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Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters

Titel: Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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tust du denn da?«
    »Ich bin beim Angeln. Das sieht man doch, oder?«
    »Und, hast du schon was gefangen?«
    »Noch nicht«, rief er zurück. »Heute beißen sie nicht so gut an.«
    »Was wolltest du denn eigentlich fangen?«
    Der Junge grinste breit. »Fische. Fliegende Fische.«
    Kyra wurde heiß und kalt zugleich. Hatte er wirklich ›Fliegende Fische‹ gesagt?
    »Wie kommst du darauf, dass es hier welche geben könnte?«, rief sie nach oben.
    »Weil ich sie gesehen habe.«
    Natürlich! Warum auch sollten Kyra, Nils und Lisa die Einzigen sein, denen die scheußlichen Kreaturen aufgefallen waren? Gut möglich, dass auch andere sie beobachtet hatten.
    Allerdings erklärte das noch nicht, warum der Junge versuchte, einen davon zu fangen. Zumal auf so sonderbare Art und Weise.
    »Ich kenn dich nicht«, sagte Kyra argwöhnisch. »Bist du neu hier?«
    »Wir sind erst vor zwei Tagen eingezogen. Wie heißt du?«
    »Kyra. Und du?«
    »Chrysostomus Guldenmund.«
    »Wie bitte?«
    Der Junge lachte. »Chris.«
    »Aber das hast du nicht gesagt.«
    »Nein, ich hab Chrysostomus Guldenmund gesagt. Aber meine Freunde dürfen mich Chris nennen.«
    »Wer behauptet, dass ich deine Freundin bin?«
    »Keiner. Aber ich glaub, ich find dich nett.« Er zögerte einen Moment, dann fügte er hinzu:
    »Magst du hochkommen? Ich hab unten im Haus noch eine zweite Angel.«
    Insgeheim musste Kyra sich eingestehen, dass sie sehr wohl Lust hatte, den merkwürdigen Jungen dort oben auf dem Dach besser kennen zu lernen. Wenigstens gut genug, um entscheiden zu können, ob sie ihn leiden konnte oder nicht. Aber natürlich hatte sie dazu im Augenblick keine Zeit.
    Sie schüttelte trotzig den Kopf und versuchte, dabei sehr erwachsen auszusehen. »Ich suche mir meine Freunde lieber selbst aus.«
    »Dann gib mir ’ne Chance«, entgegnete er. »Warte, ich komm runter.«
    Und damit kletterte er wie ein Eichhörnchen in Windeseile am Dachfirst entlang und verschwand samt seiner Angel in einer Luke.
    Keine zwei Minuten später trat er aus der Haustür auf die Straße. Ohne Angel.
    Er war ein hübscher Kerl, und wäre Kyra nicht so beschäftigt gewesen, sich zu überlegen, was ihr alles nicht gefiel an ihm, hätte sie das vielleicht sogar bemerkt.
    »Was ist das für ’n komischer Name, den deine Eltern dir gegeben haben?«, fragte sie kratzbürstig, damit er gar nicht erst auf die Idee kam, sie freunde sich mit jedermann an.
    »Chrysostomus. Das ist griechisch und heißt ›goldener Mund‹. Und weil ich mit Nachnamen Guldenmund heiße, fanden meine Eltern das passend. Sie haben damals gerade in Athen gelebt, weißt du?«
    »Ist dein Vater Gyros-Koch oder so was?«
    Chris lachte. »Nein, Diplomat. Wir haben schon überall auf der Welt gelebt.«
    Kyra horchte auf und versuchte, nicht zu zeigen, wie fasziniert sie war. »Sprichst du fremde Sprachen?«
    Er nickte. »Englisch, Französisch, Spanisch und ein bisschen Italienisch. Mein Griechisch ist nicht ganz so toll.«
    »Und wie alt bist du?«
    »Zwölf«, sagte er.
    »Hm«, machte Kyra ein wenig unschlüssig. »Und du behauptest also, du hast Fliegende Fische gesehen, ja? Hier in Giebelstein?«
    »Klar. Mindestens zwei.«
    »Wann war das?«
    »Heute Morgen, bei Tagesanbruch. Ich war früh wach, und mein Fenster liegt zur Straße raus. Als ich die Augen aufschlug, flogen sie gerade an der Scheibe vorbei.«
    Kyra fror plötzlich. Mindestens zwei der Hexen waren also heute Morgen in der Stadt gewesen. Hatten sie Tante Kassandra aufgesucht, als Kyra noch schlief?
    »Komm«, sagte Chris und deutete zur Haustür. »Ich zeig dir, wie ich sie fangen will.«
    »Ich hab keine Zeit«, gab sie zurück.
    »Ach, nun komm schon. Es geht ganz schnell.«
    Kyra folgte ihm, teils widerwillig, teils fasziniert. Dieser Chris war ein komischer Kerl. Aber nicht unnett. Nein, wirklich nicht.
    Sie lief mit ihm durchs Haus, ohne seinen Eltern zu begegnen. Die Einrichtung sah ziemlich teuer aus, Antiquitäten aus aller Welt. Man spürte förmlich, dass die Besitzer weit herumgekommen waren.
    Chris führte sie in das Zimmer, vor dessen offenem Fenster er geangelt hatte. Im Fensterbrett stand ein Blecheimer, dahinter surrte auf einem Tisch ein Ventilator.
    »Schau mal in den Eimer«, forderte er sie grinsend auf.
    Kyra riskierte einen Blick. Aber wenn Chris gehofft hatte, sie würde vor Ekel tot umfallen, so hatte er sich getäuscht.
    Der Eimer war voller Würmer. Regenwürmer, Mehlwürmer und Maden. Das Ganze sah ein wenig aus wie

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