Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
noch einmal zurück.
»Werde ich sterben?«
Er musterte sie, und Zofia prüfte lange den ernsten Blick des kleinen Jungen.
»Vielleicht.«
»Nicht, wenn du da bist. Dann also bis Freitag«, sagte er.
»Bis Freitag«, antwortete Zofia und warf ihm zum Abschied eine Kusshand zu.
Sie fuhr nun wieder zu den Docks, um das Löschen eines Frachters zu kontrollieren. Sie trat zu dem ersten Palettenstapel; ein Detail hatte ihre Aufmerksamkeit erregt: Sie kniete nieder, um die Plakette zu prüfen, die eine ordnungsgemäße Kühlung garantierte. Die Kontrollplakette hatte sich schwarz verfärbt. Zofia griff sofort zu ihrem Walkie-Talkie und schaltete auf Kanal 5. Das Büro des Veterinärdienstes antwortete nicht. Der Kühlwagen, der bereits am Ende des Piers bereitstand, würde die verdorbene Ware in Kürze an verschiedene Restaurants der Stadt verteilen. Sie musste so schnell wie möglich eine Lösung finden. Sie versuchte es auf Kanal 3.
»Manca, hier ist Zofia, wo sind Sie?«
»Im Ausguck«, sagte Manca. »Das Wetter ist herrlich, falls Sie es noch nicht bemerkt haben. Ich kann fast bis zur chinesischen Küste sehen!«
»Die Vasco de Gama wird gerade gelöscht. Könnten Sie ganz schnell kommen?«
»Wieso, gibt’s ein Problem?«
»Das würde ich lieber an Ort und Stelle mit Ihnen besprechen«, antwortete sie und legte auf.
Sie erwartete Manca am Fuß des Krans, der die Paletten vom Schiff auf den Pier umlud. Manca erschien wenige Minuten später am Steuer seines Fenwick.
»Also, was kann ich für Sie tun?«, fragte er.
»Dieser Kran hat zehn Paletten mit nicht mehr genießbaren Garnelen abgeladen.«
»Und?«
»Wie Sie selbst feststellen können, ist die Veterinärabteilung nicht anwesend, und ich weiß nicht, wie ich sie erreichen kann.«
»Ich habe zwar zwei Hunde und einen Hamster zu Hause, bin deshalb aber noch lange kein Veterinär. Und überhaupt, wieso glauben sie eigentlich, etwas von Schalentieren zu verstehen?«
Zofia zeigte ihm die verdächtige Plakette.
»Von Garnelen verstehe ich was! Wenn wir uns nicht drum kümmern, möchte ich niemandem empfehlen, heute Abend ins Restaurant zu gehen …«
»Na gut, aber was soll ich jetzt tun, außer zu Hause zu bleiben und ein Steak zu essen?«
»… den Kleinen morgen Schulkantinen-Verbot erteilen!«
Den Satz hatte sie mit Absicht gesagt: Manca ertrug es nicht, dass einem Kind auch nur ein einziges Haar gekrümmt wurde; Kinder waren ihm heilig. Er musterte Zofia einen Augenblick und rieb sich das Kinn.
»Gut, einverstanden!«, sagte Manca und griff nach Zofias Funkgerät.
Er änderte die Frequenz, um mit dem Kranfahrer Kontakt aufzunehmen.
»Hallo, Samy, führ die Last über See!«
»Bist du’s, Manca? Ich habe dreihundert Kilo am Haken. Kann das nicht warten?«
»Nein!«
Der Ausleger schwenkte langsam herum, seine Last schaukelte leicht am Aufzugsseil. Als sie senkrecht über dem Wasser hing, kam der Ausleger zum Stehen.
»Gut!«, sagte Manca ins Mikrophon. »Jetzt übergebe ich dir die Sicherheitsoffizierin, die soeben Mängel an der Vertäuung deiner Ladung festgestellt hat. Sie wird dich auffordern, sofort abzuwerfen, um dich nicht selbst zu gefährden. Und du wirst ihren Befehl auf der Stelle ausführen, weil es ihre Pflicht ist, so zu handeln!«
Mit einem breiten Lächeln reichte er Zofia den Hörer. Zofia zögerte und hüstelte, bevor sie den Befehl erteilte. Zunächst war ein trockenes Geräusch zu hören, dann öffnete sich der Haken. Die Paletten mit den Schalentieren klatschten aufs Wasser. Manca kletterte wieder auf seinen Fenwick. Beim Anfahren vergaß er, dass er noch den Rückwärtsgang eingelegt hatte, und fuhr gegen die schon abgeladenen Paletten. Neben Zofia hielt er noch einmal an.
»Wenn heute Nacht das große Fischsterben ausbricht, ist das Ihr Problem; das geht mich nichts an. Genauso wenig wie die Versicherungspapiere!«
Der Fenwick glitt geräuschlos davon.
Der Nachmittag neigte sich seinem Ende zu. Zofia fuhr quer durch die Stadt. In der Konditorei an der Ecke Richmond, 45th Street, in der Mathildes Lieblingsmakronen hergestellt wurden, erledigte sie verschiedene Einkäufe.
Eine Stunde später stieg sie, mit braunen Papiertüten beladen, die Treppe ihrer Wohnung hinauf. Sie stieß die Tür mit dem Fuß zu, sah vor lauter Tüten nicht viel und steuerte direkt auf die Kochnische zu. Noch außer Atem stellte sie ihre Last auf der Küchentheke ab und hob den Blick: Reine und Mathilde musterten sie mit sonderbar
Weitere Kostenlose Bücher