Sieben
Zentrum.«
»Sie glauben also, daß Alexander dieser Meisterplaner ist.« Sparks hielt inne. »Ich weiß nicht einmal genau, ob eine solche Figur überhaupt existiert. Keiner meiner Bekannten kann bestätigen, daß je jemand direkten Kontakt mit einem solchen Individuum hatte. Doch wenn es ihn gibt, wäre kein anderer Mensch außer meinem Bruder dazu in der Lage. Und wenn er es ist, wäre kein anderer Mensch gefährlicher.«
»Dann ist dies gewiß schon seit längerer Zeit der Status quo in London - und gewiß schon vor Alexanders Amtsdauer. Das Verbrechen war immer schon ein bedauerlich beständiges Element der menschlichen Erfahrung.«
»Unbestreitbar. Aber was wollen Sie damit sagen?«
»Daß es hier um etwas mehr geht, als um die routinemäßige Leitung illegaler Unternehmungen, Jack. Um etwas, das über den geistigen Horizont gewöhnlicher Gauner hinausgeht.«
»Sie meinen die Dunkle Bruderschaft«, sagte Sparks.
»Möglicherweise eine Organisation, die getrennt von der kriminellen Seite arbeitet und bestimmte egoistische eigene Ziele verfolgt.«
»So ist es.«
»Und Sie sind sich ziemlich sicher, daß Alexander der Bruderschaft die Treue geschworen hat?«
»Alexander schwört nur sich selbst die Treue«, sagte Sparks. »Wenn er sich mit ihr zusammengetan hat, dann nur zu dem Zweck, seine persönlichen Ambitionen voranzutreiben. In dem Augenblick, in dem ihre Wege auseinanderlaufen, wird er nicht zögern, das Band zu zertrennen.«
»Doch auch so stellt eine Partnerschaft zwischen zwei derartigen Gruppen, egal wie lose sie auch sein mag ...«
»... eine größere Bedrohung für das allgemeine Wohlergehen des Landes dar als jeder Krieg oder jede vorstellbare Pestseuche. Es hat keinen Zweck, uns hinsichtlich dieser unangenehmen Tatsache etwas vorzumachen.«
Doyle dachte einen Moment darüber nach. »Wann haben Sie Ihren Bruder zum letzten Mal gesehen, Jack?«
»Vor einem Fenster in Topping.«
»Nein, ich meine von Angesicht zu Angesicht.«
»Seit dem damaligen Osterfest nicht mehr. Vor fünfundzwanzig Jahren.«
Doyle blieb am Ball. »Und wann ist Ihnen erstmals klargeworden, daß Alexander der Meisterplaner ist, den Sie mir beschrieben haben?«
»Gestern. Als ich den Landsitz Lord Nicholsons brennen sah.«
Sie schauten einander an.
»Sie verstehen also endlich, welches Spiel wir hier spielen?« fragte Sparks.
Doyle nickte. Nun war die Reihe an ihm, nachdenklich ins Feuer zu starren und sich zu fragen, ob das neue Jahr, das die Massen gegenwärtig auf den Straßen begrüßten, womöglich das letzte war, das er je erleben würde.
Als Doyle versuchte, im Schlaf neue Kraft zu sammeln, stand Larry als Wache vor seiner Tür. Als er erwachte, tauchte er aus einem unsteten Traum auf, dessen Inhalt ihm entglitten war. Dann erkannte er, daß seine Sachen gepackt waren und neben der Tür standen. Sparks saß im Wohnzimmer am Tisch und studierte den Londoner Stadtplan. Es war halb sechs, und das Morgengrauen draußen am Himmel war noch nicht einmal als Gerücht vorhanden. Doyle, der sich den Schlaf aus den Augen wischte, benötigte eine ganze Kanne Kaffee und einen Teller Pfannkuchen, die ihm Larry servierte, um den Rost aus seinen Muskeln und seinem Hirn zu vertreiben. Alles in ihm schrie nach einem Ruhetag, doch wie Doyle vermutete, würde es in absehbarer Zeit keinen solchen Luxus geben.
»Auf der Russell Street gibt es ein ganzes Dutzend Verlage in Museumsnähe«, sagte Sparks energisch. »Haben Sie Ihr Manuskript zufällig an die Firma Rathborne & Sons geschickt?«
»Rathborne?« sagte Doyle. »Das ist doch Lady Nicholsons Mädchenname ... Ja, ich glaube, das habe ich. Mein Gott, glauben Sie etwa ...«
Doyle wurde von einem kleinen, eckigen Apparat abgelenktffden er als Papierbeschwerer für Stadtpläne noch nie zuvor gesehen hatte. Als er träge die Hand ausstreckte, um ihn zu untersuchen, riß Sparks das Kästchen fort, steckte es in seine Tasche und fing energisch an, den Stadtplan zusammenzurollen.
»Dort werden wir anfangen«, sagte er. »Inzwischen wird Larry uns in eine andere Unterkunft umsiedeln. Ich fürchte zwar, daß unser nachfolgendes Quartier weniger Ihren Beifall finden wird als das Melwyn, aber es wäre klug, wenn wir jede Nacht an einem anderen Ort verbrächten.«
Als Doyle zuschaute, wie Larry ihre Reisetaschen aus dem Zimmer brachte, sagte er kläglich: »Ich könnte eine Rasur vertragen ...«
»Dafür haben wir später noch jede Menge Zeit«, sagte Sparks. »Kommen Sie,
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