Sieben Jahre und eine Nacht
angehender Architekt hatte er aufgrund seiner Begabung Angebote großer Firma bekommen.
Flynn runzelte die Stirn. „Ich werde zu Adams gehen, damit ein offizieller Architekt meinen Plan abzeichnet.“
„Mach das.“ Vielleicht würde er sich bei dieser Gelegenheit erinnern, wie viel ihm die Arbeit dort bedeutet hatte.
Als er die Tür nach außen öffnete, drang kühle Luft herein. „Also, bis gleich“, verabschiedete sich Flynn und schloss die Tür hinter sich.
Die plötzliche Stille erinnerte Renee an die langen einsamen Tage und Nächte, die sie in diesem Haus verbracht hatte. Und wie immer, wenn sie darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss: Ihre Ehe würde noch bestehen, wenn Flynn nicht seine Tätigkeit als Architekt an den Nagel gehängt hätte.
Doch leider hatte er nach dem Tod des Vaters die Stelle als zweiter Geschäftsführer bei MC übernommen. Da er Betriebswirtschaft als Nebenfach studiert hatte und die Abläufe in der Firma gewissermaßen von klein auf kannte, war er der Einzige gewesen, der für diese Position infrage kam.
Energisch schüttelte Renee den Kopf. Noch einmal würde sie sich nicht einsam fühlen. Das würde sie nicht zulassen. Schließlich führte sie ein Geschäft und hatte eigene Interessen. Somit hing ihr Glück nicht länger von Flynn ab.
Sie trank den letzten Schluck Kaffee, rollte den Plan zusammen und ging nach oben.
Früher hätte sie jetzt Frühstück gemacht, damit es fertig war, bis Flynn zurückkam. Es hatte ihr Spaß gemacht, ihn zu bekochen und zu verwöhnen. Einen Augenblick fühlte sie sich versucht, den Kühlschrank zu öffnen … Nein, die alten Zeiten waren endgültig vorbei!
Stattdessen goss sie sich von Neuem Kaffee ein und setzte sich mit Papier und Bleistift an den Tisch. Natürlich bedeutete es viel Arbeit, eine Zweigstelle zu eröffnen, aber inzwischen kannte sie sich ja mit allem aus. Sie erstellte eine Liste für Anschaffungen, eine für Aufgaben, die erledigt werden mussten, und eine allgemeine Übersicht. Auf dieser Basis sollte der Bauunternehmer sein Angebot abgeben, damit Renee wusste, wie viel Geld sie brauchte.
Das Klingeln der Türglocke riss sie aus ihrer Konzentration. Hatte Flynn seinen Schlüssel vergessen? Bewahrte er nicht mehr einen Ersatzschlüssel für Notfälle hinter der schmiedeeisernen Hausnummer auf? Sie sah auf die Uhr.
Flynn war erst seit vierzig Minuten unterwegs. Normalerweise kam er nie vor einer Stunde zurück.
Sie stand auf und ging barfuß zur Haustür. Obwohl die Glaseinsätze das Bild verzerrten, sah sie, dass es nicht Flynn sein konnte. Die Person war kleiner …
Als sie öffnete, stand ihre Schwiegermutter vor ihr. Renee spürte heftige Abneigung in sich aufsteigen. Über Carol Maddox wusste sie kaum etwas Positives zu sagen. „Hallo Carol.“
Das Gesicht der blonden und schlanken, fast mageren Frau wirkte eigenartig starr. Offenbar hatte sie sich mit dem Nervengift Botox die Falten glätten lassen. Die Missbilligung war ihr dennoch deutlich ins Gesicht geschrieben. „Also stimmt es tatsächlich, dass du wieder da bist.“
„Ja“, bestätigte Renee und konnte sich dabei ein Gefühl der inneren Befriedigung nicht verkneifen. Flynns Mutter hatte sie so oft mit voller Absicht gedemütigt.
Verächtlich sah Carol Renee an: ihr noch unfrisiertes Haar, das ungeschminkte Gesicht, die Jeans und das einfache Poloshirt, die nackten Füße mit den unlackierten Nägeln … „Ich würde auch gerne eine Tasse Kaffee trinken, aber nur, wenn er nicht wie Spülwasser schmeckt.“
Renee wurde wütend, beschloss aber, sich nicht auf Carols Niveau herabzubegeben. „Komm doch herein, aber ich muss dich enttäuschen: Kopi Luwak haben wir nicht“, sagte sie und spielte damit auf den teuersten Kaffee der Welt an.
Statt sie wie früher ins Wohnzimmer zu führen, ging Renee mit ihrer Schwiegermutter in die Küche, wo sie wortlos einen großen Becher Kaffee eingoss. Dann stellte sie noch Zucker und Milch im Tetrapack dazu – fertig. Feines Porzellan war gestern.
Aus leidvoller Erfahrung wusste Renee, dass sie Carol ohnehin nichts recht machen konnte, egal wie sehr sie sich anstrengte.
Nachdem sie umständlich ihren Kaffee zubereitet und probiert hatte, stellte Carol die Tasse ab. „Wieso bist du eigentlich in Flynns Leben zurückgekommen? Wo sich endlich eine Frau um ihn kümmert, die zu ihm passt?“
Obwohl ihr Eifersucht eigentlich nicht mehr zustand, erschrak Renee.
„Du verschwendest nur deine und seine Zeit“,
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