Siebenpfahl (German Edition)
lieber die Wahrheit.«
Tom und Pascal stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Beide
konnten nicht recht glauben, was sich vor ihren Augen abspielte. Die Angst
drohte ihnen den Verstand zu rauben und Pascal konnte nicht länger dabei zuschauen.
»Halt!«, schrie er. »Tut ihm nichts. Ich werde Euch alles sagen!«
»Du weißt, was mit Lügnern passiert?«, drohte Siebenpfahl und gab dem
Ritter das Zeichen, sein Schwert zurückzunehmen.
»Ja, ich sage die Wahrheit!«, stieß Pascal hervor. »Ein Reiter bringt
das Buch nach Lindenfels.«
Er hatte zwar soeben den Kaplan vor weiteren Qualen bewahrt, doch
damit auch Eberhard verraten. Aber was hätte er tun sollen? Tatenlos dabei zusehen,
wie der alte Mann getötet wurde? Nein, er war sich sicher, dass er richtig
gehandelt hatte, und hoffte, dass sie Eberhard nicht mehr einholen würden.
Immerhin hatte er bereits genug Vorsprung.
Der Kaplan war indessen bewusstlos geworden. Der Reiter – der ihn gepeitscht
hatte – stieg auf sein Pferd und sofort setzte sich die Reiterschar in Richtung
Lindenfels in Bewegung. Die Jungen sprangen vom Kutschbock, eilten zum Kaplan,
der die Augen geschlossen hatte und von einer starken Blässe gekennzeichnet war.
Etwas Blut rann ihm aus dem Mundwinkel und ein leises Röcheln war zu hören. »Wird
er es schaffen?«, fragte Tom.
»Ich hoffe es«, flüsterte Pascal … nachdenklich und schockiert
über das soeben Geschehene.
*
A ls Marcel und Conrad durch den dichten Nebel in den Wald getreten waren,
hatten sie sich eine Weile hinter Bäumen versteckt. Danach waren sie bis auf
etwa fünfzehn Meter an die Burg Rodenstein herangeschlichen und hatten die
Spähschlitze beobachtet, die in die Mauern eingelassen waren. Sie hatten festgestellt,
dass nur noch in größeren Abständen jemand durch sie hindurchschaute, und
warteten nun gespannt darauf, bis dies wieder der Fall sein würde. »Halte dich bereit«,
flüsterte Conrad. »Gleich müsste es soweit sein.«
Marcel nickte. Er war nervös und zitterte am ganzen Körper.
Plötzlich erschien wieder das Gesicht. Nur einen Moment war es zu
sehen, kurz darauf schon wieder verschwunden.
Conrad und Marcel sahen sich an, dann schlichen sie geduckt bis an
die Burgmauer, wo Marcel sein Handy aus der Tasche hervorholte. Er schaltete es
ein, tippte eine Nachricht und sendete sie per Bluetooth ab. An die Burgmauer
gepresst verharrten sie. Marcel überlegte, wie lange sie wohl auf eine Antwort warten
sollten, bevor sie es an einer anderen Stelle versuchen würden. Doch kurze Zeit
später kam sie auch schon „Bin hier im Kerker!“ , war zu lesen.
Marcel war erleichtert. Er hatte nicht damit gerechnet, Leon so
schnell aufzuspüren. Umso besser, dass es sofort geklappt hatte. „ Wie geht
es dir? “, schrieb er zurück.
Wieder kurz darauf kam die Antwort. Er las sie und hielt sie Conrad
hin.
»Ich kann doch nicht lesen«, flüsterte der.
»Sorry, daran dachte ich nicht mehr!«, entschuldigte sich Marcel
und las vor: »Ich sitze in einem Kerker … aber einer der Magier möchte mir helfen!«
»Sehr gut!«, freute sich Conrad. »Ohne Hilfe sähe es nämlich verdammt
schlecht für ihn aus!«
Marcel sendete die nächste Nachricht, dann wandte er sich Conrad
zu. »Ich habe ihm nun geschrieben, dass er den gleichen Weg nehmen soll wie ich
bei meiner Flucht.«
*
N achdem Leon die Nachricht von Marcel gelesen hatte, blickte er zu
Antonius auf, der noch immer abwartend vor ihm stand. »Würdet Ihr mich in den
Heuschuppen bringen? Von dort aus könnte ich mich abseilen.«
Antonius überlegte kurz, dann nickte er.
Leon antwortete Marcel, dass sie an der besagten Stelle auf ihn
warten sollten, dann verließ er gemeinsam mit dem Magier den Kerker. Sie
schlichen durch den Gang und gingen die Treppe nach oben, die zu der Tür in den
Vorraum führte. Von dort aus würden sie ins Freie gelangen. Der Magier legte
ein Ohr an die Tür und lauschte einen Moment hindurch. Als er sich sicher war, dass
sich niemand dahinter verbarg, fasste er nach der Türklinke.
»Verdammt!«, fluchte Leon und griff sich an die Stirn. »Wir haben
Siebenpfahls Notizbuch noch nicht.«
»Welches Notizbuch?«, fragte der Magier und nahm die Hand vom
Türgriff.
»In dem Siebenpfahl die Anleitung für den Zeitsprung niedergeschrieben
hat.«
»Hast du eine Ahnung, wo es sich befinden könnte?«
»Nein, leider nicht!«, antwortete Leon und blickte resigniert zu Boden.
Er hatte keine Ahnung … woher auch?
Antonius
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