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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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deshalb Prognosen innerhalb dieser Phase quasi von vornherein auf tönernen Füßen stehen.«
    Westen zuckte resigniert die Achseln. »Sie haben sich Ihre Meinung doch längst gebildet.«
    »Glauben Sie?«, fragte Zhou mit einem hintergründigen Lächeln.
    Seine blauen Augen kehrten zu Em zurück. »Hatten Sie schon mal mit minderjährigen Straftätern zu tun?«
    »Meine Erfahrungen tun hier nichts zur Sache«, antwortete sie, um klarzumachen, dass sie sich keinesfalls gegen ihre Partnerin ausspielen lassen würde.
    Er winkte ab. »Okay. Alles klar. Vergessen Sie’s.«
    »Wo waren Sie heute Nacht zwischen Mitternacht und drei Uhr früh?«
    »Zu Hause. Im Bett.«
    Em lächelte. Logisch irgendwie … »Gibt es irgendwen, der das bezeugen kann?«
    »Nein.«
    »Nicht mal eine neugierige Nachbarin?«
    »Nicht mal das, fürchte ich.«
    »Dürfen wir uns Ihr Auto ansehen?«
    »Wozu?«
    Em überging die Frage. »Dürfen wir?«
    »Nein.«
    »Haben Sie etwas zu verbergen?«
    »Nein. Aber ich bin ein Freund von Persönlichkeitsrechten.« In seinem Blick lag Geringschätzung. »Sie auch?«
    »Ich bin ein Freund von Serienmördern, die der Öffentlichkeit nichts mehr anhaben können, weil es uns gelungen ist, sie dingfest zu machen. Und Ihnen ist doch klar, dass wir angesichts der Sachlage ohne Probleme einen Beschluss bekommen.«
    Er nickte. »Ja, vermutlich.«
    »Warum erleichtern Sie sich und uns die Sache dann nicht einfach?«, fragte Zhou dicht an seinem Ohr.
    Anstelle einer Antwort sah Westen auf seine Armbanduhr.
    »Sie müssen weg?«, fragte Em sarkastisch.
    »Ich habe Patienten.«
    »Also gut.« Sie bemerkte die Irritation in Zhous Blick, als sie einfach aufstand und zur Tür deutete. »Bitte sehr.«
    »Heißt das, ich kann gehen?« Westen schien ebenso erstaunt zu sein.
    »Sicher. Es gibt keinen Grund, Sie hier festzuhalten.« Ich bin noch nicht fertig mit ihm , protestierten Zhous Augen. Vertrauen Sie mir , gab Em zurück. Doch Zhou schien erbost.
    Westen erhob sich, und ein paar endlose Sekunden standen Zhou und er einander gegenüber wie zwei Kampfhähne. Eine stumme Kraftprobe, überschattet von einem tiefen gegenseitigen Misstrauen, dessen Intensität Em überraschte.
    Schließlich gab Westen als Erster nach und ging zur Tür. »Viel Erfolg«, sagte er, die Hand bereits auf der Klinke.
    »Warum haben Sie das getan?«, fragte Zhou, als er auf dem Gang verschwunden war.
    Und obwohl sie mittlerweile wieder ihre gewohnte unnahbare Aura zur Schau trug, hatte Em das Gefühl, dass sie noch immer wütend war. Darüber, dass sie Westen hatte gehen lassen.
    »Er stand kurz davor, uns richtig Ärger zu machen«, antwortete sie mit einem betont lässigen Achselzucken. »Und das wäre unter den gegebenen Umständen kontraproduktiv ge…«
    »Vielleicht ist er derjenige, den wir suchen«, unterbrach Zhou sie mit Bestimmtheit.
    »Ja«, sagte Em. »Möglich.«
    Ihre Partnerin ließ sich auf den Stuhl fallen, auf dem Westen gesessen hatte, und streckte resigniert die Beine von sich.
    »Augenblicklich hatten wir keine Handhabe, ihn gegen seinen Willen …«
    »Schon gut«, fiel Zhou ihr abermals ins Wort. »Sie brauchen mich nicht zu trösten.«
    Vielleicht, dachte Em unbehaglich, tröste ich ja in Wirklichkeit mich selbst …
7
    Dana Westens Schritte hallten von den kahlen Wänden wider, und sie fand selbst, dass sie gehetzt klang, obwohl sie sich alle Mühe gab, nicht zu rennen. Mach dich nicht lächerlich, dachte sie, indem sie zum wiederholten Mal über ihre Schulter blickte. Wer sollte dir folgen? Und warum? Ein paar Meter über dir ist helllichter Tag. Die halbe Stadt ist auf den Beinen und macht Weihnachtseinkäufe. Und außerdem ist dieses verdammteParkhaus unter Garantie videoüberwacht. Es ist alles in bester Ordnung.
    Doch das ungute Gefühl ließ nicht nach. Im Gegenteil.
    Ihre Augen glitten über die geparkten Fahrzeuge. Viele Hundert, allein auf diesem Deck. Doch von den Besitzern war nichts zu sehen. Klar, eigentlich. Wer um diese Uhrzeit einen Parkplatz hatte, gab ihn so schnell nicht wieder her. Schon vor Stunden hatte sie nur noch eine Lücke ganz am Ende des Parkdecks gefunden. Irgendwo da hinten, unter dem Schild für den Notausgang. Sie beschleunigte ihre Schritte und nestelte die Autoschlüssel aus der Manteltasche.
    »Sie sehen wirklich ziemlich geschafft aus«, hatte Jan vorhin beim Kaffee wenig schmeichelhaft konstatiert, und wieder dachte Dana, dass sie ihn nicht mochte, auch wenn sie beim besten Willen

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