Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Titel: Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Der Mann war noch immer auf der Intensivstation. Stündlich rief Manca im Krankenhaus an, um sich nach seinem Zustand zu erkundigen: Die Ärzte wollten noch keine endgültige Diagnose abgeben. Sollte der Mann seinen Verletzungen erliegen, würde niemand den Zorn zügeln können, der schon dumpf an den Piers grollte. Der Gewerkschaftsvorsitzende der Westküste hatte sich eigens herbegeben, um an der Versammlung teilzunehmen. Er erhob sich, um sich noch eine Tasse Kaffee einzuschenken. Zofia nutzte die Gelegenheit und verließ diskret den Sitzungssaal. Sie trat aus dem Gebäude und versteckte sich einige Schritte entfernt hinter einem Container. Vor neugierigen Blicken geschützt wählte sie eine Nummer. Die Ansage auf der Mailbox war knapp: »Lukas«, dann erklang sofort der Piepton.
    »Hier ist Zofia. Ich habe heute Abend Zeit, rufen Sie mich an, um mir zu sagen, wo wir uns treffen. Bis später.«
    Als sie auflegte, sah sie ihr Handy an und lächelte, ohne eigentlich zu wissen, warum.
    Am späten Nachmittag hatten die Delegierten einstimmig beschlossen, ihre Entscheidung zu vertagen. Sie brauchten Zeit, um sich ein klareres Bild von der Lage zu verschaffen. Die Untersuchungskommission würde ihr Gutachten über die Ursache des Dramas erst spät in der Nacht veröffentlichen. Und auch im San Francisco Memorial Hospital wartete man auf die morgigen Auswertungen der Tests, bevor man sich zu den Überlebenschancen des Dockers äußern wollte. Deshalb wurde die Sitzung abgebrochen und auf den nächsten Tag verschoben. Sobald die beiden Berichte vorlägen, würde Manca die Gewerkschaftler zu einer Vollversammlung zusammenrufen.
    Zofia brauchte Luft. Sie genehmigte sich ein paar Minuten Pause, um am Pier spazierenzugehen. Wenige Schritte entfernt schaukelte der rostige Bug der Valparaiso an den Leinen, das Schiff war angekettet wie ein unglücklicher Sklave. Der Schatten des großen Frachters spiegelte sich auf der öligen Wasseroberfläche, die sich im Rhythmus der Wellen bewegte. An Deck sah man uniformierte Männer, die alle möglichen Überprüfungen vornahmen. Der Kapitän lehnte an der Brüstung des Ausgucks und beobachtete sie. Die Art, wie er seine Zigarette über Bord warf, ließ befürchten, dass die kommenden Stunden noch trüber werden würden als das Wasser, in dem die Kippe erlosch.
    »Da möchte man nicht reinspringen, was? Außer es wäre der letzte Sprung!«, ertönte plötzlich die Stimme von Julius.
    Zofia wandte sich um und musterte ihn liebevoll. Seine blauen Augen waren müde, sein Bart widerspenstig, seine Kleider verblichen, aber die Ärmlichkeit tat seinem Charme keinen Abbruch. Dieser Mann trug seine Eleganz im Herzen.
    Julius hatte die Hände in den Taschen seiner alten karierten Hose vergraben.
    »Das ist Glencheck, aber ich glaube, der Glanz ist schon lange dahin.«
    »Und Ihr Bein?«
    »Nun, es steht noch immer neben dem anderen, und das ist ja schon mal was.«
    »Haben Sie den Verband erneuern lassen?«
    »Und wie geht es dir?«
    »Ich habe leichte Kopfschmerzen, diese Versammlung will kein Ende nehmen.«
    »Und das Herz schmerzt auch ein wenig?«
    »Nein, warum?«
    »Die Male, die ich dich die letzte Zeit hier gesehen habe, warst du sicher nicht da, um die Sonne zu genießen.«
    »Alles in Ordnung, Julius, ich hatte nur Lust, etwas frische Luft zu schnappen.«
    »Und das frischeste, was du gefunden hast, ist dieses Becken, das nach totem Fisch stinkt. Aber ich denke, du hast recht, es geht dir sicher sehr gut!«
    Die Männer, die das alte Schiff inspiziert hatten, gingen über das Fallreep von Bord. Sie stiegen in zwei schwarze Wagen, deren Türen sich lautlos schlossen, und fuhren langsam zum Hafenausgang.
    »Falls du morgen deinen freien Tag nehmen wolltest, kannst du das vergessen. Ich befürchte, er wird noch arbeitsreicher als gewöhnlich.«
    »Ich auch.«
    »Nun, wo waren wir stehen geblieben?«, fuhr Julius fort.
    »An der Stelle, wo ich mich mit Ihnen streiten wollte, um Sie zum Verbandswechsel zu bringen! Bleiben Sie hier, ich hole den Wagen.«
    Zofia ließ ihm keine Zeit zu protestieren.
    »Schlechte Verliererin«, brummte er in seinen Bart.
    Nachdem sie Julius wieder zurückgebracht hatte, machte sie sich auf den Weg nach Hause. Sie lenkte den Wagen mit einer Hand und suchte mit der anderen nach ihrem Handy. Wahrscheinlich lag es wieder ganz unten in der großen Tasche. An der ersten roten Ampel kippte sie den Inhalt auf dem Beifahrersitz aus und fand es inmitten der

Weitere Kostenlose Bücher