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Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends

Titel: Sieben Siegel 00 - Jenseits des Jahrtausends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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in dem dunklen Gewand umgab. Zum ersten Mal wurde Dea klar, dass die düstere Aura ihres Vaters auf sie selbst abfärbte; auch ihr begegneten die Menschen mittlerweile mit Zögern und sichtlicher Unruhe.
    Vom Tisch der Köhler drangen vereinzelte Sätze herüber.
    »Sie schlachten alles ab, was ihnen vor die Klingen läuft.«
    »Keiner kann es mit ihnen aufnehmen.«
    »Sie haben Hörner auf den Köpfen, und Haare wachsen ihnen sogar aus den Augen und den Mündern.«
    »Ich hab mit eigenen Ohren gehört, wie sie den Teufel um Hilfe anriefen.«
    »Sie bringen Menschenopfer dar, am liebsten junge Mädchen.«
    »Und wisst ihr auch, dass sie sich in Dämonen verwandeln? … Ja, das ist die Wahrheit – sie verwandeln sich in reißende Bestien, wenn ihr Blut in Wallung gerät!«
    Spätestens jetzt wurde Dea hellhörig. Das schien mehr zu sein als das übliche Gerede bei Bier und Wein. Zu ihrem Erstaunen blieb ihr Vater jedoch gelassen und schaute nicht von seiner Mahlzeit auf.
    »Hast du das gehört?«, flüsterte sie ihm zu.
    »Hm?«
    »Ob du gehört hast, was die Leute sich erzählen?«
    Er nickte. »Mhm.«
    »Und?«
    »Was ,und’?«
    »Willst du dich nicht darum kümmern, großer Hexenjäger?«
    Er funkelte sie giftig an. »Ich esse gerade.«
    »Das seh ich.« Dea dachte nicht daran, einfach aufzugeben. »Aber, ich meine, diese Leute reden von Dämonen! Von Menschenopfern! Von Teufelsanbetern! Macht dir das gar nichts aus?«
    »Nicht im Moment.« Er schob sich ein weiteres Stück Fleisch zwischen die Lippen und kaute lustlos.
    »Was ist los mit dir?«
    »Ich hab Hunger, und ich versuche, etwas dagegen zu unternehmen.«
    Seine Gleichgültigkeit machte sie fassungslos. Was war nur los mit ihm? So kannte sie ihn gar nicht.
    Wütend schob sie ihren Schemel zurück und stand auf. »Wenn du dich nicht darum kümmerst«, sagte sie wild entschlossen, »dann tu ich es eben.«
    Goten seufzte und verdrehte die Augen. »Die reden doch nur Unsinn. Ich kenne so was, glaub mir.«
    »Ach ja? Und was, wenn sie Recht haben?«
    »Dann haben wir trotzdem keine Zeit, uns damit abzugeben.«
    »Aber das ist deine verdammte Pflicht!« Sie hatte so laut gesprochen, dass der Wirt ihnen einen verwunderten Blick zuwarf.
    »Dea, bitte! Wir haben anderes vor. Etwas … Größeres!«
    »So? Und was ist das? Seit Tagen bitte ich dich, mir mehr darüber zu erzählen. Aber du sagst nichts. Nicht das Geringste! Ich bin nicht dein Pferd, verflucht, ich bin deine Tochter! Ich denke manchmal über dich nach, über dein Benehmen. Und das, was mir dabei durch den Kopf geht, gefällt mir überhaupt nicht.«
    Es war, als hörte er zum ersten Mal an diesem Abend wirklich, was sie sagte. »Wie meinst du das?«
    »Ach, vergiss es!« Wutentbrannt fuhr sie herum, rückte ihr Wams zurecht und ging mit festen Schritten durch die Schankstube zum Tisch der Köhler.
    Die Männer saßen in einer Wolke aus Schweißgeruch und dem üblen Gestank ihrer Stiefel, die sie unter dem Tisch ausgezogen und zum Trocknen abgestellt hatten. Doch nicht einmal das vermochte Dea in diesem Augenblick abzuschrecken. Sie hatte das Gefühl, dass es an der Zeit war, Goten etwas zu beweisen. Dass sie erwachsen geworden war, in der Zeit mit ihm. Dass sie groß genug war, um es selbst mit Hexen und Dämonen aufzunehmen. Und hatten die Ereignisse in der Stadt nicht gezeigt, dass sie über ein besonderes Talent verfügte? Sie hatte die Maske des Dämons durchschaut. Das sollte ihr erst mal einer nachmachen.
    »Seid gegrüßt«, sagte sie laut, als sie sich zwischen zwei der Köhler drängte und von hinten einen Hocker heranzog.
    Die sechs Männer verstummten schlagartig. Sie schauten einander an und fragten sich wohl, was dieses kleine hübsche Ding hier zu suchen hatte.
    »Können wir dir helfen?«, fragte einer der Männer, der jünger war als die anderen und einen argwöhnischen Blick über Deas Schulter hinweg auf Goten warf.
    »Ich habe gehört, über was ihr redet, und ich war neugierig«, erwiderte sie und tat dabei betont einfältig. Es war nur zu ihrem Vorteil, wenn die Männer sie unterschätzten.
    Die Köhler flüsterten und grinsten einander an. Deas Befürchtung, sie könnten wütend darüber sein, dass sie gelauscht hatte, erwies sich als grundlos.
    »Bist auf der Reise durch die Wälder, was?«, fragte einer.
    Dea nickte. »Ganz schön unheimlich da draußen.«
    Der jüngste der Männer nickte stolz. »Wir leben in den Wäldern. Jeder für sich, ganz allein. Ich sag dir, es ist

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