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Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters

Titel: Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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und kalte Luft wehten ihnen aus dem Inneren der Kirche entgegen, so, als hätte man im Winter ein Fenster geöffnet. Chris schauderte.
    Gemeinsam traten sie ein. Aus der Dunkelheit am anderen Ende des Raumes, jenseits des Altars, ertönten Geräusche und Stimmen. Sehr gedämpft, als wären sie weit, weit entfernt.
    »Sie sind in der Krypta«, murmelte Kyras Tante.
    Chris brummte etwas Unverständliches. Von der Schlepperei bekam er allmählich Rückenschmerzen.
    Sie gingen den Mittelgang der Kirche entlang, Kyras Tante voran, Chris hinterher. Ihm war alles andere als wohl, und natürlich war er in Anbetracht der Umstände schlecht gelaunt – trotzdem hätte er all das um nichts in der Welt missen wollen. Während all seiner Jahre in vielen Ländern der Welt hatte er schon einiges erlebt, aber so etwas wie hier … nein, so etwas noch nicht. In Giebelstein schien mehr los zu sein, als er erwartet hatte. Eine Menge mehr.
    Sie hatten kaum die Hälfte des Weges zum Altar z u rückgelegt, als in der Finsternis plötzlich Kindergeschrei laut wurde. Trappelnde Schritte ertönten.
    Kassandra blieb stehen. »Kyra?«, fragte sie besorgt.
    Die drei Kinder kamen die Wendeltreppe heraufg e sprungen. Chris hatte noch nie jemanden so schnell rennen sehen wie Kyra und ihre Freunde. Alle drei waren von oben bis unten mit irgendetwas Silbernem bekleckert. Plötzlich roch es in der ganzen Kirche nach schlecht gewordenem Tunfisch.
    Kyras Augen wurden groß, als sie ihre Tante erkannte – und noch viel größer, als sie Chris entdeckte.
    »Weg hier!«, brüllte sie und rannte auf die beiden zu. Ihre Freunde folgten ihr.
    Die Dunkelheit hinter dem Altar, dort wo die Treppe in die Tiefe führte, schien zu fester Form zu gerinnen. Eine schwarze Gestalt wuchs in den Schatten empor, gefolgt von drei weiteren.
    Abakus trat ins Regenbogenzwielicht der Buntglasfen s ter.
     
    Kyra hatte nicht die geringste Ahnung, was ihre Tante und dieser Chris miteinander zu schaffen hatten – doch dies war schwerlich der beste Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen.
    Sie und die beiden Geschwister rannten den Mittelgang hinunter, auf Tante Kassandra und den Jungen zu. Dahinter – scheinbar unendlich weit entfernt – klaffte das helle Rechteck der offenen Kirchentür. Wenn sie es bis dorthin schafften, hinaus ins Tageslicht, ja, vielleicht waren sie dann in Sicherheit vor den Kreaturen der Nacht.
    Aber natürlich schafften sie es nicht.
    Plötzlich keuchte Tante Kassandra auf. Ihr rotes Haar flatterte, dann traf sie ein heftiger Windstoß und warf sie nach hinten, mehrere Meter weit.
    Abakus’ Lachen ließ die Kirche erbeben.
    Kyra drehte sich zu ihm um und sah, dass er die rechte Hand ausgestreckt hatte und damit auf Tante Kassandra deutete. Er war es, der den Wind verursachte, einen magischen Höllensturm, so eng gebündelt wie der Wasserstrahl aus einem Gartenschlauch.
    Tante Kassandra wurde immer weiter nach hinten getrieben. Sie wedelte mit beiden Armen, aber der Wind war zu stark, um sich dagegen zu wehren. Niemand sonst wurde davon berührt, nur sie allein.
    »Das Buch …«, rief sie mühsam, ehe der Sturm die Worte von ihren Lippen blies.
    Abakus lachte noch lauter. Seine Augen blitzten siegessicher.
    Tante Kassandra wurde von dem Wind durch das offene Tor getrieben. Dann schlug der Türflügel mit einem ohrenbetäubenden Krachen zu. Sie war ausgesperrt. Die Kinder waren jetzt allein mit Abakus und seinen Hexen.
    Die drei Frauen kochten vor Wut über den Verlust ihrer Fische. Vorgebeugt, mit zu Klauen gekrümmten Fingern, wollten sie sich auf die Kinder stürzen, doch Abakus hielt sie zurück. Die Hexen gaben zischende Laute von sich wie Giftschlangen, fügten sich aber dem Befehl ihres Meisters.
    Lautes Pochen ertönte. Tante Kassandra hämmerte von außen gegen das Tor. Vergeblich.
    Kyra, Nils und Lisa erreichten Chris, der immer noch starr vor Schreck das Buch umklammerte. Gemeinsam wichen die vier in Richtung des Ausgangs zurück.
    Kyras Gedanken überschlugen sich. Das Buch. Was hatte Tante Kassandra damit gemeint? Es gab darin keine Zaubersprüche, nichts, das ihnen helfen würde. Nur Namen. Tausende von Namen.
    Eine der Hexen wurde ungeduldig und machte einen Satz an Abakus vorbei auf die Kinder zu. Sie hatte jetzt mehr Ähnlichkeit mit einer hungrigen Raubkatze als mit einem Menschen.
    Die vier Freunde schrien auf, als sie die rachsüchtige Frau auf sich zueilen sahen. Chris, der auf all das nicht vorbereitet war, ließ vor

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