Sieben Tage: Thriller (German Edition)
Möpse!«
Griessel ärgerte sich darüber, dass er den Umschlag mit den Fotos auf dem Rücksitz vergessen hatte. Cupido hatte die Aufschrift »Sloet« gelesen und sofort zugegriffen.
»Wo hast du die her?«, fragte er.
»Aus ihrem Schlafzimmer. Im Nachtschränkchen.«
» Fokkit. Ein verkappter Pornostar! Warum sie wohl so lange keinen Freund hatte, bevor sie ermordet wurde? Tolle Frau, tolle Figur, und sie zeigt sie auch her. Ich sage dir: Tommy Nxesi hat irgendetwas übersehen. Das ist das Problem mit den neuen Leuten: keinen Sinn mehr für die Routinearbeit.«
»Ihre Handy-Anruflisten sind unauffällig. Sie hatte keinen Freund.«
»Handy? Ist doch von gestern. Was sagt ihre Facebook-Seite?«
»Nxesi sagt, er hätte …«
»Hatte sie einen Account bei Googlemail? Oder Twitter?«
»Twitter?«
»Jissis, Bennie, du bist so vorsintflutlich, das ist schon gruselig.« Cupido, der zehn Jahre jünger war als Griessel, zückte sein Smartphone. »Das, mein Freund, ist das HTC Desire HD mit Android. Ein Klick auf das Icon, schon bist du auf TweetDeck.« Er zeigte es Bennie. »Das ist Twitter. Du musst dich ranhalten, Alter, um den Anschluss nicht zu verlieren, jede Sekunde kommt ein neuer Tweet.«
Griessel warf im Fahren nur einen flüchtigen Blick auf das Display des Smartphones. »Ein Twiet?«
»Tweeeet!«, korrigierte Cupido seine Aussprache. »Soziale Netzwerke, Alter. Man teilt sein Leben öffentlich mit anderen.«
»Wozu das denn?«
»So macht man das heute eben. Man stellt ins Internet, was man so macht und wie es einem geht.«
»Aber warum?«
»Aus Spaß, Bennie. Um mitzuteilen: Schaut mal her, das bin ich!«
»Genau das hat Sloet bezweckt. Mit den Fotos.«
»Wie meinst du das?«
»Das war ihre Art, auszudrücken: Schaut mal her, das bin ich.«
»Aber für wen hat sie das getan?«
»Für sich selbst. So hat es mir die Fotografin erklärt. Ist wohl typisch Frau.«
»Und den Scheiß glaubst du?« Wieder bearbeitete Cupido sein Handy. »Sehen wir doch mal nach, ob Sloet einen Twitter-Account gehabt hat …«
»Im Bericht der Spurensicherung steht, dass Lithpel ihren Rechner untersucht hat.«
Reginald »Lithpel« Davids war das lispelnde Computergenie bei den Kriminaltechnikern: klein und schmal, jungenhaftes Gesicht, zwei fehlende Schneidezähne und buschiger Afro-Look.
»Okay. Lithpel entgeht kaum etwas. Kluger Kopf, der Kleine … Fehlanzeige. Kein Account, jedenfalls nicht unter ihrem richtigen Namen. Dicke Titten, kein Twitter. Was hast du eigentlich eben mit der Giraffe beim Kamel gewollt?«
Der Buschtelegraf der Valke, blitzschnell wie immer. »Politik«, wehrte Griessel ab. »Willst du gar nicht wissen.«
»Scheißpolitik.« Cupido nahm wieder die Fotos zur Hand und starrte sie an. »Was für eine Verschwendung. Fantastische Möpse!«
Das Weingut Bonne Espérance lag an der R310 gleich hinter dem Helshoogte-Pass. Sie passierten das weiße Giebeltor und fuhren durch die Eichenallee bis zum Besucherzentrum.
»Touristenfalle«, urteilte Cupido, als sie ausstiegen und die Hinweisschilder lasen. »Weinprobe, Fünf-Sterne-Restaurant, Spa … Verdienen die mit ihrem Wein nicht genug Geld?«
Griessel fragte am Empfang nach Egan Roch. Die junge Frau erklärte, er sei hinter dem Keller in der Küferei.
»Wie, noch ein Laden?«, fragte Cupido. »Was wird denn da verkauft?«
Die Frau kicherte. »Nichts. Da stellen Egan und die anderen die Fässer her, Meneer.«
Das machte Cupido erst einmal mundtot, während sie an dem schönen alten Gutshaus und dem Weinkeller nach hinten gingen, wo sich neben sauber aufgereihten Weinbaugerätschaften Kisten stapelten. Sie mussten noch einmal einen Arbeiter fragen, um den Eingang zu finden, eine unauffällige Holztür.
Griessel stieß sie auf und roch Rauch und Feuer. Sie betraten einen weitläufigen Raum mit gelblich verfärbten, weiß gekalkten Wänden, in dem eine drückende Hitze herrschte. In einer Ecke stand mit dem Rücken zu ihnen ein hochgewachsener Mann, der ein Fass bearbeitete. Er schlug einen Metallring über den Bauch, während Rauch aus der Öffnung des Fässchens aufstieg. Sein weißes T-Shirt war schweißnass.
»Hallo«, sagte Cupido.
Der Mann reagierte nicht. Griessel sah die Kopfhörer unter dem dichten schwarzen Haar und das Kabel, das zu dem iPod an seinem Gürtel führte. Er näherte sich.
»Bennie«, unterbrach ihn Cupido und zeigte auf die Wand.
Dort hing eine Reihe von Werkzeugen, seltsam geformte Hämmer und Beile, Schaben,
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