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Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters

Titel: Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Freunde nahe genug herangekommen, um sie im Halblicht der Kirche auszumachen.
    Der Verschluss war weit geöffnet.
    Über ihnen ertönte erneut das leise Flattern.
    Kyra wagte nicht, sich zu bewegen. Ihre Glieder waren wie versteinert. Den beiden Geschwistern erging es nicht besser. Ihr erster Gedanke war, sich herumzuwerfen und zum Ausgang zu laufen. Doch damit hätten sie den Fisch im Inneren der Tasche erst recht auf sich aufmerksam gemacht.
    Vorausgesetzt, er war überhaupt noch in der Tasche.
    Unendlich langsam wandte Kyra den Blick zum dunklen Dachstuhl. Schwärze hing zwischen den Balken wie Spinnweben. Dort oben mochte sich alles Mögliche verstecken. Fliegende Fische. Hexen. Ein wieder erweckter Inquisitor.
    »Was nun?«, flüsterte Lisa beinah lautlos.
    Nils zuckte die Achseln; vielleicht war es auch nur sein Zittern. Er brachte kein Wort heraus.
    Kyra erinnerte sich angstvoll an das Quietschen des Eisenrings. »Wenn wir die Tür noch mal auf- und zumachen, bemerkt uns das Mistvieh auf jeden Fall.« Und in Gedanken fügte sie hinzu, was ohnehin alle wussten: Wir können hier nicht raus!
    Nils schluckte kräftig. Ganz langsam bewegte er sich auf eine Bank zu, die gleich neben ihm stand. Lautlos kletterte er darauf und versuchte, von dieser erhöhten Position aus in die offene Tasche zu blicken.
    »Kannst du was sehen?«, raunte Kyra ihm zu.
    »Nichts. Zu weit weg. Und zu dunkel.« Nils gesellte sich wieder zu den Mädchen.
    Lisas Augen waren weit vor Aufregung. »Wenn der Fisch noch da drin steckt, könnten wir versuchen, die Tasche zuzumachen.«
    »Du meinst, einer von uns soll sich an den Altar schleichen?« Nils schüttelte fassungslos den Kopf. »Das ist Selbstmord!«
    Kyra atmete tief durch. »Ich versuch’s.«
    »Hör auf mit dem Unsinn«, fuhr Nils sie an, eine Spur zu laut. »Du hast gesagt, diese Fische haben verdammt spitze Zähne.«
    »Jede Menge davon.«
    »Dann sollten wir versuchen, von hier abzuhauen.«
    Kyra blickte ihn zornig an. »Und was ist mit meiner Tante?«
    »Wir wissen doch nicht mal, ob sie wirklich unten in der Gruft ist.«
    Kyra dachte noch einen Augenblick nach, dann straffte sie ihren Oberkörper. »Ihr bleibt hier stehen. Mucksmäuschenstill, verstanden?«
    »Du bist verrückt«, schimpfte Nils, sah aber ein, dass Kyra nicht zur Vernunft kommen würde. Und im Grunde hatte, sie natürlich Recht: Was sie vorhatte, war wahrscheinlich ihre einzige Chance, doch noch einen Blick in die Krypta zu werfen.
    Kyra blies ihre Kerze aus und packte sie wie einen Knüppel. Es war eine ziemlich jämmerliche Waffe – aber leider die beste, die sie hatte. Mit bebenden Knien machte sie sich auf den Weg.
    Ihre Bewegungen waren so langsam, als ginge sie über den Grund eines Sees. Die Luft schien um sie herum zu etwas Festem zu erstarren, das ihrem Körper erbitterten Widerstand leistete.
    Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen. Langsam. Hob die Kerze. Sehr langsam. Näherte sich dem Altar. Sehr, sehr langsam.
    Noch fünf Meter.
    Noch vier.
    Abermals flatterte es in den Schatten unter dem Dach.
    Drei Meter.
    Kyra streckte wie in Zeitlupe ihre linke Hand aus. Dabei fiel ihr ein, dass sie beide Hände brauchen würde, um die Handtasche zuzuschlagen. Also schob sie die Kerze unter ihren Gürtel. Machte sich bereit, beidhändig den Verschluss der Tasche zu packen.
    Noch zwei Meter.
    Ein Windstoß zischte durch eine Ritze im Gebälk herein und raschelte unter dem Dach. Es klang, als flüstere jemand. Ein fremdartiges Wispern.
    Der letzte Meter. Kyra musste zwei Stufen hinaufsteigen, und selbst dann reichte ihr der Altar noch immer bis zur Brust. Auch jetzt konnte sie noch nicht ins Innere der Tasche blicken. Dämmerlicht brach sich auf dem glatten Krokodilleder, ließ das Schuppenmuster glitzern wie hundert Augenpaare, die Kyra verschlagen anstarrten.
    Sie atmete durch, breitete die Arme ein Stück weit aus – und stieß dabei mit dem Ellbogen gegen die lange Kerze in ihrem Gürtel. Die Kerze löste sich, fiel herunter. Würde gleich auf den Boden poltern …
    Kyra bückte sich blitzartig. Ihre vorschnellende Hand fing die Kerze zwei Zentimeter über den Steinfliesen auf.
    Nils und Lisa seufzten vor Erleichterung, und Kyra schenkte ihnen ein nervöses Lächeln.
    Sie stellte sich wieder auf, schob die Kerze tief in ihren Hosenbund. Näherte sich mit beiden Händen der Tasche, breitete erneut die Arme aus.
    Bewegte sich da etwas im Inneren der Tasche? Nein, nur eine Täuschung.
    Kyra schlug

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