Sieben Jahre und eine Nacht
Eingewöhnung zu erleichtern, hatte Grandma ihr zu Ehren eine Party organisiert, zu der sie Kinder und Jugendliche aus der Nachbarschaft eingeladen hatte. Alle zusammen hatten sie ihr neues Zimmer gestrichen. Auf diese Art hatte sie ein neues Zuhause bekommen und gleichzeitig Freunde gefunden.
Darum war es für sie auch etwas ganz Besonderes gewesen, mit Flynn die Räume dieses Hauses zu streichen. Wände zu streichen bedeutete immer, dass sie heimisch werden würde.
Aber nicht in diesem Fall, ermahnte sie sich.
Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete die gestrichene Fläche.
„Schöne Farbe.“ Renee ließ vor Schreck fast die Rolle fallen, als plötzlich Flynns Stimme ertönte. Nur mit seiner Boxershorts bekleidet stand er hinter ihr.
„Was machst du denn um diese Zeit hier?“
Aus dem Halbdunkel der Treppe trat er in das helle Licht des Raumes, in dem die Küche entstehen sollte. Renee bemerkte, dass sich durch die Kühle seine Brustwarzen zusammengezogen hatten. „Dasselbe könnte ich dich fragen.“
„Ich konnte nicht schlafen“, sagte Renee und zuckte die Schultern. „Warum also nicht die überschüssige Energie nutzen?“
„Gute Idee.“ Flynn ging zu der Ecke mit den Malersachen.
„Was machst du da?“
„Ich suche einen Pinsel.“
Nein und nochmals nein! „Flynn, es ist ein Uhr morgens. Leg dich wieder hin.“
„Nur, wenn du auch wieder ins Bett gehst.“
Aber allein in ihrem Zimmer würde sie ebenso wenig zur Ruhe kommen wie vorher. „Könntest du dir wenigstens etwas anziehen?“, fragte sie. Wie sollte sie sich bei diesem Anblick konzentrieren? Seine leicht gebräunte, fast goldfarbene Haut, der herrliche Körper …
„Ach, da müsste ich erst etwas suchen, was Farbe abbekommen darf.“
„Aber …“
„Wir haben schon mit weniger Kleidern am Leib Zimmer gestrichen. Weißt du noch?“
Das stimmte. Mehr als einmal hatten sie bei verhängten Fenstern ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und so einige ihrer glücklichsten und leidenschaftlichsten Momente erlebt – was regelmäßig zu Farbklecksen auf der Haut geführt hatte.
Er füllte Farbe in einen kleineren Eimer. „Ich helfe dir.“
Wenn er sich schon nicht daran hindern ließ – ständig anschauen musste sie ihn dabei nicht. Sie wandte ihm den Rücken zu, füllte ihre Farbwanne neu und machte scheinbar unbeeindruckt weiter. Doch nach einer Weile stellte Flynn seine Leiter direkt neben sie, sodass Renee ständig seine Oberschenkel und seinen Po sah. Während Flynn sich streckte, um die Decke zu streichen, nahm sie ihn immerzu aus den Augenwinkeln wahr. Immer wieder musste sie direkt hinsehen. Sie spürte genau, wie sehr sie das erregte. Wie hatten sie nur jemals eine Arbeit zum Abschluss gebracht?
Fast eine Stunde lang arbeiteten sie schweigend, nur das Geräusch von Rolle und Pinsel war zu hören. Renee genoss es – wie in alten Zeiten, als es sie schon fröhlich gestimmt hatte, sich mit Flynn im selben Raum aufzuhalten.
„Wie bist du eigentlich auf die Idee mit dem Baby gekommen?“, fragte Flynn, nachdem sie die Abdeckplane ein Stück weiter geschoben hatten.
Überrascht von dieser Frage, antwortete Renee: „CGC hat Erfolg. Da wird es Zeit, an andere Dinge zu denken.“
„Und der eigentliche Grund …?“
„Na ja, auf Dauer finde ich es nicht schön, in einem leeren Haus zu leben. Seit Grandma tot ist …“ Noch immer stimmte dieser Verlust sie traurig. Sie schluckte und wartete, bis sie sich wieder im Griff hatte. „Außerdem habe ich mir schon immer eine Familie gewünscht. Auf den Richtigen zu warten habe ich aufgegeben, und mit dem fast Richtigen will ich mich nicht begnügen.“
Und Flynn würde ein guter Vater sein. „Tamara, meine Mitarbeiterin, hat jeden Tag ihre kleine Tochter mitgebracht. Und seit Angel die Vorschule besucht, fehlt sie mir.“
„Du hast mir auch gefehlt.“
Renee ließ ihre Farbrolle sinken. „Hast du überhaupt bemerkt, dass ich weg war?“
Flynn sah sie mit seinen wunderbar blauen Augen an. „Allerdings.“
„Aber du bist mir nicht gefolgt. Nicht einmal angerufen hast du.“ Erschrocken führte sie die Hand zum Mund. Das hatte sie nicht sagen wollen.
„Auf dem Zettel, den du dagelassen hast, stand: ‚Bitte setz dich nicht mit mir in Verbindung.‘ Ich habe auch meinen Stolz. Und ehrlich gesagt war ich wütend.“
„Warum?“
„Weil ich mir unter ‚in guten wie in schlechten Zeiten‘ etwas anderes vorgestellt hatte. Ich hatte gehofft, du würdest mir
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