauses Glück, und eine üppige, gichtfördernde Abfolge mundwässernder Leckereien regnete wie die wahllose Freigebigkeit eines kulinarischen Gottes auf sie hinab. Doyle hatte kaum Zeit, zwischen den Bissen und Schlucken etwas zu sagen, er stürzte sich mit bacchantischer Selbstaufgabe in das Schlemmerfest. Der Champagner karbonisierte den Schatten des Verhängnisses, das sie in den letzten Tagen gejagt hatte, und ließ es dem Vergessen anheimfallen. Der sie umgebende Raum erschien ihm unglaublich geschmeidig/fröhlich und lichterfüllt. Die Damen erstrahlten in Athener Glanz, die Herren schienen von

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