Sieben Jahre Sehnsucht
wollte mit Jessica ein Leben führen, das von Reisen und Abenteuern geprägt war. Er wollte ihr Freude und Herausforderungen bieten, ebenso wie die Freiheit, die Zwänge ihrer Jugend durch ein selbstbestimmtes Leben zu überwinden.
»Du wirst nun einer von Englands wohlhabendsten Männern sein –«.
»Bei Gott, ich werde nicht einen Shilling von Mastersons kostbarem Vermögen antasten«, knurrte er, vor Zorn kochend. »Du hast keine Ahnung, was ich alles getan habe, um zu Geld zu kommen. Er gewährte mir keine Hilfe, als ich sie am dringendsten brauchte. Ich will verdammt sein, wenn ich jetzt etwas von ihm annehme!«
Louisa stand auf, die Hände um ihr Taschentuch verkrampft. Tränen rannen über ihre eingefallenen Wangen. »Was soll ich denn tun? Ich kann deine Geburt nicht bedauern. Selbst wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, ich würde niemals auf dich verzichten. Ich wollte dich haben, also musste ich das Risiko eingehen, und Masterson hat sich mir zuliebe darauf eingelassen. Zusammen mit mir. Wir haben die Entscheidung gemeinsam getroffen, und wir werden uns daran halten.«
»Dennoch stehst du jetzt allein vor mir.«
Sie reckte ihr Kinn. »Das war meine Entscheidung. Und ich werde die Konsequenzen dafür tragen.«
Er verließ seinen Platz am Kamin und ging durch den riesigen Salon hindurch zu seiner Mutter. Die Decke über ihnen war dreißig Fuß hoch, die nächste Wand zwanzig Fuß entfernt. Jeder Masterson-Wohnsitz verfügte über ähnlich gigantische Räumlichkeiten, voll mit antikem Mobiliar und über Jahrhunderte angesammelten Kunstschätzen.
Die Wände kamen auf Alistair zu, schlossen sich wie ein Schraubstock um seine Brust.
Er hatte nie einen Bezug zu all diesen Reichtümern gehabt, hatte nie ein Gefühl von Familienstolz oder Besitzerstolz empfunden. Den Titel zu führen wäre so, als trüge er eine Maske. Er hatte einst eine Rolle übernommen, um zu überleben, doch nun war er zufrieden damit, wer er war. Zufrieden damit, der Mann zu sein, den Jessica bedingungslos liebte.
»Es war deine Entscheidung«, sagte er leise, sich wie der Hochstapler fühlend, der zu sein man ihn zwang, »aber ich muss den Preis dafür zahlen.«
Im Gästezimmer von Regmonts Haus lag Jess die ganze Nacht wach. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander, und ihr Herz schmerzte.
Alistair war jetzt Marquess of Baybury. Irgendwann in naher Zukunft würde er Duke of Masterson werden. Diese Titel waren mit enormer Macht und hohem Prestige verbunden, aber auch mit großer Verantwortung.
Er durfte keine unfruchtbare Frau ehelichen.
Auf der Acheron und später auch auf der Insel hatten sie immer bis mittags geschlafen. Doch heute, an ihrem zweiten Tag in London, hatte Alistair seinen Besuch zu einer unchristlichen Zeit um acht Uhr morgens angekündigt. Jessica erwartete ihn bereits in dem Wissen, dass er so schnell kam, wie es die Schicklichkeit erlaubte. Und dass sie nun stark genug für sie beide sein müsste.
Um Fassung bemüht ging sie die Treppe hinunter und fühlte sich wie auf dem Weg zum Schafott. Als sie um die Biegung der Treppe ging, die zum Vorraum führte, entdeckte sie Alistair, die Hand auf dem Geländerpfosten, den Fuß auf der untersten Stufe. Er nahm den Hut ab und machte eine knappe Verbeugung. Seine Miene spiegelte die düstere Verzweiflung wider, die Jessica empfand.
Er breitete die Arme aus, und sie flog förmlich hinein, raste die restlichen Stufen hinunter und warf sich ihm entgegen. Er fing sie auf, drückte sie fest an sich.
»Es tut mir ja so leid«, flüsterte sie, während sie nervös seinen angespannten Nacken knetete.
»Mir auch, das kannst du mir glauben.« Sein Ton war flach und kalt, nicht jedoch seine Umarmung. Er drückte die Stirn an ihre und hielt Jessica fest, als wollte er sie nie wieder loslassen.
Schließlich entließ er sie aus der Umarmung und folgte ihr in den Salon. Sie blieben stehen, die Gesichter einander zugewandt. Er wirkte erschöpft und älter, als er an Jahren war.
Laut stöhnend strich er sich durch das Haar. »Sieht aus, als säßen wir in der Falle.«
Sie nickte und taumelte auf den nächsten Stuhl zu. Ihr Herzschlag war zu schnell und zu unregelmäßig, verursachte ihr Schwindel. Wir, sagte er, wie sie es nicht anders von ihm erwartet hatte. Sie sank in einen mit gelbem Damast bespannten Schaukelstuhl und holte tief Luft. »Du wirst viel zu tun haben.«
»Ja, verdammt will ich sein. Es hat bereits begonnen. Sobald Masterson von meiner Rückkehr erfuhr,
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