Sieben Tage: Thriller (German Edition)
eingeschüchtert.
»Heute Abend löse ich Sie ab. Sie müssen wissen, dass Alexa versuchen wird, Sie zu manipulieren. Sie wird schimpfen, weinen,betteln, Sie zu überreden versuchen. Ab heute Nachmittag wird sie unter Entzugserscheinungen leiden, Sie anschreien und emotional unter Druck setzen.« Alexas Augen blitzten. »Aber das ist nicht Alexa, sondern der Alkohol. Das muss Ihnen klar sein. Wenn Sie damit nicht fertig werden, sagen Sie es am besten jetzt gleich.«
»Ich werde … mir Mühe geben«, versprach sie furchtsam.
»Rufen Sie mich an, wenn etwas ist. Jederzeit. Hier ist meine Nummer.«
19
Mit verschränkten Armen starrte sie zum Fenster hinaus.
»Ich würde mich freuen, wenn du mich erst noch zu der Fotografin begleiten würdest«, sagte er. »Die, von der die Aufnahmen stammen.«
Stumm blickte sie hinaus. Bennie sah Alexas verkniffene Lippen und wusste, was ihr in diesem Augenblick im Kopf herumging: die Verdrängung, die Illusion, sie könne das Trinken jederzeit sein lassen, die Erniedrigung, die Erinnerung daran, wie durchtrieben einen die Gier nach Alkohol machte. Und nachdem sie zwei Abende hintereinander getrunken hatte, musste die Sucht sie wieder gepackt haben, das Fieber durch ihre Adern rinnen. Andererseits wusste er, dass dieser Zustand hilfreich war. Sie musste ihn bewusst erleben, den ersten der zwölf Schritte gehen und sich eingestehen: Ich bin machtlos gegen den Alkohol, ich habe die Kontrolle über mein Leben verloren. Hinzu kam der fünfte Schritt: Sie musste sich selbst und anderen gegenüber ihre Sucht zugeben.
Sie antwortete nicht. Er ließ den Motor an und fuhr los. Wenn sie bei den Promoters abgesetzt werden wollte, musste sie ihm den Weg erklären. Solange sie schwieg, würde er zu der Fotografin fahren.
In der Sommersetstraat klingelte sein Handy. MBALI , verkündete das Display.
Er meldete sich.
»Er ist ein Teilzeitschütze, Bennie!«, verkündete Mbali einigermaßen aufgeregt. »Die Woche über arbeitet er, er ist ein Wochenend-Krieger!«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe mir die Zeiten angesehen, zu denen er die E-Mails verschickt hat. An den Wochentagen versendet er sie spätabends, am Samstag frühmorgens und am Sonntag mitten amTag. Tatsächlich hat er alle E-Mails entweder samstags, sonntags oder montags geschickt, und die ersten beiden Attentate hat er am Wochenende verübt. Das kann kein Zufall sein. Ich glaube, dass er die Woche über beschäftigt ist. Er ist irgendwo angestellt, arbeitet womöglich mit anderen zusammen, er muss bis zum Feierabend oder bis zu den Wochenenden warten, um seine E-Mails zu schreiben.«
»Stimmt«, sagte Griessel, »das klingt logisch.«
»Weißt du, was das bedeutet, Bennie? Wenn er wirklich heute auf jemanden schießt, dann erst nach Feierabend. Bis dahin müssen wir alle Dienststellen in Alarmbereitschaft versetzen. Ich werde mich sehr unbeliebt machen … und ich könnte mich irren.«
Bennie wusste, was sie meinte. Die Kollegen der Tagschicht würden Überstunden machen müssen. »Rede mit Colonel du Preez. Wenn du recht hast …«
»Dann könnten wir ihn erwischen. Ich bin auf dem Weg zur Waffenkammer. Mit Nyathi spreche ich, wenn ich zurück bin. Viel Glück, Bennie!«
In der Loaderstraat, hoch oben am Hang des Seinheuwels, parkte er vor einem restaurierten kleinen Haus. Ein Schild verkündete in eleganten, zarten Lettern: Anni de Waal. Fotografin. Drei halbmondförmige Pinselstriche stellten ein Kameraobjektiv dar.
Griessel schaltete den Motor ab. Bevor er aussteigen konnte, brach Alexa ihr Schweigen. »Simóne. Erinnerst du dich an Simóne, die Sängerin?«, fragte sie fast unhörbar leise.
»Nein«, antwortete er bedauernd.
»Lange rote Haare, breites Zahnpastalächeln?«
Er schüttelte den Kopf.
»Großer Busen, immer ziemlich tiefer Ausschnitt, hat Mitte der Neunziger viele kommerzielle Nummern gesungen. Sie hatte ein, zwei Hits, dann ist sie einigermaßen in der Versenkung verschwunden.«
»Nein, keine Ahnung.« So viele waren gekommen und gegangen.
»Damals hat sie mir eines Abends vor einem Konzert Fotos vonsich gezeigt, ganz ähnlich wie die von Hanneke Sloet, in demselben sanften Licht und aus schmeichelhaften Blickwinkeln. Sie waren nicht so exhibitionistisch, aber auf eine besondere Art aufgenommen. Für sie selbst. Simóne war eine richtige kleine Diva, sehr narzisstisch, sehr auf ihr Aussehen bedacht, immer in der Nähe eines Spiegels. Ihre Popularität bedeutete ihr viel. Sie wollte so gerne
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