Siebenpfahl (German Edition)
ist nicht mehr so heiß.«
»Mama?«, fragte Irmel, die noch immer auf Margrets Schoß saß.
»Ja, mein Schatz?«
»Muss Caspar jetzt nicht sterben?«
»Nein, ich hoffe nicht«, beruhigte Margret sie, als plötzlich die
Tür geöffnet wurde. Der Doktor trat herein und blickte umher. Er trug ein
kleines Fläschchen bei sich, in dem sich eine Flüssigkeit befand. Er ging zu Caspars
Nachtlager. »Wie ich sehe, geht es ihm schon besser!«, stellte er erstaunt fest
und konnte nicht fassen, dass das Fieber so schnell zurückgegangen war.
»Das Mittel von Andrés Mutter hat geholfen!«, warf der Kaplan schnell
ein und hielt dabei die Verpackung hinter seinem Rücken versteckt. Er hatte sie
von der Truhe genommen, als der Doktor zur Tür hereingekommen war.
»Das sehe ich!«, stieß der Doktor hervor. »Darf ich das Zaubermittel
einmal sehen?«
»Erstens ist es kein Zaubermittel … und zweitens ist nichts mehr davon
übrig«, log Conrad und erhob sich. Die ganze Zeit hatte er bei seinem Sohn
gekniet und ihn beobachtet. Sein Gefühl sagte ihm nun, dass Caspar es schaffen
würde. »Was bin ich Euch schuldig?«, fragte er den Doktor, der für seine
Antwort nur kurz überlegte. »Bring dafür die Tür an meinem Stall wieder in
Ordnung, dann soll es gut sein. Ich werde morgen noch einmal nach ihm schauen.«
Als der Burgdoktor gegangen war, blickten sich die Jungen
verwundert an. »Ich glaube, der Doc ist jetzt beleidigt!«, mutmaßte Tom und
erntete dafür einen bedeutungsvollen Blick vom Kaplan.
»Was ist denn das?«, fragte Leon und deutete auf das Gefäß, in dem
sich Caspars Blut befand. Er hatte es schon gleich beim hereinkommen erblickt.
»Der Doktor hat ihn zur Ader gelassen«, antwortete der Kaplan. »Man
versucht mit dem auslaufenden Blut die Krankheit aus dem Körper zu lassen. In
diesem Fall sollte es aber eher die Hitze abführen.«
André nickte, »Ja, das stimmt! In unserer Zeit hielt man den
Aderlass zwar lange für unwirksam, doch ist man heute anderer Meinung. Aderlass
kann durchaus hilfreich sein, da sich die Bakterien durch das Eisen im Blut schneller
ausbreiten können. Weniger Blut ist demzufolge ein Mittel zur Heilung.«
Der Kaplan sah André mit großen Augen an. »Woher weißt du das
alles?«
»Es gibt nichts, was der nicht weiß!«, funkte Pascal dazwischen,
während die anderen vor sich hingrinsten. Doch André ließ sich nicht beirren.
»Wir hatten das vor längerer Zeit in Biologie und ich habe es mir gemerkt«, erklärte
er. »Pascal hatte das bestimmt auch schon im Unterricht, hat es aber, wie immer,
gleich wieder vergessen.«
»Naja!«, meinte der Kaplan lachend. »Dann habe ich heute wieder etwas
dazugelernt.«
*
I n der Wirtsstube hatten der Juwelier, der Wagner sowie der Großbauer
Franz Buchenhorn Spaß beim Erzählen lustiger Geschichten. »Eugen, bitte bringe
uns noch eine Runde des guten Bieres«, rief der Wagner zum Ausschank hin,
worauf die drei Männer herzhaft zu lachen begannen. Sie waren nun schon seit
etwa zwei Stunden in der Wirtsstube und im fortgeschrittenen Stadium angetrunken.
Als die Tür geöffnet wurde, schauten sie herum. Es war der Doktor,
der hereintrat. Er nahm seine Kopfbedeckung ab und hängte sie an einen der
Haken, die sich an der Wand neben dem Eingang befanden. Als er die drei Männer
erblickte, steuerte er direkt auf sie zu.
»Na, viel Arbeit Doktor?«, fragte der Juwelier fröhlich.
»Ich habe mit euch zu reden«, flüsterte der und sah sich dabei prüfend
um. »Es geht um die Jungen, die bei Conrad Unterkunft gefunden haben!«
Plötzlich war die Fröhlichkeit wie weggeblasen. »Lass hören!«,
forderte ihn der Juwelier auf und deutete auf den freien Stuhl.
Nachdem der Doktor erzählt hatte, was vorgefallen war, verfinsterten
sich die Gesichter der drei Männer. »Dachte ich es mir doch gleich, dass sie mit
dem Teufel im Bunde stehen!«, zischte der Wagner und schlug hart mit der Faust
auf die Tischplatte. Die anwesenden Gäste sahen zu ihnen herüber und musterten
sie eine Weile, um sich dann wieder ihren Plaudereien zu widmen.
»Sie haben also auch den Kaplan verhext und beherrschen seine
Gedanken!«, flüsterte der Wagner. »Wir sollten uns sobald als möglich etwas
einfallen lassen und den Burschen das Handwerk legen!«
Der Juwelier hob den Becher, den ihm der Wirt hingestellt hatte und
prostete seinen Tischgenossen zu. »Auf unser Gelingen!«
»Auf unser Gelingen!«, stimmten die anderen ein, wobei sich der
Doktor zurückhaltend
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