Sieben Jahre Sehnsucht
du geschlagen wurdest und nicht ich.« Ihre Mundwinkel bogen sich nach unten. »So verdammt dankbar.«
»Du warst ein K-Kind.« Jessicas Stimme brach vor unterdrückter Tränen. »Es war klug von dir, mich dazwischengehen zu lassen. Alles andere wäre Wahnsinn gewesen.«
»Mag sein, dafür aber mutig.« Hesters Augen waren große grüne Teiche in ihrem bleichen Gesicht. Das Rouge, das sie aufgetragen hatte, um ein gesundes Glühen vorzutäuschen, kontrastierte zu ihrer weißen Haut, ließ sie wie die Karikatur einer herausgeputzten, überschminkten Adligen aus längst vergangener Zeit aussehen. »Diesen Mut brauche ich jetzt, und ich weiß nicht, wie ich ihn finden kann.«
»Ich helfe dir«, versprach Jess und drückte Hester aufmunternd die Hand. »Wir werden gemeinsam den Mut aufbringen. Was Regmont angeht, so macht er sich sicher genauso Sorgen um dich wie ich. Sobald er sieht, dass du wieder zu Kräften kommst, wird eure Beziehung besser werden. Es ist ganz natürlich, wenn eine Frau in der Schwangerschaft launisch und melancholisch ist, nur ist das für Männer schwer zu begreifen. Wir müssen ihn einfach erziehen.«
Lächelnd legte Hester ihrer Schwester die Hand an die Wange. »Es tut mir so leid, dass du keine Kinder gebären kannst, Jess. Du wärst eine wunderbare Mutter. Eine viel bessere Mutter als ich.«
»Unsinn. Du wirst eine hinreißende Mutter sein und ich eine sehr stolze Tante.«
»Dein Verlobter liebt dich sehr.«
»Ja, das glaube ich auch.« Sie lehnte die Wange an Hesters Knie. »Er kann sich nicht überwinden, es auszusprechen, aber ich fühle es, wenn er mich berührt. Höre es in seiner Stimme, wenn er zu mir spricht.«
»Natürlich betet er dich an, und sein Verlangen nach dir ist unübersehbar.« Hester strich mit ihren kühlen Fingern über Jessicas Stirn. »Du wirst von allen Frauen in England beneidet werden. Alistair Caulfield ist reich, gut aussehend und verrückt nach dir. Gib als Sahnehäubchen noch den Herzogtitel hinzu, und es gibt keine Frau, die nicht töten würde, um deine Stelle einzunehmen.«
Lachend hob Jess den Kopf. »Deine Fantasie geht mal wieder mit dir durch. Er wird den Titel niemals erben.«
Hester blinzelte verwirrt. Dann glitt ein Ausdruck von Entsetzen über ihre Miene. »Großer Gott … Du weißt es nicht, richtig?«
21. Kapitel
Alistair schritt in seinen glänzend polierten Schaftstiefeln vor dem Kamin im Salon des Londoner Herrenhauses der Mastersons auf und ab. Seine Schritte wurden von dem dicken orientalischen Läufer verschluckt. Er hatte die Hände so fest im Rücken verschränkt, dass die Knöchel hervortraten. »Pocken.«
»Ja.« Die Stimme seiner Mutter war gepresst vor Kummer.
Louisa, Duchess of Masterson, saß kerzengerade auf einem mit Schnitzereien verzierten Holzstuhl. Ihr Haar war immer noch so rabenschwarz wie das von Alistair und ohne jedes Grau, doch ihr schönes Gesicht verriet sowohl ihr Alter als auch den Schmerz darüber, drei ihrer vier Söhne überlebt zu haben. Über dem Kamin hing überlebensgroß ihr Porträt, bildete unweigerlich den Blickfang des Raums. Ihr jüngeres Selbst lächelte unbeschwert von oben herab, denn noch war sie in seliger Unwissenheit zukünftiger Katastrophen.
Alistair rang um Worte. Alle seine drei Brüder waren tot, und der Schmerz lag wie ein Mahlstein auf seinem Herzen. Eine Last war auch der Titel, den er nun trug, eine Auszeichnung, die er nie erstrebt hatte. »Ich will das nicht«, stieß er heiser hervor. »Sag mir, wie ich mich dem entziehen kann.«
»Es gibt keine Möglichkeit.«
Er sah sie an. Obwohl Masterson zu Hause war, musste seine Mutter diese unmögliche Lage allein bewältigen, weil ihr geliebter Gatte es nicht ertragen konnte, dem Bastard gegenüberzutreten, der nun seinen vornehmen Titel trug.
»Er könnte mich als Bastard denunzieren und verstoßen«, schlug Alistair vor. »Dann wäre der Weg frei, damit ein anderer Verwandter den Titel erbt.«
»Alistair …« Sie hob ihr Taschentuch an den Mund und schluchzte verzweifelt, was ihm das Herz brach.
»Er kann sich nicht einmal überwinden, mit mir zu sprechen. Eine andere Lösung wäre ihm bestimmt genauso lieb wie mir.«
»Gäbe es eine Alternative, mit der er leben könnte, ja. Doch er will sich nicht als gehörnter Ehemann dem Spott preisgeben oder mir Schande bereiten, und der Nächste in der Erbfolge ist ein entfernter Cousin mit zweifelhaftem Ruf.«
»Ich will das nicht«, wiederholte er, zutiefst aufgewühlt. Er
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