Siebenpfahl (German Edition)
dass ihr in
unserer Zeit ein ewiges Leben führen werdet … es sei denn, ich würde eurer irgendwann
einmal überdrüssig werden!«
Leon blickte in Siebenpfahls Augen, die durch das Fackellicht
einen noch hinterhältigeren Schimmer angenommen hatten. Fast wirkten sie wie
die eines Raubtieres. Doch Leons Angst wich nun dem Trotz. »Ihr habt unseren
Eltern und all den anderen Menschen aus unserer Zeit das Leben geraubt. Wir
werden nicht aufgeben, um es Euch heimzuzahlen«, antwortete er und spuckte
Siebenpfahl vor die Füße.
Siebenpfahl lachte verächtlich auf. »Gar nichts werdet ihr! Ihr
habt keine Kraft und schon gar keine Macht, um irgendetwas zu bewirken!«
*
A ntonius hatte genug gehört. Vorsichtig trat er zurück und verließ
den Gang, der zu den Kerkern führte. Er war Siebenpfahl und Krummhold nachgeschlichen
und hatte alles mitbekommen. Siebenpfahl hatte sie also alle getäuscht und belogen.
Der Junge im Kerker war durch einen Zeitsprung in ihre Zeit gekommen – weggerissen
von seinen Eltern, seinen Verwandten und Freunden. Mit finsterer Miene stieg
Antonius die Treppe empor, entsetzt über Siebenpfahls Lügen.
Im Empfangsraum stieß er auf den Anführer von Siebenpfahls Männern.
»Wo ist Siebenpfahl?«, fragte der, worauf Antonius zur Treppe hindeutete. »Unten,
im hintersten Kerker.«
*
A ls der Ritter den Kerker betrat, reichte er Siebenpfahl das Buch. »Hier
ist, was Ihr verlangtet.«
Siebenpfahl war verwundert. Weder er noch Krummhold hatten
irgendjemandem erzählt, dass sie den Jungen aufsuchen würden. Er ergriff das Buch.
»Woher wusstet Ihr, dass wir hier unten sind?«
»Im Empfangsraum traf ich auf einen der Männer, die mit Euch zusammen
hier sind. Er sagte mir, dass Ihr hier seid«, erklärte der Ritter.
Siebenpfahl warf Krummhold einen bedeutungsvollen Blick zu, dann schlug
er das Buch auf. Er las kurz darin und blätterte hastig weiter, während sich
sein Blick zunehmend verfinsterte. »Man hat Euch an der Nase herumgeführt!«,
schrie er sein Gegenüber an, der ihn um mindestens einen Kopf überragte. »Das
ist nicht das Buch, nach dem ich verlangt hatte!«
Dem Ritter war deutlich anzumerken, dass er seine Wut nur mühsam unterdrücken
konnte. »Ihr sagtet uns, dass es sich um ein Buch handle! Nicht, was darin
geschrieben steht!«, antwortete er dennoch mit ruhiger Stimme.
Siebenpfahl hielt inne. Er wusste, dass der Ritter Recht hatte.
Natürlich konnten sie nicht wissen, um welches Buch es sich handelte – weil er
es ihnen ja bewusst verschwiegen hatte. »Es tut mir leid«, entschuldigte er
sich. »Es war mein Fehler! Ich hätte es Euch sagen sollen.«
Der Ritter nickte.
Leon hätte am liebsten laut herausgejubelt und seine Freude zum
Ausdruck gebracht, doch fürchtete er einen Hieb des sichtlich aufgebrachten
Siebenpfahl. »Folgt mir!«, rief dieser und lief hinaus.
Nachdem der Riegel vorgeschoben war und sich die Schritte der drei
Männer entfernt hatten, war Leons Zuversicht um einiges größer als zuvor. Siebenpfahl
würde nun nervös werden.
Leon holte das Handy aus seinem Strumpf und setzte sich mit dem
Rücken gegen die Mauer, von der er annahm, dass es die Außenmauer sei.
*
D er Ritter hatte Siebenpfahl erklärt, dass der Kaplan alleine gewesen
war und ihnen das Buch nur unter Androhung von Gewalt ausgehändigt hatte.
Siebenpfahl konnte sich denken, was seine Gegner vorhatten. »Wir
müssen sie einholen, noch bevor sie Lindenfels erreichen!«, schrie er und eilte
aus dem Gebäude. Er sah sich nach einem der Wachmänner um und fuhr ihn mit
ungehaltener Stimme an: »Wo ist der Burgvogt?«
»Hinten, bei den Pferden. Er hat etwas mit dem Stallburschen zu
besprechen«, antwortetet der Wachmann.
»Das trifft sich gut!«, murmelte Siebenpfahl. Er eilte zum Stall,
wo er das Gespräch zwischen dem Vogt und dem Stallburschen jäh unterbrach. »Ihr
müsst mir helfen, Vogt, ich brauche alle verfügbaren Wachmänner zu Pferd. Wir
müssen ein paar Diebe aufgreifen, noch bevor sie Lindenfels erreichen und sich
dort verstecken können!«
Der Vogt überlegte, dann befahl er dem Stallburschen achtzehn
Pferde aufzusatteln und wandte sich wieder Siebenpfahl zu. »Ich werde siebzehn
Männer sofort bereithaben. Dann könnt Ihr über sie verfügen.«
Als sich die sieben Ritter, zehn Wachmänner und Siebenpfahl am
Burgtor hoch zu Ross versammelt hatten, erhob Siebenpfahl die Stimme. »Wir
reiten auf dem schnellsten Weg nach Lindenfels. Dort teilen wir uns
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