Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
Programm für den nächsten Tag in Angriff.
Es täte Lukas leid, er habe sich verspätet und könne sie nicht abholen. Er hatte für 20.30 Uhr einen Tisch im Restaurant in der letzten Etage der Bank of America in der California Street reserviert. Das 3-Sterne-Restaurant bot einen wundervollen Blick über die Stadt und die Golden-Gate-Bucht. Zofia sollte ihn dort treffen. Sie ging zur Kochnische und sah in den Kühlschrank. Mathilde hörte ihre Freundin mit Grabesstimme fragen:
»Was hättest du denn gerne? Ich habe etwas Zeit und kann dir Abendessen machen.«
»Ein Omelette-Salat-Johghurt«.
Etwas später nahm Zofia ihren Mantel aus dem Schrank, umarmte Mathilde und schloss leise die Wohnungstür.
Sie setzte sich ans Steuer des Ford. Ehe sie den Wagen anließ, klappte sie die Sonnenblende herunter und sah sich einige Sekunden in dem kleinen Spiegel an. Mit zweifelnder Miene schloss sie ihr Fenster und drehte den Zündschlüssel um. Als das Auto am Ende der Straße verschwand, senkte sich bei Reine langsam die Gardine vor die Fensterscheibe.
Zofia ließ ihren Wagen am Eingang zum Parkplatz stehen und dankte dem Parking Valet in roter Livree, der ihr einen Zettel reichte.
»Ich wäre gerne der, mit dem Sie heute zu Abend essen!«, sagte der junge Mann.
»Vielen Dank«, sagte sie errötend.
Die Tür drehte sich, und Zofia betrat die Halle. Nach Büroschluss waren nur die Bar im Erdgeschoss und das Panoramarestaurant für die Öffentlichkeit zugänglich. Sie ging mit entschlossenem Schritt auf den Aufzug zu, doch plötzlich spürte sie ein eigenartiges Gefühl von Trockenheit in ihrem Mund. Zofia hatte zum ersten Mal Durst. Sie sah auf ihre Uhr. Da sie zehn Minuten zu früh war, steuerte sie auf die Theke hinter der großen Scheibe zu. Als sie gerade eintreten wollte, erkannte sie Lukas im Profil, der in angeregtem Gespräch mit dem Immobilienverwalter des Hafens an einem Tisch saß. Sie zog sich verwirrt zurück und ging zum Aufzug.
Wenig später ließ sich Lukas vom Oberkellner an den Tisch führen, an dem Zofia ihn erwartete. Sie erhob sich, er küsste ihr die Hand und bat sie, sich so zu setzen, dass sie die Aussicht genießen könne.
Während des Essens stellte Lukas hunderte von Fragen, auf die Zofia mit tausend anderen antwortete. Ihm schmeckte das Menü, während sie keines der Gerichte anrührte, sondern sich damit begnügte, das Essen auf dem Teller vorsichtig umzuverteilen. Die Unterbrechungen durch den Kellner schienen ewig zu dauern. Als er wieder einmal auftauchte, diesmal mit einer Krümelbürste, die an eine bärtige Sichel erinnerte, erhob sich Lukas, setzte sich neben Zofia und blies einmal kräftig auf das Tischtuch.
»So, jetzt ist es sauber! Sie können gehen, vielen Dank«, sagte er zu dem Kellner.
Sofort wurde das Gespräch fortgesetzt. Lukas’ Arm lag auf der Rückenlehne der Bank, Zofia spürte die Wärme seiner Hand, die ihrem Nacken so nahe war.
Zu Lukas’ Ärger tauchte der Kellner noch einmal auf. Er stellte einen Teller mit einem Schokoladenfondant und zwei Löffeln vor sie hin. Er drehte den Teller herum, um ihn zu präsentieren, richtete sich kerzengerade auf und verkündete stolz den Inhalt.
»Wie gut, dass Sie es erklären«, sagte Lukas, »wir hätten ihn leicht mit einem Karottensoufflé verwechseln können!«
Der Kellner entfernte sich diskret. Lukas beugte sich zu Zofia.
»Sie haben nichts gegessen.«
»Ich esse meist nur sehr wenig«, sagte sie und senkte den Kopf.
»Kosten Sie, um mir eine Freude zu machen. Die Schokolade ist wie ein Stückchen Paradies im Mund.«
»Und die Hölle für die Hüften!«, fuhr sie fort.
Er ließ ihr keine Wahl, nahm ein Stückchen Fondant, führte den Löffel an Zofias Lippen und ließ die warme Schokolade auf ihre Zunge gleiten. In Zofias Brust schlug das Herz heftiger.
»Das ist warm und kalt zugleich, es ist süß«, sagte sie.
Das Tablett, das der Sommelier trug, neigte sich leicht, und das Cognacglas glitt herunter. Es fiel auf den Steinboden und zerbrach in sieben fast identische Teile. Im Restaurant wurde es still, Lukas hustete, und Zofia brach das Schweigen.
Sie hatte Lukas noch zwei Fragen zu stellen, aber er sollte ihr versprechen, ohne Ausflüchte zu antworten, und er versprach es.
»Was hatten Sie mit dem Immobilienverwalter des Hafens zu bereden?«
»Eigenartig, dass Sie mich darauf ansprechen.«
»Wir haben gesagt, ohne Ausflüchte!«
Lukas sah Zofia eindringlich an. Sie hatte die Hand auf den Tisch gelegt,
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