Siebenpfahl (German Edition)
Junge war aufmerksam und hat die
Worte von Pseudus vernommen. So müssten er und seine Helfer in der Lage sein,
die Höhle zu finden«, sprach Siebenpfahl.
»Und wenn nicht?«
»Dann sehe ich unser Ziel, das ewige Leben zu erlangen, als unerreichbar
an. Das würde bedeuten, dass wir irgendwann sterben und erst in fünfhundert
Jahren wieder auferstehen werden.«
Beide starrten sich für einen kurzen Moment an, dann fügte Siebenpfahl
hinzu: »Es gäbe da aber noch eine andere … eine letzte Möglichkeit!«
*
D er Himmel war strahlend blau und die ersten Sonnenstrahlen
schienen zwischen den Bäumen hindurch. Sie bohrten sich mit sanfter Gewalt in
den etwa einen Meter hohen Bodennebel, der die Wiese wie ein weißes Meer
erschienen ließ. Aufgrund der kalten Nacht hatte sich mancherorts Nebel
gebildet, der sich nun immer mehr auszubreiten schien.
Siebenpfahls Männer warteten bereits seit Anbruch der Morgendämmerung
in dem dichten Wald, der sich gegenüber der Höhle befand. Dazwischen lag eine etwa
achthundert Meter breite Wiese. Ihre Pferde hatten sie ein Stück in den Wald hineingeführt
und sich neben ihnen auf ein paar Felssteinen niedergelassen. Einer der Ritter hielt
Ausschau: Er stand hinter einem Baum und beobachtete den Weg, der sich zwischen
zwei Hügeln hindurch zu der Wiese schlängelte. »Seht!«, rief er plötzlich und
zeigte auf die Kutsche, die sich langsam näherte.
Die Ritter erhoben sich. Aufmerksam beobachteten sie die Kutsche
und hofften, dass die Warterei nun ein Ende haben würde.
Als der Kaplan, der sich jetzt nicht mehr allzu weit von dem Eingang
der Höhle befand, die Wiese und den angrenzenden Wald erblickte, der mit Beginn
der ersten Bäume sofort steil anstieg, zuckte er zusammen. Alles sah genauso
aus, wie er es in der vergangenen Nacht geträumt hatte. Nie zuvor war er an diesem
Ort gewesen und dennoch hatte er ihn schon gesehen.
Als sein Blick auf das Gebüsch fiel, hielt er an – es war das Gebüsch
aus seinem Traum.
Er stieg ab und schaute zu dem Waldstück hinüber. Sofort war ihm
klar, dass sich seine Gegner nur darin versteckt haben konnten. Er drehte sich um
und blickte wieder auf das Gebüsch. Etwas Geheimnisvolles ging davon aus.
Die Blätter begannen, sich sanft zu bewegen. Es sah aus, als
würden sie von einem leichten Wind hin- und hergetrieben, doch es war absolut windstill.
Zögernd trat er nach vorne, um die Äste auseinanderzudrücken, doch sie spreizten
sich bereits, ohne dass er sie überhaupt berührt hatte. Wie durch eine fremde
Macht getrieben ging er weiter und stand plötzlich in der Höhle. Er schaute
zurück und sah gerade noch, dass sich das Gebüsch sofort wieder zu einer dichten
Wand verschloss. Kein Lichtschimmer drang mehr hindurch und er fragte sich, wie
das sein konnte.
Er betrachtete die Höhle und ließ seinen Blick dem Lichtstrahl
folgen, der von oben durch die Decke einfiel. Er folgte ihm bis zu einem
kleinen Felsvorsprung, auf dem ein Buch lag. »Das muss es sein!«, dachte er und
überlegte, was er tun sollte. Hingehen und es sich einfach nehmen, wäre für ihn
einem Diebstahl gleichgekommen. Er blickte sich um, doch niemand war zu sehen
und auch keinerlei Hinweise … gar nichts! Trotzdem spürte er, dass irgendetwas
um ihn herum war. Etwas, das er nicht beschreiben konnte.
Er wartete. Stille – nichts als Stille! Jemand beobachtete ihn …
er fühlte es.
»Ich habe auf dich gewartet!« Die Stimme ließ ihn zusammenzucken.
Sie hörte sich seltsam an, aber dennoch war sie ihm vertraut. Er sah nach oben,
konnte aber niemanden sehen.
»Keine Angst, ich werde dir nichts tun«, hörte er sie wieder, hallend
und mächtig, wie aus einer anderen Welt.
Als die Gestalt plötzlich direkt vor ihm sichtbar wurde, riss er
erschrocken die Augen auf. »Bist du der Wächter der Zeit?«
»Ja, der bin ich. Ich habe auf dich gewartet, denn du sollst das Buch
der Zauberpulver erhalten, um der Menschheit einen Dienst zu erweisen!«
»Warum setzt du deine Macht nicht ein, um die Menschheit zu
schützen?«
»Meine Macht ist auf diese Höhle beschränkt. Außerhalb kann ich nur
bei einem ganz bestimmten Anlass mit Menschen in Kontakt treten, oder … ich erscheine
ihnen in ihren Träumen – sollten sie eine reine Seele haben.«
»Und ich habe eine?«
»So ist es! Du bist gut zu den Menschen und vertrittst die Kirche
in Gottes Sinne!« Der Wächter schwebte zu dem Buch hinüber, welches sich auf
dem Felsvorsprung befand. »Komm und nimm
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