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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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»Einmal sagt ihr so und einmal so, wie es euch grad in den
Kram paßt. Ich lass’ mich mit ihm ein, da ist er ein Lustmolch! Ich lass’ ihn
sausen, da ist er der reinste Engel! Wißt ihr überhaupt, wie er euch genannt
hat? Wildgewordene Brüllaffen!!«
    Diese beiden Worte posaunte sie so
lautstark in den Saal hinaus, daß alle Gäste aufhorchten und sich besorgt
fragten, wer da wohl gemeint sein möge.
    »Man sollte es nicht so verbissen
sehen«, bemerkte Michael. »Diese wildgewordenen Brüllaffen waren ein
Ausrutscher, aber, meine Lieben, auch wir lassen uns ab und zu hinreißen, Worte
zu sprechen, deren wir uns schämen müssen. — Nachdem Fränzchen nun endlich zur
Vernunft gekommen und sich von ihm getrennt hat, möchte ich das Wort Lustmolch
in diesem Zusammenhang nicht mehr hören. Verstanden, Andreas? Verstanden,
Wubbel?«
    Andreas traute seinen Ohren nicht. Wie?
Hatte der Onkel ihn gemeint? Ihn, der dieses überaus dumme Wort nie in den Mund
genommen, im Gegensatz zu einigen der Tanten und Onkels, die da saßen mit
unschuldigen Gesichtern. Die zweite Kränkung an diesem Abend! Andreas biß die
Zähne zusammen und legte die Gabel nieder. Der Appetit war ihm vergangen, zu
schwer lag der zwiefache Ärger in seinem Magen.
    Dieser Mathias! Einfach vor dem Yogi zu
sagen, daß er, Andreas, Angst hätte. Solch gemeine Lüge! Noch nie hatte er
Angst gehabt, und schon gar nicht im Dunkeln. Sein Zimmer war oben im Speicher.
Ganz alleine schlief er da. Und wenn er nachts mal raus mußte, dann machte er
nicht mal das Licht an. Mathias, ja, der hatte Angst, und wie! Wenn Vati und
Mutti abends weggingen, dann mußte er, Andreas, unten schlafen und den kleinen
Bruder beschützen. Nun stand er vor dem Yogi da wie der letzte Angsthase. Gut,
er hatte dem Mathias vorhin im Zimmer seine Meinung gesagt, aber sein Zorn war
keinesfalls abgekühlt, im Gegenteil, neu war er aufgeflammt, als dieser Bursche
auch noch mit dem Porsche fahren durfte. Ihn, Andreas, hatte man natürlich
nicht gefragt, obgleich er auch gerne in einem Porsche gesessen hätte und sich
den Motor angesehen. Aber so war es immer. Und dann noch Onkel Michael und wie
er ihn behandelte! War er ein Kind?
    Bei diesem bitteren Gedanken angelangt
und düster gen Boden blickend, entdeckte Andreas den kleinen Wubbel, der auf
allen vieren um die Stühle kroch und offenbar den Ausgang gewinnen wollte.
Andreas ließ sich vom Stuhl auf den Boden gleiten und fing den Wubbel in seinen
Armen auf.
    »Wo willsch na?«
    »Nicht ins Bett!« antwortete der Wubbel
wahrheitsgemäß.
    »Pfui Teufel, was isch denn des an
deiner Hand?«
    »Tomatesoß!« sagte der Wubbel kläglich.
    »Komm waschen!«
    Andreas packte den Kleinen am
Schlafittich, denn diese Soßenhand war ihm doch zu eklig, und kroch mit ihm der
Tür zu.
    »Wollt ihr beide auch mal mitfahren?«
    Zwei lange blaue Hosenbeine ragten vor
Andreas und Wubbel in die Höhe und versperrten ihnen den Fluchtweg. Erst
verharrten sie schweigend mit gesenktem Kopf, betrachteten die Schuhe des
Harztigers und bedachten die Möglichkeit, daß diese Einladung ihnen gegolten.
Dann hob Andreas den Blick, ließ ihn hinaufgleiten an den blauen Hosen und dem
blauen Pullover bis zum Gesicht des Harztigers, blieb dort hängen, erst
mißtrauisch und prüfend, dann aber dankbar und freudevoll. Während er sich
aufrichtete und den Wubbel mit hochzog nickte sein Kopf heftige Zustimmung.
    »Wir sind gleich wieder da!« sagte der
Harztiger zu der Tischrunde hinüber.
    »Aber der Wubbel...«, rief Gabi.
    »Keine Sorge, ihm passiert nichts!« Der
Harztiger packte Wubbels Händchen, ließ es aber sogleich wieder fahren,
schüttelte sich und betrachtete die eigene Pranke voll Schreck und Grausen.
    »Des isch bloß Tomatesoß«, erklärte
Andreas, »mir wolltet uns grad d’ Händ wasche.«
    Das taten sie nun zu dritt, und deshalb
dauerte es ein Weilchen, bis wir drinnen den Porsche aufheulen hörten und Gabi
um ihren Wubbel zu zittern begann.
    »Brauchsch kei Angscht habe, Tante
Gabi«, beruhigte Mathias sie, »der fährt wie ‘n Rennfahrer. Ehrlich, der
schneidet jede Kurv!«
    Gabi seufzte, und Mathias fiel über
sein Essen her.
    Der Wubbel aber, auf Andreas’ Schoß sitzend
und fest von ihm umklammert, hielt während der Fahrt den Zeitpunkt für
gekommen, endlich Gewißheit zu erlangen über die wahre Beschaffenheit dieses
rätselhaften Menschen. Er fragte also höflich an, ob der Mann ein Räuber sei.
Der Harztiger, erst erstaunt, faßte sich bald

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