Sieben Jahre Sehnsucht
beherbergte einen Sportbereich für Boxtraining. Links lagen die Bar und die Küche, rechts Lucien Remingtons Arbeitszimmer.
Michael schritt über den schwarzweißen Marmorboden an den Spieltischen vorbei zum dahinter liegenden Hauptraum. Der Geruch nach Leder und würzigem Tabak wirkte sich beruhigend auf seine Nerven aus, die seit seinem gestrigen Besuch bei Hester äußerst gereizt waren.
Sein fragiler Seelenfrieden wurde jedoch erneut erschüttert, als er den Earl of Regmont erspähte.
Regmont saß in einem der sechs um einen niederen Tisch gruppierten Ohrensessel und lachte gerade über irgendeine Bemerkung von Lord Westfield. Mit in der Runde befanden sich Lord Trenton, Lord Hammond und Lord Spencer Faulkner. Da Michael mit allen außer Regmont sehr gut bekannt war, hatte er keine Bedenken, den letzten freien Platz zu belegen.
»Guten Abend, Tarley«, schnarrte Regmont, während er einen Diener herbeiwinkte. »Auf der Flucht vor all den Debütantinnen, die nach Ihrem neuen Titel gieren, was?«
»Inzwischen weiß ich fürwahr ein Lied davon zu singen, welchen Tribut die Saison von einem unverheirateten Adligen fordert.« Michael bestellte einen Kognak, und Regmont tat es ihm gleich. Die anderen Männer hatten noch halbvolle Gläser.
»Hört, hört«, pflichtete Lord Westfield bei und hob sein Glas.
»Besser, Sie werden umlagert als ich«, bemerkte Lord Spencer. Als zweiter Sohn genoss er ein angenehmeres Leben, da man ihm weniger nachstellte; die anderen Männer in der Runde waren verheiratet.
Michael fragte sich, warum Regmont sich mit Freunden vergnügte, obwohl er doch zu Hause sein sollte, um Hester wieder froh zu stimmen. Es fiel Michael schwer, seine Zunge im Zaum zu halten, weil er mit eigenen Augen gesehen hatte, wie bekümmert die junge Frau wirkte. Wäre Hester die Seine, würde er alles tun, um sie glücklich zu machen.
Der Diener kehrte mit zwei Gläsern Kognak zurück. Als Regmont einen tiefen Schluck trank, fiel Michaels Blick auf seine Hand, die das bauchige Glas umschlang. Die Knöchel waren geschwollen und verfärbt.
»Vor Kurzem eine Auseinandersetzung gehabt, Regmont?«, fragte er, ehe er ebenfalls einen Schluck trank.
Soweit er wusste, war der Earl ein umgänglicher Zeitgenosse, der von allen und jedem gemocht wurde. Die Frauen schwärmten von seinem blendenden Aussehen, seinem bereitwilligen Lächeln und seinem unvergleichlichen Charme, doch Michael fiel es schwer, ihn zu mögen. Der Mann war einfach zu heiter und gesellig, um Tiefgang zu haben. Aber vielleicht passte er deshalb zu Hester, die früher die fröhlichste und bezauberndste Frau von allen gewesen war. Bezaubernd war sie nach wie vor und würde es für Michael auch immer bleiben.
»Einen Boxkampf«, antwortete Regmont. »Ein exzellenter Sport.«
»Ganz meine Meinung. Mir macht Boxen auch Spaß. Trainieren Sie auch hier im Remington?«
»Ja, oft. Sollte es Sie irgendwann nach einem kleinen Kräftemessen gelüsten –«
»Gern«, warf Michael sofort ein, begeistert über die Aussicht, für Hester in den Ring zu steigen, selbst wenn er der Einzige war, der um diese Motivation wusste. Regmonts Knöchel ließen vermuten, dass er gern ohne Bandagen boxte, was Michael in diesem Fall nur lieb war. »Nennen Sie mir Tag und Uhrzeit, und ich werde da sein.«
»Ich werde mir das Wettbuch bringen lassen«, rief Lord Spencer, um Aufmerksamkeit heischend.
Regmont grinste. »Sie brennen auf einen Kampf, Tarley, richtig? Ich kenne das. Wenn Sie wollen, stehe ich Ihnen sofort zur Verfügung.«
Michael musterte den Earl. Regmont war kleiner als er, aber schlank und sehnig, was gut zur derzeitigen Mode passte, die eng geschnittene Breeches mit Gehrock favorisierte. Michael hatte den Vorteil, größer zu sein und mehr Reichweite zu haben. Sich in den butterweichen Sessel zurücklehnend, sagte Michael: »Wir werden mehr Spaß haben, wenn wir beide ausgeruht und nüchtern sind.«
Das Wettbuch wurde an den Tisch gebracht, was ringsum einiges Aufsehen erregte.
In Regmonts Miene trat ein ungewöhnlich ernster Ausdruck. »Exzellentes Argument. Dann heute in einer Woche? Drei Uhr?«
»Perfekt.« Ein erwartungsvolles Lächeln spielte um Michaels Mundwinkel. Er griff nach dem Wettbuch und setzte in Alistairs Namen auf seinen Sieg.
Dies war genau die Art von Wette, die seinem Freund gefallen würde.
8. Kapitel
Jessica erwachte am nächsten Morgen mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Das harte, unablässige Pochen in ihrem Kopf und der
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