Sieben
Tage, um wieder in seine Anfangsphase zurückzukehren, sondern genau 29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 2,8 Sekunden – weshalb sich das in diesem Zusammenhang gern als »mystisch« bewertete Faktum, dass sich die Ziffern Eins bis Sieben
zur Summe 28 addieren, so gesehen als ganz und gar unmystische Zahlenspielerei entpuppt;
den siebenjährigen Präsidial-Amtszeiten stehen weltweit ungleich mehr fünfjährige Amtszeiten gegenüber;
Ähnliches gilt für die Tatsache, dass siebenköpfige Höchstgerichte und andere siebenköpfige Gremien sich – ungeachtet des
altrömischen »Septemviratus«-Imperativs – gegenüber allen sonstigen zahlenmäßigen Zusammensetzungen deutlich in der Minderheit
befinden;
die Krankheitssymptome des »Dengue«- oder »Siebentage-Fiebers« klingen günstigenfalls erst nach mehreren Wochen ab;
die meisten siebenteiligen Klassifizierungen seit Carl von Linné – bis hin zur »Baltimore«-Virenklassifikation – haben sich
entweder überholt oder sind drauf und dran, moderneren Systemen zu weichen;
das 7-Bit -ASCI I-System taugt im Grunde nur für die englische Sprachkodierung.
Dass man sich mit der Frage »Was ist Kunst?« offenbar schon immer schwertat, zeigt auch die wechselvolle Kulturgeschichte
der »sieben freien Künste«. So verstand man etwa seit der römischen Antike unter den »septem artes liberales« vor allem einen
durch die Fächer Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie bestimmten Bildungskanon, dessen
Gewichte sich bis zum Mittelalter nur teilweise verschoben. Erst in derNeuzeit gewann bei den »Künsten« das Element der freien schöpferischen Gestaltung an Gewicht. Dass es hier und da dennoch
nach wie vor akkurat sieben Künste sein sollen, zeigt der französische Begriff »Le septième art« für die Filmkunst – nachdem
die übrigen sechs Plätze durch Architektur, Bildhauerei, Malerei, Tanz, Musik und Poesie vergeben waren. Bliebe noch die Belletristik,
blieben Comic, Karikatur, Cartoon, Manga und Anime, Floristik, Innenarchitektur, Schauspiel, Mode und Kochkunst, desgleichen
Videokunst, Grafik, Installation Art, Fotografie und, und, und …
»Septem artes liberales«, aus dem ›Hortus deliciarum‹ der Chorfrau Herrad von Landsberg (um 1180), Universitätsbibliothek
Freiburg
»Sieben freie Künste«, in einer anonymen Illustration im ›Tübinger Hausbuch‹. Von links nach rechts: Geometrie, Logik, Arithmetik,
Grammatik, Musik, Physik (anstelle der Astronomie), Rhetorik. (15. Jahrhundert)
Die Reihe der Entzauberungen und Entmythologisierungen der Siebenzuordnungen ließe sich an dieser Stelle beliebig fortsetzen,
und wer sich selbst auf die Suche machen möchte, der wird gewiss unzählige Male fündig. Man könnte aber auch auf die mystische
Sieben jenen Satz des Schweizer Kulturhistorikers Jacob Burckhardt anwenden:
Der größte Vorzug der Mythen gegenüber den Religionen besteht darin, dass man sie nicht glauben muss.
So spräche denn im Grunde nichts dagegen, unsere Untersuchung an dieser Stelle mit der freundlichen arabischen Lebensweisheit
abzuschließen:
Sieben Dinge bekommt man niemals über: freundlich gereichtes Brot, Lammfleisch, kühles Wasser, weiche Kleider, lieblichen
Duft, ein bequemes Bett und den Anblick alles Schönen.
Wäre da nicht nach wie vor jene Kernfrage nur unbefriedigend beantwortet, wo denn nun die Ursprünge jener magischen Sieben
zu suchen sind, die sich ungeachtet aller Entmythologisierung voraussagbar auch künftig machtvoll behaupten dürfte. Denn so
plausibel die »Diffusionstheorie« des Ferdinand Freiherr von Andrian-Werburg von der weltweiten Streuwirkung eines sumerisch-babylonischen
»Ur knalls « auch sein mag, weist auch diese Theorie Lücken auf, die der Autor vor über hundert Jahren selbst einräumte:
Man wird über die Tatsache nicht hinwegkommen können, dass im größten Teil
von Afrika, Amerika, in Melanesien, Neuguinea und Australien die »gute wie die böse Sieben« ursprünglich unbekannt sind.
Diese Einschätzung wäre – für sich allein betrachtet – nicht allzu bemerkenswert, würde Andrian-Werburg nicht an anderer Stelle
Ausnahmen von dieser Regel benennen, allen voran jene Indianerkulturen Nord- und Mittelamerikas, in deren Kult und Mythologie
die Sieben seit Menschengedenken eine prominente Rolle spielt. Und welche historische oder geografische Verbindung ließe sich
wohl zwischen den Sumerern
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