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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Verhalten mir gegenüber trug nicht dazu bei, meinen Argwohn zu dämpfen. Ganz im Gegenteil, immer wenn ich mich nach Alexanders Wohlergehen erkundigte, was ich nicht allzuoft wagte, versicherten sie mir, es ginge ihm bestens. Ich war sicher, daß sie mich belogen! War sicher, daß er irgendwo dahinsiechte, auf ihren Befehl hin von mir abgeschnitten, und sich ebenso elend und beraubt fühlte wie ich mich. Ich wollte mich rächen, ohne ihnen die Befriedigung des Wissens zu verschaffen, daß ich gekränkt war; also begann ich, ihnen meine Gefühle zu verheimlichen, und umgab mich mit dem gleichen steinernen Wall aus freundlicher, distanzierter Selbstgenügsamkeit, die ich Alexander in ihrer Gegenwart hatte ausstrahlen sehen. Sie spürten sofort, daß mit mir etwas nicht in Ordnung war, doch ich verweigerte mich ihren inständigen Bitten und leugnete jedes Unbehagen. Während der ganzen Zeit zählte ich die Tage bis Ostern, wenn Alexander und ich wieder zusammen sein würden. Zu meiner großen Überraschung unternahmen unsere Eltern keine Anstrengungen, uns dieses Treffen zu versagen - was nur dazu diente, meine Überzeugung zu bestätigen, daß ihr Verrat von übertrieben hoher Ordnung war.
    Als wir uns schließlich begegneten, verriet Alexander nicht das geringste Unbehagen und keinerlei Unzufriedenheit mit unseren Eltern, und in ihrer Gesellschaft war er, wie immer, nett und gesellig zu mir. Als wir auf der Veranda saßen und an unserem Hibiskustee nippten, wirkten wir wie das Modell der aufrechten englischen Familie. Den größten Teil der Zeit verbrachten wir damit, über Alexanders Eintritt in die Universität zu reden, der im Herbst erfolgen sollte. Ich wandte alle Reserven der Selbstdisziplin auf - so, wie Alexander es mich gelehrt hatte - und widerstand dem Impuls, ihn beiseite zu ziehen und ihn anzuflehen, mir den Grund für seinen Rückzug zu berichten. Der lange Nachmittag war fast herum, ehe sich die Gelegenheit bot - auch diesmal wieder nach dem Abendessen beim Spaziergang im Park -, als wir, ritualisiert durch die jahrelangen Besuche, zehn Schritte vor den Eltern gingen. Unsere Gesichter und Gesten verrieten keine Dringlichkeit. Er richtete nur wenige Worte an mich, doch sie schwangen in jenem verschwörerhaften Ton der Zugehörigkeit, nach dem ich mich in langen Monaten gesehnt hatte. ›Sieh zu, daß du in diesem Sommer nach Europa kannst. Im Juli. Allein.‹ Er schlug Salzburg vor, das für seine Musikakademie bekannt ist. Ich war fassungslos. Wie sollte ich das hinkriegen? Mit welchen Hilfsmittel? Das Problem erschien mir unüberwindlich. Er sagte, es läge nun alles an mir; doch wie auch immer ich es machte - dies sei der bei weitem wichtigste Auftrag, den er mir je geben würde. Ich schwor ihm, daß ich es versuchen würde. Ich wollte mein Bestes tun. Du mußt es schaffen, sagte er, um jeden Preis. Dann tauchten unsere Eltern hinter uns auf, und das war das Ende unseres Gesprächs.«
    »Er wollte Sie dort treffen«, sagte Doyle.
    »Das war natürlich auch meine Annahme. Nach der Heimreise stürzte ich mich zu Hause sofort auf das, was bis dahin allenfalls eine oberflächliche Bemühung gewesen war: das Geigenspiel zu erlernen. Was bis dahin Pflicht gewesen war, wurde nun zum Zwang. Ich übte täglich mehrere Stunden. Meine Hingabe an diese Tätigkeit wurde nie hinterfragt, sondern von meinen Musik liebenden Eltern eher unterstützt. Zu meinem Erstaunen entdeckte ich, daß ich mehr als nur eine kleine Begabung für das Instrument besaß ich war recht gut. Mehr noch, ich war in der Lage, den Saiten die Musik meines persönlichen Universums zu entlocken, als wäre ich auf eine gänzlich neue Sprache gestoßen, die ich auf vielerlei Arten für eloquenter hielt als die wörtliche Rede. Hin und wieder monierte ich den Mangel an Lehrern, die sich mit dem rapide zunehmenden Niveau meines Spiels messen konnten. Ich erwähnte beiläufig, ich hätte von einem Konservatorium in Österreich gehört, wo die großen Talente unseres Zeitalters Beistand für ihr Können gefunden hatten, so daß sie sogar auf das internationale Parkett gegangen waren.
    Als meine Eltern mir ein paar Wochen später den Vorschlag machten, ich solle mich für den nächsten Sommer in eben diese Akademie aufnehmen lassen, täuschte ich Erstaunen vor und überschüttete sie mit grenzenloser Dankbarkeit für ihre Aufmerksamkeit und ihre Großzügigkeit. Ich wußte nicht, was mich stolzer machte: Mein Wagemut, die Verabredung geheimzuhalten,

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