Siebenpfahl (German Edition)
überlegte fieberhaft, wo Siebenpfahl das Notizbuch wohl aufbewahren
könnte. Hatte er es vielleicht sogar bei sich? Der Magier konnte sich denken,
dass die Jungen ohne die Informationen, die darin enthalten waren, keine Chance
haben würden. Sie mussten das Buch irgendwie bekommen, das stand zweifelsohne
fest. »Vielleicht liegt es ja in seinem Zimmer?«, vermutete der Magier und lächelte
Leon aufmunternd zu. »Folge mir.«
Sie stiegen die kleine Treppe nach oben, die aus sechs Stufen bestand.
Ganz oben befand sich eine Tür, vor der sie kurz innehielten. Dann öffnete Antonius
sie und sie traten nach rechts in einen langen Korridor, an dessen Ende sich
ein kleines Fenster befand. Obwohl es nur wenig Licht hereinließ, schaltete Leon
seine Taschenlampe aus und steckte sie zurück in seinen Strumpf unter das Hosenbein.
Sie gingen weiter, vorbei an den Türen, die sich rechts und links
in den Wänden befanden. Leon hatte das Gefühl, als verbargen sich hinter ihnen böse
Geschehnisse, die sich im Laufe der Jahrhunderte abgespielt hatten. Ein
seltsames Frösteln überkam ihn und sein Körper spannte sich an, plötzlich begann
er zu schwitzen.
»Da vorne ist die Kammer, in der sich Siebenpfahl einquartiert hat«,
flüsterte der Magier und blickte sich nach Leon um. »Angst?«, fragte er leise.
Leon nickte und wischte sich mit der Hand den Schweiß von der
Stirn. Seine Nerven waren zum Zerreißen angespannt.
Knarrend öffnete sich plötzlich eine Tür hinter ihnen. Das Geräusch
kam für Leon so unerwartet, dass sein Herzschlag für einen Moment aussetzte. Mit
weit aufgerissenen Augen blickte Leon Antonius an. Beide pressten sich mit dem
Rücken an die Wand, während sie den Atem anhielten und dem Mann hinterherschauten,
der den Gang entlang zur Ausgangstür schritt. Nachdem er hinausgegangen war und
die Tür wieder geschlossen hatte, stießen beide erleichtert die Luft aus. »Ich
dachte, jetzt ist alles aus!«, stammelte Leon, dem der Schreck noch immer ins
Gesicht geschrieben stand.
»Das war Bergamus«, flüsterte Antonius. »Auch er ist ein Magier
und steht im Dienste Siebenpfahls.«
»Hätte er uns verraten?«, fragte Leon.
Antonius überlegte. »Ich weiß es nicht.«
Sie gingen weiter, standen nun an der hintersten Tür des Korridors.
Der Magier öffnete sie zögerlich und sie traten in ein Zimmer, das etwa vier
auf vier Meter groß war. Zwei Stühle, ein Bett, ein Schrank sowie ein kleiner
Schreibtisch befanden sich darin. An der Wand hing ein Bücherregal, das aus einem
einfachen Holzbrett bestand und von zwei schmiedeeisernen Trägern gehalten
wurde, die eine eigenartige verzierte Form hatten. Die Wände waren verputzt und
zwei kleine Fenster in den Außenwänden angebracht, doch trotzdem wirkte alles dunkel
und kalt. Eigentlich wäre „mystisch“ der richtige Ausdruck gewesen, doch Leon
war sich nicht sicher, ob er nur so empfand, weil ihn die Angst quälte.
Während Antonius an das Bücherregal trat, um die Bücher zu durchstöbern,
trat Leon an eines der Fenster, das den Blick in den Burghof zuließ. Man konnte
von hier aus gut mitbekommen, was sich dort unten abspielte. Siebenpfahl
überließ allem Anschein nach nichts dem Zufall.
Antonius drehte sich um. »Hier ist kein Buch, auf das deine Beschreibung
passt.«
»Wäre auch zu schön gewesen!« Leon schluckte. Er war nahe daran aufzugeben,
als ihm eine Idee kam. Er ging zum Bett und hob die Matratze ein wenig hoch.
Dann griff er darunter, fuhr mit der Hand umher und holte schließlich ein Buch
hervor. Er blätterte darin, dann nickte er zufrieden. »Das ist es.«
Antonius streckte die Hand nach dem Buch aus, das ihm Leon sogleich
reichte. Der Magier blätterte ebenfalls darin, las ab und an, dann schlug er es
wieder zu. »Ja, das ist es wohl. Nie hatte es uns Siebenpfahl gezeigt … und ich
weiß auch, warum.« Antonius gab Leon das Buch zurück. »Zu gerne hätte ich es
gelesen, doch dazu ist keine Zeit. Deine Freunde warten bestimmt und wir müssen
uns eiligst auf den Weg zum Schuppen machen!«
Im Gebäude selbst begegnete ihnen niemand, doch sie mussten nun
ins Freie, was das Gefährlichste an der ganzen Sache war. Würde man sie auf dem
Hof entdecken, würde Leon es schwer haben. Der Weg zum Schuppen, hoch auf die
Empore, sowie das Abseilen, wäre viel zu zeitaufwendig gewesen.
Wieder überlegte Antonius. »Warte hier!«, meinte er. »Ich sehe zuerst
nach, ob die Wachmänner auf ihren Posten sind.« Er ging hinaus und schaute
umher. Es
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