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Sieben in einem Auto

Sieben in einem Auto

Titel: Sieben in einem Auto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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ist; über kilometerbreite Geröllhalden, wo du jeden Tritt bis ins Ohrläppchen hinein spürst, und durch eisigkalte Schneefelder, wo du das Frieren lernst, ob du willst oder nicht! Spaziergang!! Ich lache hohn! Mir tut alles weh, was einem weh tun kann! Wenn uns der Oberbergsteiger, der uns diesen „Spaziergang“ aufgeschwatzt hat, nicht am Ende mit dem Auto abgeholt hätte, wäre meine treusorgende Fanny-Mutter zusammengeklappt wie ein Taschenmesser. Sogar mein Vater, dieser sportbegeisterte Typ, war am Ende.
    Aber fairerweise will ich auch das Positive des Gewaltmarsches beleuchten, und das waren die phänomenalen Ausblicke nach allen Seiten. Die Bergwelt ist schon irgendwie erhaben. Man steht auf steiler Höh und schaut bis in die fernsten Täler. Die reinste Vogelperspektive ist das! Du siehst den Inn in Silber funkeln, blickst auf die im Sonnenlicht glitzernde Stadt, deren Name Innsbruck ist, führst das Auge weiter über Almen, schroffe Hänge, Gletscher und bunte Wiesen. Ein großes Erlebnis, zweifellos. Wenn man das allein genießen könnte! In Stille und Abgeschiedenheit! Ohne die liebenswerte Familie, meine ich, deren .Sinnen und Trachten auf anderes gerichtet ist! Und Blumen wachsen da oben, sag ich dir, Blumen, wie du sie dir in deiner kühnsten Phantasie nicht träumen kannst! Unvorstellbar schön, in allen Farben prangend und süßeste Düfte versprühend! Sag mir, Geraldine, hast du schon je in das Herz einer Alpenrose geschaut? Deinen Kopf zwischen die blauesten aller Veilchen gelegt und erlebt, wie die zarten Lippen ihrer Blüten sich dir zum Kusse neigen? Trunkene Seligkeit! Traumhaftes Entzücken! Glück ohne Ende!!! Ich werde sie alle, alle malen, irgendwann, mein Malzeug habe ich ja dabei. Mach’s gut, altes Haus!
    Deine Conny
     
    Frau Heger war selig, daß sie sich mal nicht um die Kinder kümmern mußte, daß sie im Bett liegenbleiben und sich bedienen lassen konnte. Ihr Mann und Jan hatten Tee gekocht, Milch gewärmt und Brote geschmiert und ihr alles ans Bett gebracht. Zu siebt hatten sie dann in den beiden großen Ehebetten gesessen und gefrühstückt. Jan hatte zwar auch noch den Hund dazuholen wollen, aber das war ihm von Conny energisch abgeschlagen worden.
    „Du hast wohl ein Rad ab!“ hatte sie geschrien. „Meinst du, ich laß mir von dem Riesenvieh mit dem Schwanz den Tee umrühren oder mit der Zunge die Butter vom Brot lecken? Kommt gar nicht in Frage! Hund ist Hund, und Mensch ist Mensch. Und Hunde gehören nicht ins Bett, sondern in ihre Hundehütte, das solltest du doch eigentlich schon wissen!“
    „Du gehörst auch in eine Hundehütte!“ hatte Jan geantwortet. „Weil du auch immer so bellst wie ein Hund! Und gemein bist du auch noch!“
    Dann hatte Herr Heger sich noch mal nach der verschwundenen Mettwurst erkundigt, und da war Jan so auffällig still geworden und Christine so eifrig bemüht gewesen, Stefan die Milchflasche zu halten, daß jede weitere Frage überflüssig geworden war.
    „Hm“, hatte Herr Heger gebrummt, „geschmeckt hat sie sowieso nicht, und wenn der Hund es überlebt, wollen wir die Sache auf sich beruhen lassen. Aber die nächste Wurst, die wir kaufen, bleibt für uns, das laßt euch gesagt sein!“ Jan hatte heftig genickt, Christine zugelächelt und seinem Vater einen Kuß auf die unrasierte Wange gedrückt.
    Und nun löste er ein Kreuzworträtsel mit ihm, während sich die andern auf ihre Weise beschäftigten.
    „Mußt du alles vollschreiben, Papa?“ fragte er.
    „Ja“, antwortete Herr Heger.
    „Warum?“
    „Och, nur so. Das ist ein Rätsel, verstehst du? Da soll man zeigen, was man alles weiß.“
    „Weißt du alles?“
    „Nein, ich glaube, nicht. Aber vieles ergibt sich von selbst, wenn man die Felder rundum ausgefüllt hat. Hier zum Beispiel soll man eintragen, was ein Augendeckel ist. Das weiß ich natürlich, das ist ein Lid. Und hier ist gefragt..
    „Ein Lied?“ unterbrach Jan. „Das ist doch kein Augendeckel.“
    Herr Heger lachte.
    „Nicht das Lied, das du meinst, Jan, sondern eins mit nur drei Buchstaben, L und I und D. Das kleine Häutchen, an dem deine Wimpern sitzen, das nennt man Lid. Wenn du die Augen zumachst, liegt es wie ein Deckel auf dem Augapfel.“
    „Auf dem Augapfel?“ wunderte sich Jan. „Hab ich einen Apfel im Auge?“
    „Nein, aber das Runde da im Auge, das so glänzt und bei dir in der Mitte blau, bei mir grau und bei Conny grün ist, das nennt man Augapfel, weil es so rund ist, verstehst du? Wenn

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