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Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters

Titel: Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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menschenleer. Nur eine Krähe hatte sich auf einem nahen Obelisken niedergelassen und musterte sie mit schräg gelegtem Kopf. Die dunklen Augen des Vogels glitzerten.
    Während Kyra sich noch umsah, griff Nils schon nach dem Eisenring. Als er ihn bewegte, ertönte ein lautes Quietschen, das im Inneren der Kirche widerhallte.
    »Mist!«, fluchte Nils, und sofort rannten die drei los. In Panik sprangen sie hinter die nächsten Grabsteine und versteckten sich. Die Krähe flatterte mit einem empörten Kreischen auf und schoss zum Turm empor.
    Unter Schweißausbrüchen und mit pochendem Her z schlag erwarteten die Freunde, dass jemand von innen die Tür aufriss. Mit glühenden Augen ins Freie blickte. Die Zähne fletschte. Magische Bannsprüche murmelte. Sie alle in Schleimmolche verwandelte.
    Aber in der Kirche blieb es ruhig. Vielleicht waren die Hexen gerade unterwegs.
    Oder sie erwarteten die Kinder. Ja, das war, verflucht nochmal, gut möglich.
    »Ich hab ’ne Gänsehaut«, murmelte Nils.
    »Und mir ist todschlecht«, gestand Kyra. »Wir müssen trotzdem rein. Wenn meine Tante wirklich da drinnen ist, muss ich ihr helfen.«
    Lisa tätschelte tröstend Kyras Unterarm. »Wir schaffen das schon«, sagte sie, aber ihre Stimme zitterte.
    »Okay«, flüsterte Kyra, »kommt mit.«
    Erneut schlichen sie zum Tor, und diesmal vermochte das Knirschen des Eisenrings sie nicht in die Flucht zu schlagen. Allen dreien lief es bei dem Geräusch kalt den Rücken hinunter, aber keiner zögerte auch nur einen Augenblick, als der schwarze Türspalt aufklaffte. Geschwind huschten sie hindurch und schlossen das Tor hinter sich. Von außen sollte keiner bemerken, dass jemand das Gemäuer betreten hatte.
    Sankt Abakus war keine große Kirche. Zu beiden Seiten des Mittelgangs standen jeweils fünfzehn Bänke. Die Wände waren nicht verputzt, das grobe Gestein vom Kerzenruß nachgedunkelt. Die Buntglasfenster ließen kaum Licht durch; die wenigen Strahlen, die dennoch hereinschienen, leuchteten in allen Farben des Regenb o gens. Die Luft war sehr kühl, und es roch nach Kerzenwachs, erkaltetem Weihrauch und wurmstichigem Holz.
    Der Dachstuhl des Gemäuers spannte sich hoch über den Köpfen der Kinder als wirres Netz aus Balken und Brettern. Dazwischen herrschte völlige Finsternis. Kyra hatte gehört, dass sich immer wieder Tauben dort oben verkrochen. Tatsächlich vernahm sie jetzt ein leises Flattern, das aber gleich wieder verstummte.
    Der Altar stand auf einer Erhöhung am anderen Ende des Raumes. Auch dort war kein Mensch zu sehen. Die Kirche war verlassen.
    »Kennt einer von euch den Eingang zur Krypta?«, fragte Kyra und meinte damit das alte Gruftgewölbe unter der Kirche.
    Nils deutete in die Schatten zur Rechten des Altars. »Da drüben führt eine Wendeltreppe nach unten«, erwiderte er im Flüsterton.
    »Sollten wir nicht ein paar Kerzen mitnehmen?«, schlug Lisa vor.
    »Gute Idee.« Kyra lief hinüber zu einem Tisch an der Seitenwand, auf dem ein ganzer Stapel Kerzen lag. Besucher durften für ein paar Münzen eine anzünden und in einen Messinghalter stecken. Kyra nahm gleich drei davon.
    »Müssten wir dafür nicht eigentlich Geld hinlegen?«, fragte Lisa zweifelnd.
    »Hast du welches dabei?«, erwiderte Kyra. »Außerdem ist das ein Notfall. Der liebe Gott hat Verständnis für so was.«
    Als wollte der Himmel ihr dafür eine Rüge erteilen, ertönte von oben erneut das Flattern.
    »Blöde Tauben«, knurrte Nils.
    Jeder nahm eine Kerze und entzündete sie mit den Streichhölzern, die gleichfalls auf dem Tisch lagen. Die Flammen zeigten in dem großen Raum kaum eine Wirkung. Es blieb weiterhin finster, überall zuckten Schattengebilde.
    So leise wie möglich pirschten die Kinder den Mittelgang entlang. Vor ihnen ragte der Altar auf wie ein steinernes Grabmal – und genau genommen war es das ja auch: das Grabmal des Hexenjägers Abakus.
    »Oh, verflucht!«, entfuhr es Kyra plötzlich. Sie blieb wie angewurzelt stehen.
    »Was ist?«, konnte Nils gerade noch fragen, dann prallte er schon gegen sie. Nur mit Mühe gelang es den beiden, ihr Gleichgewicht zu halten.
    Lisa erkannte, was Kyra meinte. Ihr Gesicht wurde kreidebleich. »Oh nein …!«
    Nils fluchte. »Könnte mir vielleicht eine von euch sagen, was –«
    »Dort vorn«, zischte Kyra ihm zu. »Auf dem Altar!«
    Jetzt bemerkte er es auch. Ihm wäre lieber gewesen, er hätte es nicht gesehen.
    Auf dem Altar stand eine Handtasche aus Krokodilleder. Erst jetzt waren die

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