Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
gelungen. Zum Zeichen des Sieges reckte er euphorisch die Faust gen Himmel.
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Der stellvertretende Generaldirektor hatte unter den Führungskräften seines Reiches eine noch nie da gewesene Verwirrung hervorgerufen, und es würde nicht lange dauern, bis diese sich auch in die unteren Etagen ausgebreitet hätte. Zum Zeichen des Sieges reckte Lukas die Faust zur Erde.
Ed erwartete ihn am Getränkeautomaten. Als er ihn erblickte, breitete er die Arme aus.
»Was für eine großartige Sitzung, finden Sie nicht? Mir wird klar, dass ich mich allzu oft von meinen Leuten absondere! Das muss anders werden, und zu diesem Zweck wollte ich Sie um einen kleinen Gefallen bitten.«
Ed war am Abend mit einer Journalistin verabredet, die für eine lokale Tageszeitung einen Artikel über ihn schreiben sollte. Dieses eine Mal wolle er seine Pflichten gegenüber der Presse den Bedürfnissen seiner treuen Mitarbeiter opfern. Er habe soeben den Entwicklungsleiter, den Marketingleiter und die vier Direktoren des Vertriebs zum Dinner eingeladen. Wegen seines kleinen Streits mit Antonio ziehe er es vor, seinen Geschäftspartner nicht in seine Initiative einzuweihen und ihm einen ruhigen Abend zu gönnen, den er ganz offensichtlich zu brauchen schien. Wenn Lukas ihm dieses Interview abnehmen könne, würde er ihm einen unschätzbaren Dienst erweisen – ganz abgesehen davon, dass Lobreden eines Dritten immer weit überzeugender seien. Ed zähle auf die Kompetenz seines neuen Beraters, den er mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter ermutigte.
Der Tisch sei für einundzwanzig Uhr im Simbad, einem Fischrestaurant an der Fisherman’s Wharf, reserviert. Romantische Atmosphäre, köstliche Krebse, angemessene Preise, der Artikel müsste äußerst positiv ausfallen.
*
Nachdem Mathildes Umlegung erledigt war, kehrte Zofia ins Memorial Hospital zurück – diesmal allerdings in eine andere Station. Sie betrat den Pavillon Nr. 3 und stieg hinauf in den dritten Stock.
Die Kinderstation war wie immer überbelegt. Sobald der kleine Thomas ihre Schritte auf dem Flur erkannt hatte, erhellte ein Lächeln sein Gesicht. Für ihn waren Dienstage und Freitage Tage ohne Grau. Zofia tätschelte seine Wange, setzte sich auf die Bettkante, hauchte einen Kuss auf ihre Handfläche, blies ihn zu ihm herüber (das war ihre übliche Begrüßung) und nahm ihre Lektüre auf der Seite mit dem Eselsohr auf. Niemand außer ihr war befugt, dieses Buch zu berühren; nach jedem Besuch legte sie es in die Schublade seines Nachttisches zurück. Thomas wachte darüber wie über einen Schatz. Selbst er gestattete es sich nicht, in ihrer Abwesenheit auch nur ein Wort darin zu lesen. Dem Knirps mit dem kahlen Schädel war der Wert des magischen Augenblicks mehr bewusst als jedem anderen. Nur Zofia konnte ihm diese phantastische Geschichte vom Kaninchen Theodor richtig vorlesen. Ihre Intonation verwandelte jede Zeile in etwas sehr Kostbares. Manchmal stand sie auf und lief im Zimmer auf und ab. Jeder ihrer großen Schritte, die sie mit ausholenden Gesten und lebhafter Mimik begleitete, rief herzliches Lachen bei dem kleinen Jungen hervor. Während dieser feenhaften Stunden, in denen die Gestalten in seinem Zimmer lebendig wurden, kam das Leben zu seinem Recht. Thomas vergaß, selbst wenn er die Augen öffnete, die Wände, die Angst und den Schmerz.
Sie schlug das Buch zu, legte es an seinen Platz und sah Thomas an, der die Stirn gerunzelt hatte.
»Bedrückt dich etwas?«
»Nein«, erwiderte der Junge.
»Hast du etwas in der Geschichte nicht verstanden?«
»Ja.«
»Was?«, fragte sie und nahm seine Hand.
»Warum erzählst du sie mir?«
Zofia rang nach Worten, um ihre Antwort zu formulieren. Da lächelte Thomas: »Ich weiß es.«
»Dann sag es mir.«
Er errötete, ließ eine Falte des Baumwolllakens durch die Finger gleiten und murmelte:
»Weil du mich lieb hast!«
Und diesmal waren es Zofias Wangen, die sich purpurrot färbten.
»Du hast recht, das war genau das Wort, nachdem ich gesucht habe«, sagte sie mit sanfter Stimme.
»Warum sagen die Erwachsenen nicht immer die Wahrheit?«
»Weil sie ihnen manchmal Angst macht, glaube ich.«
»Aber du bist nicht wie sie, oder?«
»Sagen wir mal so, ich tue mein Bestes, Thomas.«
Sie fasste den Jungen unter dem Kinn, hob seinen Kopf und gab ihm einen Kuss. Er schmiegte sich in ihre Arme und drückte sie fest. Nach diesem zärtlichen Augenblick erhob sich Zofia und ging zur Tür, Thomas aber rief sie
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