Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween
die übrigen Jungen und Mädchen der Schule.
Kyras Finger strichen über die Oberfläche des Blattes. Sie hatte dabei eine Gänsehaut.
Dann sah sie wieder Mara an. »Du hast noch mehr getan, als diese Pflanzen einfach nur in die Schule zu bringen, oder?«
Mara zögerte, dann nickte sie wieder.
»Du hast sie besprochen«, folgerte Kyra.
Und abermals stimmte Mara schweigend zu.
»Besprochen?«, fragte Chris verwirrt. »Du meinst, mit einem Zauberspruch?«
»Mit einer Beschwörung«, sagte Mara.
»Du bist eine Hexe « , entfuhr es Nils.
»Nein«, sagte Kyra, »aber sie wäre gern eine.«
Ein Schatten huschte über Maras Züge. »Was weißt du schon darüber?«
»Genug, um dir zu sagen, dass du einen schweren Fehler gemacht hast.«
Einen Moment lang sah es aus, als wollte Mara erbost widersprechen, doch dann erkannte sie die Entschiedenheit in Kyras Blick. Trotz ihrer unterdrückten Wut konnte ihr nicht entgehen, dass Kyra sehr wohl wusste, wovon sie sprach.
»Würde mir mal bitte irgendwer erklären, was es mit diesem Grünzeug auf sich hat?«, fragte Nils.
» Mandragora officinalis « , flüsterte Mara mit gesenkter Stimme und ohne die Freunde anzusehen. »Das ist der lateinische Name. Schon die keltischen Druiden haben daraus magische Tränke gebraut.«
Kyra nickte beipflichtend. Sie hatte darüber in einem von Tante Kassandras okkulten Büchern gelesen. »Ihre Wurzel hat in etwa die Form eines Menschen. Deshalb glaubte man im Mittelalter, man könne mithilfe von Alraunen Menschen heranzüchten. Es hieß, dass sie oft unter Galgen und an schlimmeren Orten wuchsen.« An Mara gewandt sagte sie: »Mich würde interessieren, wo du sie her hast.«
»Das geht dich gar nix an.«
Chris verdrehte die Augen. »Mann, nun sei doch nicht so zickig!«
Mara runzelte die Stirn, sagte aber nichts.
»Du hast es nur gut gemeint, oder?«, fragte Kyra.
Mara lächelte flüchtig. »Ich beschäftige mich schon lange mit solchen Sachen. Ich habe alles über Hexerei und Weiße Magie gelesen, was ich nur finden konnte.«
»Weiße Magie?«, wiederholte Nils verwirrt.
»Zauberei, die nur Gutes zum Ziel hat«, erklärte Kyra.
»Genau«, sagte Mara. »Ich wollte dafür sorgen, dass das Schulfest ein Erfolg wird. Schließlich war es die erste Halloweenfeier überhaupt in Giebelstein. Ich hab nur verhindern wollen, dass irgendwas schief geht.«
»Und wie bist du dabei ausgerechnet auf die Alraunen gekommen?«, wollte Kyra wissen.
»Als wir anfingen, die Feier zu planen, hab ich die Aufgabe übernommen, die alten Schulchroniken zu wälzen. Ursprünglich wollten wir rausfinden, ob in der Schule irgendwann einmal üble Dinge geschehen sind, die man als Gruselszenen hätte nachstellen können. Ich meine, der Kasten hier ist ein paar hundert Jahre alt! Irgendwas musste in all der Zeit doch passiert sein. Und schließlich bin ich auch fündig geworden.«
»Der Direktor«, murmelte Chris.
Mara nickte. »Früher war das hier ein Kloster. Erst vor knapp hundert Jahren wurde dann eine Schule daraus. Ihr kennt die Geschichte vom ersten Direktor also?«
»Klar«, bestätigte Nils.
»Na ja«, fuhr Mara fort, »ich begann mich mehr und mehr für die Sache zu interessieren, über die Halloweenparty hinaus. Der Direktor war eindeutig wahnsinnig. Er prügelte die Kinder und drohte ihnen mit noch härteren Strafen, falls sie zu Hause etwas erzählten.«
»Und wie lange trieb er das so?« Chris lehnte sich vor.
»Keine Ahnung«, sagte Mara. »Mit der Zeit wurden die Leute misstrauisch, aber man konnte ihm nie etwas nachweisen. Wahrscheinlich hatten die Kinder zu viel Angst vor ihm. Doch dann passierte die Sache mit dem Sohn des Bürgermeisters.«
»Das Kind, das gestorben ist?«, vermutete Nils.
»Genau«, bestätigte Mara. »Als das bekannt wurde, zogen die aufgebrachten Giebelsteiner Väter zur Schule. Niemand weiß genau, was dann passierte. Aber einen Tag später wurde die Leiche des Direktors gefunden – aufgehängt an einem Balken im Keller der Schule.«
Chris schauderte. »Na, das war wohl kein zufälliger Tod!«
»Wohl kaum. Der Bürgermeister und die anderen taten, was sie konnten, um das Ganze unter den Teppich zu kehren, und es ist ihnen auch einigermaßen gelungen. In der alten Schulchronik stand die Geschichte trotzdem – sie wurde nämlich von der Schwester des Direktors aufgeschrieben.« Mara machte eine kurze Pause. »Die Sache hat sie ganz schön mitgenommen. Und trotzdem ist sie in Giebelstein geblieben. Sie wohnte
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