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Sieben Phantastische Geschichten

Sieben Phantastische Geschichten

Titel: Sieben Phantastische Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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so hoch – bis zu 30 Prozent des Bruttosozialprodukts (im Gegensatz dazu betrug die Einkommensteuer magere zwei Prozent), daß jede Verzögerung auf den Schnellstraßen eine sofortige Regierungsanfrage zur Folge hatte und sich die wichtigsten Behörden des Staates sogleich mit der Verwaltung des Straßennetzes zu befassen begannen. Dicht bei der Kleeblattkreuzung waren alle Fahrbahnen gesperrt, damit ein Trupp Bauarbeiter auf einer der Verkehrsinseln ein schweres Metallschild errichten konnte. Auf der mit Pfählen abgesteckten Stelle wimmelte es von Ingenieuren und Aufsehern, und Franklin nahm an, daß es sich um das Transparent handelte, das Hathaway am Abend zuvor gesehen hatte. Seine Wohnung befand sich in einem der billigen Gebäude der Siedlung, die sich ganz in der Nähe einer Flugschneise ausbreitete, eine Gegend mit niedrigen Mieten, in der Tankstellenangestellte, Kellnerinnen und Angehörige anderer Wanderberufe wohnten.
    Das Schild war riesig groß, wenigstens dreißig Meter hoch, ausgestattet mit einem starken gewölbten Gitter, wie bei einem Radarschirm. Es stand auf Betonklötzen und ragte über den Auffahrtstraßen in die Höhe, meilenweit sichtbar. Franklin verrenkte sich den Kopf nach dem Grill, sein Blick folgte den Energiekabeln, von den Transformatoren bis hinauf in das komplizierte Netz von Metallrollen, die die ganze Oberfläche bedeckten. Entlang der obersten Verstrebung brannte bereits eine Reihe roter Warnlämpchen für die Flugzeuge, und Franklin schätzte, daß das Schild Teil des Flugsicherheitssystems für den Flugplatz der Stadt war, der sieben Meilen weiter östlich lag.
    Drei Minuten später, als er den Wagen auf dem zwei Meilen langen Verbindungsstück der geraden Autobahnstrecke bis zur nächsten Kleeblattkreuzung beschleunigte, tauchte das zweite große Schild, alles überragend, vor ihm auf.
    Franklin wechselte hinüber auf die 40-Meilen-Spur und beobachtete das große Rechteck des zweiten Transparents im Rückspiegel. Obgleich zwischen den Drahtspulen, die den Grill bedeckten, keine graphischen Zeichen zu erkennen waren, klangen ihm Hathaways Warnungen noch in den Ohren. Ohne zu wissen warum, war er überzeugt, daß die Schilder nicht zum Anflugsystem des Flughafens gehörten. Keins davon lag in einer direkten Linie mit den Anflugwegen. Um die hohen Kosten zu rechtfertigen, die mit ihrer Errichtung mitten auf der Schnellstraße verbunden waren – für das zweite Schild waren Strebepfeiler nötig, die genauestens verwinkelt waren, damit sie auf der schmalen Insel Platz fanden –, mußten sie auf irgendeine Weise mit dem Verkehr auf den Straßen zu tun haben.
    200 Meter weiter befand sich direkt neben der Straße ein Auto-Markt, und Franklin fiel plötzlich ein, daß er keine Zigaretten mehr hatte. Er lenkte den Wagen über die Eingangsrampe und reihte sich in die Schlange ein, die zum Selbstbedienungsschalter führte. Der Markt war überfüllt, in fünf Reihen standen die Wagen nebeneinander, hinter deren Lenkrädern erschöpfte Männer saßen.
    Er steckte seine Münzen (Papiergeld war nicht mehr in Umlauf, da es sich für die Automaten nicht eignete) in den Schlitz und nahm eine Stange Zigaretten aus der Ausgabe. Es war die einzige Zigarettensorte, die es gab – tatsächlich gab es von allem immer nur eine Sorte –, die einzige Alternative boten große Sparpackungen. Während er weiterfuhr, machte er das Handschuhfach auf. Darin lagen, noch immer in der verschlossenen Verpackung, drei Stangen Zigaretten.
    Als er heimkam, war das Haus von einem penetranten fischartigen Geruch durchdrungen, der aus dem Küchenherd kam. Franklin nahm ihn ohne Begeisterung zur Kenntnis, während er Hut und Mantel ablegte. Seine Frau hockte vor dem Fernsehgerät im Wohnzimmer. Ein Ansager diktierte eine Reihe Zahlen, und Judith kritzelte sie auf einen Block und stieß zwischendurch Verwünschungen aus. »So ein Mist!« schimpfte sie. »Der hat so schnell gesprochen, daß ich mir nur ein paar aufschreiben konnte.«
    »Vielleicht Absicht«, bemerkte Franklin. »Ein neues Spiel?«
    Judith gab ihm einen Kuß auf die Wange und schob unauffällig den Aschenbecher weg, der von Zigarettenstummeln und Schokoladenpapier überquoll. »Hallo, Liebling! Tut mir leid, aber ich hab dir noch keinen Drink gemacht. Das ist eine neue Reihe mit Spots, die gerade begonnen hat. Sie geben dir eine Auswahl derjenigen Dinge, auf die man in bestimmten Läden 90 Prozent Discount kriegt, wenn man sie an der richtigen Stelle

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