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Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Titel: Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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grollende Stimme. Sie gehörte einem breitschultrigen Kerl, der in zerschlissener Kleidung steckte. An seiner Schwerthand sah sie, dass er erbärmlich fror; sein Handrücken war von einer Gänsehaut überzogen.
    Zwei weitere Männer hatten ihre Klingen auf Goten gerichtet, der ebenfalls wach war und besorgt zu Dea herüberblickte. Als er sich vergewissert hatte, dass sie ruhig sitzen blieb und sich nicht gegen die Männer zur Wehr setzen würde, schaute er einem der Kerle fest in die Augen.
    »Wisst ihr überhaupt, mit wem ihr es zu tun habt?«, zischte er in einem Tonfall, als würde er bereits ein Todesurteil über den Mann verhängen.
    »Ich weiß, wer du bist, Hexenjäger«, sagte der Mann, der Dea bedrohte. Er schien der Anführer der Wegelagerer zu sein. »Aber wenn du frierst wie wir, wenn du Hunger hast wie wir und wenn du nichts zu verlieren hast wie wir, haben Namen keine Bedeutung. Du könntest ein König oder Kaiser sein, und wir würden dir trotzdem die Gurgel durchschneiden.«
    Deas Gedanken überschlugen sich. Ihre Aussichten waren erbärmlich. Drei Bewaffnete gegen Goten, der wehrlos am Boden saß. Und sie selbst würde ihm keine große Hilfe sein, im Gegenteil: Bei einem Kampf würden die Räuber sie wahrscheinlich als Geisel nehmen. Sie war nicht verrückt genug, zu glauben, dass sie es tatsächlich mit einem von ihnen aufnehmen konnte.
    Als wollte das Schicksal alles noch schlimmer machen, trat nun ein vierter Wegelagerer um die Ecke des Karrens. Er hatte bis jetzt wohl das Pferd untersucht, fraglos, um den Münzwert des Tieres auf dem nächstgelegenen Markt abzuschätzen.
    »Ihr werdet alle sterben«, sagte Goten sehr ruhig.
    »Oh, gewiss, Herr«, erwiderte der Anführer. An seinem Bart hingen winzige Eiszapfen. »Und zwar schon bald, wenn wir euch nicht all eurer Güter entledigen und uns und unseren Familien dafür etwas zu essen besorgen. Glaubst du wirklich, deine Drohungen könnten uns Angst machen?«
    »Warum wollt ihr uns töten?«, fragte Dea.
    »Sieh an, die Kleine kann sprechen«, höhnte der Mann am Karren. »Dachte schon, sie hätte vor Angst ihre Zunge verschluckt. Na, Kleine, wirst bald sterben. Was sagste dazu?«
    Der Anführer löste seine Klinge einen kurzen Augenblick lang von Deas Kehle, machte einen Schritt nach hinten und schlug dem Mann am Wagen die geballte Faust auf den Mund. Mit einem Keuchen flog der Getroffene zurück und landete im Schnee.
    »Sie ist nur ein Kind«, schrie der Anführer ihn wutentbrannt an. »Schlimm genug, dass wir ihr die Kehle durchschneiden müssen. Aber es gibt keinen Grund, sie zu verhöhnen, du Hundsfott!«
    »Ah«, kam es von Goten abschätzig, »ein Räuber mit Anstand. Wie nobel.«
    Der Anführer war einen Moment lang unschlüssig, dann richtete er seine Waffe erneut auf Dea. Allerdings schnitt die Spitze jetzt nicht mehr in ihre Haut.
    »Töten wir sie endlich«, sagte der Mann, der sich mit blutender Lippe aus dem Schnee hochrappelte. »Was soll das ganze Gerede?«
    Der Anführer wurde abermals zornig, aber diesmal ging er nicht mehr auf den anderen los. Das, was er nun würde tun müssen, missfiel ihm sichtlich, aber er wusste auch, dass er keine andere Wahl hatte. Niemand beraubte einen der gefürchtetsten Hexenjäger des Landes und ließ es dann darauf ankommen, ihm später einmal mit vertauschten Rollen gegenüberzustehen. Nein, aus der Sicht des Wegelagerers war der Tod seiner Opfer der einzige Weg.
    »Gut«, sagte der Anführer, »bringen wir’s hinter uns.«
    Dea und Goten wechselten einen letzten Blick, und immer noch suchte sie in den Augen ihres Vaters nach einem Ausweg, irgendeiner Hoffnung auf Rettung. Aber Schatten lagen über seinem Gesicht, und sie erkannte dort nichts als kalte, finstere Entschlossenheit.
    Die Wegelagerer hoben ihre Klingen.
    Vorne am Karren schnaubte das Pferd.

Ein Rascheln ertönte.
    Der Anführer ließ sein Schwert in der Luft verharren. Etwas schwirrte durch die Luft auf den Mann zu. Dea hielt es im ersten Moment für schwarze Vögel, die wie Armbrustbolzen auf ihn zuzuckten. Doch als der Mann getroffen zusammensank, erkannte Dea, dass es Pfeile waren, mit schwarzen Federn an den stumpfen Enden.
    Dea ließ ihre Blicke durch die Dunkelheit wirbeln. Vor Erleichterung war ihr ganz schwindelig, aber zugleich hielt die Furcht sie immer noch umklammert wie eine von Gotens eisernen Schraubzwingen.
    Drei weitere Pfeile – Vögel? – rasten aus der Finsternis heran und schlugen in die Körper der drei übrig

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