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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Fensterspalt zu
zwängen. Die Hand ging durch, der Arm blieb draußen.
    Manfred lief zu unserem Auto und kehrte
nach kurzer Zeit mit einem Draht zurück.
    »Schau her, Andreas, da ist ein Draht
und unten eine Schlinge dran. Ich steck’ ihn durch den Spalt. Jetzt faß ihn mit
deinen Fingern. Hast du ihn?«
    »Ja!«
    »Dann halt ihn vor allen Dingen fest,
laß ihn nicht los! Du mußt versuchen, mit der Schlinge den Türknopf zu fassen.
Wir sagen dir, wo du hin mußt.«
    Die Herren standen gebückt um das Auto
herum, leuchteten hinein und drückten ihre Nasen an die Fenster.
    »Nach rechts!« schrie Florian. »Nicht
soviel, bißchen zurück! Gut so! Jetzt geh vorsichtig runter! Noch weiter, noch,
noch! Spürst du den Widerstand?«
    »Ja«, keuchte Andreas, »i bin scho ganz
kaputt.«
    »No laß mi, i kann des au!« Mathias gab
seinem Bruder einen leichten Schubs.
    »Festhalten!« schrien alle vier Männer.
»Laß den Draht nicht los!«
    Er hielt ihn eisern fest, aber seine
Hand zitterte und der Draht zitterte mit.
    »Los, Mathias, steck deine Hand rein!«
kommandierte Christoph. «Du hast alles verpatzt! Jetzt gib dir gefälligst Mühe!
Nimm den Draht! Vorsicht bei der Übergabe!«
    Der Draht ging von einer Bruderhand in
die andere, dann zog Andreas seinen Arm zurück und klapperte mit den Zähnen.
Ich stülpte ihm Pullover und Anorak über den Kopf.
    »Du hättest ihn beinahe gehabt,
Andreas, du warst Klasse!«
    »Ja, wenn mi der freche Dinger net
gschubst hätt«, rief er zornig, »no hätt i’s gschafft!«
    Mathias arbeitete mit äußerster
Konzentration. Wieder nahte der spannende Moment. Die Herren schnauften vor
Aufregung.
    »Vorsichtig runter damit! So, jetzt
drück! Mit Gefühl! Er hat ihn! Hurra! Zieh ihn hoch! Langsam! Himmel, nicht so
schnell! Blödmann! Verflixt, jetzt ist er rausgerutscht! Noch mal das Ganze!«
    »Wenn ihr Blödmann zu mir sagt«, rief
Mathias, »no laß i den Draht falle...« Sprach’s und tat’s. Ein Stöhnen lief
durch die Versammlung.
    »I hab’s net wolle! Ehrlich! s isch
eifach passiert!« Mathias angelte mit der Hand im Wageninnern. Tränen liefen
ihm übers Gesicht.
    »Es hat keinen Zweck. Wir schaffen es
nicht!« Aus Michaels Stimme klang äußerste Resignation. Vera dagegen blieb froh
und guter Dinge.
    »Wir schlagen das Fenster ein, das ist
die einfachste Lösung...«
    Michael stöhnte, Vera begab sich auf
die Suche nach einem Stein, da drückte sich Henriette durch die Menge der
Anverwandten, ohne Rollkragenpullover, lang und dünn das ganze Gestell, lang
und dünn vor allem die Arme.
    »Laßt mich mal ran!«
    Sie schob ihre Hand durch den
Fensterspalt, den Arm hinterher, faßte den Knopf und zog ihn hoch. Wir standen
in sprachlosem Staunen. Dann aber brach ein Sturm der Zuneigung über Henriette
herein. Sie wurde von Arm zu Arm weitergegeben und trotz heftigen Widerstandes
geherzt und geküßt, gestreichelt und mit guten Worten bedacht. Endlich gelang
es ihr, sich loszureißen und die Kette der Familienmitglieder zu sprengen.
    »Habt euch nicht so!« schrie sie. »Das
ist ja abstoßend!« Dann brach sie in Weinen aus.
    Auch Andreas und Mathias zogen
schniefend die Nasen hoch und ließen ihre Tränen tröpfeln. Da standen sie
nebeneinander, verlassen, vergessen, die unglücklichen Verlierer in diesem
Spiel.
    Michael war in sein Auto gekrochen und
öffnete von innen sämtliche Türen. Dann kam er wieder heraus und klopfte den
beiden glücklosen Anglern auf die Schultern.
    »Rasselbande, elendigliche! Einfach
abzuhauen mit dem kleinen Wubbel! Hier!« Er zog seufzend sein Portemonnaie aus
der Tasche und legte zwei glänzende Fünfmarkstücke in die dargebotenen Hände.
    »Oh, Onkel Michael, so viel!« Ihr
Kummer war fürs erste vergessen, sie strahlten wieder.
    »Und du, mein Kind«, Michael legte den
Arm um Henriettes Schulter, »du bekommst eine Kassette von mir, eine schöne mit
deutschen Volksliedern. Die kannst du dann von morgens bis abends laufen
lassen!«
    »Pah!« Henriettes Tränen versiegten
augenblicklich. Sie schüttelte des Onkels Arm ab und war wieder die alte.
    »Bleiben wir über Nacht hier?« fauchte
Stefan aus dem Autofenster und ließ den Motor an. Beate und Florian drückten
sich eilig auf ihre Plätze, und auch wir anderen zwängten uns in die Autos
hinein. Michael sah von weiteren Kontrollgängen ab, hupte kurz und schwenkte
vorsichtig in die Straße ein. Es hatte aufgehört zu schneien. Die Straße war
glatt, aber wir rutschten unbekümmert die

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