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Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Titel: Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Namen und Kreaturen führten, bis sie schließlich erschöpft abbrach. Sie hatte das Gefühl, Einträge über jedes einzelne Zauberwesen dieser und anderer Welten studiert zu haben. Für weitere Informationen war sie im Augenblick nicht mehr aufnahmefähig, wie ein Computer, dessen Speicherkapazität am Ende war.
    Aber sie hatte wertvolle Informationen gesammelt. Der Name Morgana rührte vermutlich von dem bekannten Begriff Fata Morgana, eher aber noch vom griechischen Fata Moeragetes. In der Mythologie war dies die Anführerin der drei Moerae oder Parzen. Die Parzen, so erzählte man sich einst, waren die drei Töchter von Nacht und Dunkelheit. Sie verkörperten Geburt, Leben und Tod jedes Menschen. Kyra vermutete, dass Fata Moeragetes, oder einfacher Morgana, den Tod verkörperte, war doch sie es, die in Kyras Vision Schwarz getragen hatte und die Welt ins Verderben stürzen wollte.
    Die Parzen erschienen laut den Legenden am Todestag eines Menschen und trugen seine Seele davon, genauso wie es die drei Königinnen mit dem toten Artus getan hatten – ein weiterer Hinweis, dass Morgana tatsächlich schon sehr viel früher in Erscheinung getreten war, bei den alten Griechen und Römern, nicht erst im England des Mittelalters.
    Ein Fingerzeig auf Morgana war auch das uralte Wort Morgans. So hatte man in Wales, einer kargen Gegend im Westen Englands, früher die Meerjungfrauen genannt. Und mit den Geistern der See und des Wassers schien Morgana in der Tat verbunden zu sein.
    Kyra hatte kaum das Buch geschlossen, als sie aus dem Erdgeschoss ein scharfes Knirschen vernahm. Sie atmete tief durch, verließ lautlos das Schlafzimmer ihres Vaters und blickte um die Ecke des Treppenhauses hinab in den Flur. Dort aber konnte sie niemanden entdecken. Dann fiel ihr Blick auf den großen Spiegel, der zwischen Haustür und Garderobe an der Wand hing. Ein langer Riss war darin erschienen, der vom oberen bis zum unteren Rand führte, diagonal über die gesamte Spiegelfläche.
    »Ist da jemand?«, fragte sie ins Dunkel.
    Keine Antwort.
    »Hallo?«
    Noch immer rührte sich nichts. Nur der Riss im Spiegel verriet, dass sie sich das Geräusch nicht eingebildet hatte.
    Langsam, ganz langsam, schlich sie die Treppe hinunter. Das Holz knirschte leise unter ihren Füßen, aber Kyra wusste, dass es jetzt zu spät für eine Umkehr war.
    Sie stieg von der letzten Stufe auf den blanken Kachelboden des Flurs. Der zerbrochene Spiegel befand sich zwei Meter rechts von ihr. Der Flur führte von der Haustür zur Küche, die Treppe mündete etwa in seine Mitte. Falls hier unten jemand war, konnte er sich nur in der Küche verstecken – vorausgesetzt, er war überhaupt noch im Haus und nicht durch die Hintertür der Küche in den Garten entkommen.
    »Ist hier jemand?«, fragte Kyra ein letztes Mal und ergriff einen Regenschirm, der unweit der Treppe in einer Bodenvase steckte. Nicht gerade die wirkungsvollste Waffe, um damit Dämonen und Hexen auf den Leib zu rücken.
    Je näher sie der offenen Küchentür kam, desto mehr konnte sie vom Inneren des düsteren Raumes erkennen. Aus der Entfernung entdeckte sie nichts Ungewöhnliches. Den Esstisch, auf dem noch Tee und die Keksschüssel standen; ein Stück von der Spüle, voll mit schmutzigem Geschirr; an der Wand ein billiger Kalender aus einem der beiden kleinen Lebensmittelgeschäfte auf der anderen Straßenseite.
    Kyra passierte den Spiegel und blieb schlagartig stehen. Etwas darin hatte sich bewegt – etwas, das nicht ihr Spiegelbild war.
    Tatsächlich gab es in dem Rahmen überhaupt keine Reflexion mehr. Stattdessen teilte der Riss die Fläche jetzt in zwei Bilder, die nichts mit diesem Flur, nicht einmal mit diesem Haus zu tun hatten.
    Auf der rechten Seite erkannte Kyra die Landschaft um den Dozmary Pool, jene weiten, vom Wind gewellten Grashügel des Bodmin Moors. Die Oberfläche des Sees hatte sich geglättet. Es war Bewegung in dem Bild – das Gras raschelte, das Wasser kräuselte sich sanft –, ähnlich wie bei einer Fernsehübertragung. Der Himmel war dunkel, nur der Mond beschien die Szenerie. Die Kühe hatten sich an einen der Zäune zurückgezogen und sahen verängstigt aus, ein Indiz dafür, dass der Kampf mit den Nymphen auf die eine oder andere Weise ein Ende gefunden hatte. Weder von ihnen noch von der rot gelockten Frau konnte Kyra irgendeine Spur erkennen. Sollte dies ein Hinweis darauf sein, dass die Wassergeister besiegt waren? Sandte die Frau ihr dieses Bild als Nachricht, dass

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