Sieben Jahre und eine Nacht
Raumluft roch angenehm nach Zimt und Vanille.
Für die Fußböden war ausschließlich Hartholz verwendet worden. An einer Seite der Halle führte eine Treppe mit elfenbeinfarbenem Geländer nach oben. Links befand sich das behagliche Wohnzimmer, rechts das Esszimmer, beide mit Fenstern zur Straße.
Renee versuchte sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. „Hast du im zweiten Stock weitergemacht?“, fragte sie.
„Wozu?“
Im zweiten Stock waren drei Kinderzimmer und ein gemeinsames Spielzimmer geplant gewesen …
„Du darfst nicht einfach aufhören, Flynn. Bella verdient es, dass alle Räume hergerichtet werden.“
„Jetzt, wo du wieder da bist, schaffen wir es vielleicht.“
Hatte er wir gesagt? Etwas in Renee sträubte sich gegen dieses Wort.
Vor zehn Jahren hatte Flynn das Haus in schlechtem Zustand gekauft und zunächst das Erdgeschoss in Angriff genommen. Im Farbenladen waren sich er und Renee begegnet. Sie hatte einen speziellen geruchlosen Anstrich gesucht, der in Los Angeles nicht aufzutreiben gewesen war.
Flynn hatte sie nach ihrer Meinung zu einem Fassadenton gefragt – und der Rest war, wie es so schön heißt, Geschichte.
Die erste Zeit ihrer Beziehung hatten sie das Erdgeschoss, den ersten Stock und einen Teil des zweiten hergerichtet. Nach einem halben Jahr Ehe war Flynns Vater gestorben, und Flynn hatte den Job gewechselt. Von da an hatten ihn die Renovierungsarbeiten immer weniger interessiert – und auch seiner Frau gegenüber hatte er zunehmend gleichgültig gewirkt.
Eine Zeit lang hatte sie allein weitergearbeitet, aber ohne ihn hatte es ihr keinen Spaß mehr gemacht.
Als er es dann noch abgelehnt hatte, ein Kind zu haben, war der Grund für die Instandsetzung des zweiten Stocks weggefallen.
Flynn ging voraus nach oben. „Du kannst wählen: Willst du im Gästezimmer schlafen oder im großen Schlafzimmer?“
Im großen Schlafzimmer? Mit dem Badezimmer, in dem die Wanne stand, deren Füße wie Löwentatzen aussahen?
Damit sie die ganze Nacht daran denken musste, wie oft sie einander hier geliebt hatten? Besser nicht … Andererseits hatten sie alle Zimmer eingeweiht, indem sie darin miteinander geschlafen hatten. Sie würde mit vielen derartigen Erinnerungen fertig werden müssen.
„Ich nehme das Gästezimmer.“ Darin hatten sie sich während der Renovierungsarbeiten geliebt, und später hatte Renee Farbkleckse von allen möglichen und unmöglichen Körperstellen entfernen müssen. Doch das lag lange zurück.
„Sicher?“, fragte Flynn und runzelte die Stirn. „Du weißt, dass das Zimmer nach vorne hinaus, also zur Straße, liegt.“
„Klar. Aber einer von uns muss darin schlafen, und so viel Verkehr ist hier weiß Gott nicht. Ich habe mir immer gedacht, wie herrlich es für Gäste sein müsste, morgens auf dem Balkon Kaffee zu trinken. Du musst zugeben, dass die Aussicht atemberaubend ist.“
Flynn trug die Taschen ins Gästezimmer und stellte sie auf das Metallbett. „Du findest dich ja zurecht …“, sagte er.
„Danke“, antwortete Renee und fühlte sich plötzlich in der Rolle eines Gastes. Dabei hatte sie diesen Raum mit ausgestattet – von der Bettdecke mit Eheringmuster bis zum Teppich unter ihren Füßen.
„Wenn du ausgepackt hast, essen wir bei Gianelli’s zu Abend.“
Das gemütliche italienische Lokal … „Flynn, du brauchst gar nicht erst so zu tun, als wäre alles beim Alten. Ist es nämlich nicht!“
„Aber unsere Bekannten gehen sicher davon aus, dass wir unsere Versöhnung in unserem Lieblingsrestaurant feiern.“
Damit hatte er zweifellos recht. Um nach außen glaubwürdig zu wirken, musste sie sich der Vergangenheit stellen.
„Unsere angebliche Versöhnung“, korrigierte sie.
Er nickte.
„Gib mir eine halbe Stunde Zeit“, bat Renee und hoffte, die Kraft zu finden, dem Unumgänglichen ins Auge zu sehen.
Bisher, fand Flynn, lief alles nach Plan: Renee war wieder zu Hause. Und sicher würde es nicht mehr lange dauern, bis sie wieder mit ihm schlief.
Als sie – auf demselben Weg wie immer – zu Gianelli’s gingen, nahm er sie bei der Hand.
Aber Renee wich zur Seite und geriet dadurch auf dem Gehsteig ins Stolpern. Instinktiv zog Flynn sie an sich, damit sie nicht stürzte.
Fragend sah sie ihn mit ihren dunkelblauen Augen an. „Was soll das?“
„Es sieht einfach besser aus, wenn ich deine Hand halte.“ Und es fühlte sich sehr gut an …
Widerstrebend nahm sie seine Hand.
Wie gut sie roch! Offenbar bevorzugte sie noch
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