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Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters

Titel: Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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eine Portion Spagetti, die zu lange im Regen gestanden hatte. Und so ähnlich roch es auch. Der Ventilator blies den Geruch durch das Fenster nach draußen.
    »Damit wolltest du die Fliegenden Fische ködern?«, fragte Kyra zweifelnd. »Mit dem Gestank von Würmern?« Bisher hatte sie gar nicht gewusst, dass Würmer überhaupt nach irgendetwas rochen. Ein einzelner Regenwurm duftete immer nur nach frischer Erde.
    »Den Versuch war’s immerhin wert«, meinte Chris und wirkte ein wenig enttäuscht, dass sie nicht vor Entsetzen durchs Zimmer hüpfte.
    »Na ja, dann viel Glück«, sagte Kyra.
    »Wo gehst du hin?«
    »Freunde besuchen.«
    »Darf ich mitkommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Nils, Lisa und sie selbst waren eine eingeschworene Gemeinschaft. Dieser Chris schien zwar ganz in Ordnung zu sein, ihn aber deshalb gleich den anderen vorzustellen, schien ihr ein wenig übertrieben.
    »Ein andermal«, antwortete sie und lief die Treppen hinunter.
    Chris folgte ihr bis zur Haustür. »Ich kenne hier noch niemanden. Du bist die Erste.«
    Kyra lächelte. »Hätte schlimmer kommen können, oder?«
    »Du bist ganz schön eingebildet.«
    »Und du ganz schön verrückt. Fliegende Fische angeln …« Damit drehte sie sich um und lief zum südlichen Stadttor. Nach ein paar Schritten drehte sie sich noch mal um und rief über die Schulter: »Bis bald!«
    Chris winkte ihr zu, dann verschwand er im Haus.
    Während Kyra das Dorf verließ und die Pappelallee hinauf zum Kerkerhof lief, überlegte sie, warum sie Chris nicht einfach die Wahrheit gesagt hatte. Hexen waren im Dorf. Hexen mit Fliegenden Fischen. Ja, sie hätte ihn warnen müssen, sich nicht mit diesen Miststücken anzulegen.
    Aber aus irgendeinem Grund hatte sie gezögert.
    Chris war ein Junge, das war’s. Klar, Nils war auch einer, aber ihn kannte sie schon, seit sie zusammen im Kindergarten gewesen waren.
    Chris war anders.
    Und irgendwie brachte sie das ganz schön ins Schwitzen.
      
      
      
    Angriff!
    Bald darauf liefen die drei Freunde zur Kirche.
    Nils hatte vorgeschlagen, einfach am Pfarrhaus zu klingeln und so zu tun, als würden sie mit dem Pastor sprechen wollen. Dabei würden sie schon sehen, ob Kyras Verdacht richtig war und die neue Haushälterin tatsächlich zu den Hexen gehörte.
    Kyra fand jedoch, dies sei nicht nötig – außerdem war es viel zu gefährlich. Einer Hexe des Arkanums von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten, war gewiss das Dümmste, das sie in ihrer Lage tun konnten.
    »Was, wenn sie uns auf der Stelle in Kröten verwandelt?«, fragte sie. »Oder in Würmer?« (Der Eimer in Chris’ Haus ging ihr nicht aus dem Kopf, und, wenn sie ganz ehrlich war, Chris selbst ebenso wenig.)
    Lisa schüttelte sich. »Würmer find ich eklig.«
    »Ein Grund mehr, nicht selbst einer zu werden«, bemerkte Kyra trocken.
    Auch Nils sah das ein.
    So pirschten sie erneut an der Rückseite des Kirchhügels empor und näherten sich Sankt Abakus von hinten. Der Himmel war wolkenverhangen, schwarze Krähen kreisten um die Zinnen des Glockenturms. Keine Spur von Fliegenden Fischen.
    »Vielleicht werden sie bei Tageslicht zu Staub«, überlegte Lisa laut. »Genau wie Vampire.«
    »Chris hat gesagt, er hätte die Fische heute Morgen im Dorf gesehen«, widersprach Kyra. »Da war es schon hell.«
    Nils musterte sie mürrisch. »Was, wenn er gelogen hat? Wir kennen ihn doch gar nicht. Vielleicht ist seine Mutter eine von denen …«
    Kyra schüttelte den Kopf. »Chris’ Mutter eine Hexe? Nein, ich glaube nicht, dass Hexen Kinder kriegen können.«
    Das war freilich nur eine Vermutung, und irgendwie glaubte sie selbst nicht recht daran.
    Die drei blieben unter einem der Spitzbogenfenster stehen und horchten. Diesmal hörten sie kein Summen. Im Inneren der Kirche herrschte absolute Stille.
    »Gut«, stellte Kyra entschlossen fest. »Wir gehen rein.«
    Schleichend näherten sie sich dem Eingang, drängten sich dabei ganz eng an der kalten Mauer entlang. Nils ging als Letzter. Er hatte die Aufgabe, darauf zu achten, dass sich ihnen niemand von hinten näherte. Kyra hatte die Führung übernommen, während Lisa in der Mitte lief und argwöhnisch nach Angreifern von oben Ausschau hielt.
    Unbehelligt erreichten sie die Tür. Die hohen Doppelflügel waren aus Eichenholz, das sich im Laufe der Jahrhunderte schwarz gefärbt hatte. Um den Eingang zu öffnen, musste man einen schweren Eisenring drehen.
    Kyra schaute sich noch einmal um. Der Friedhof war nach wie vor

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