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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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ha’m se sie gefunden, flüsterte eine heisere alte Stimme ihr zu, und Dana brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, dass sich die Bemerkung, die ihre Erinnerung ihr anbot, auf Sarah Kindle bezog. Mit einer Kugel im Kopf und kahl rasiertem Schädel … Im Rennen drückte sie auf den Knopf der Zentralverriegelung und wenige Meter vor ihr schnappten die Schlösser ihres Wagens auf.
    Soll ich Ihnen tragen helfen? Wo haben Sie denn Ihr Auto stehen?
    Sie nahm sich nicht die Zeit, ihre Einkäufe wie gewöhnlich im Kofferraum zu verstauen, sondern warf sie einfach auf den Beifahrersitz.Dann knallte sie die Fahrertür zu und drückte abermals auf die Verriegelung.
    Geschafft! In Sicherheit!
    Zitternd bugsierte sie den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Wagen, wobei sie die Rückspiegel keine Sekunde aus den Augen ließ. Doch auch nach dem Ausparken konnte sie niemanden entdecken. Keinen Passanten, der zufällig hinter ihr gegangen war. Keinen Schatten, der sich ins Dunkel zwischen den parkenden Fahrzeugen zurückgezogen hatte. Nichts … Trotzdem beruhigte sich ihr Herzschlag erst, als sie die Schranke an der Ausfahrt passiert hatte.
    Zu Hause griff sie zum Telefon und wählte die Nummer ihres Sohnes. Doch Marlon nahm nicht ab. Und auch auf dem Handy meldete sich nur die Mailbox.
    Dana überlegte, ob sie ihrem Sohn eine Nachricht hinterlassen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Was hätte sie denn auch sagen sollen? Ich wollte nur mal rasch deine Stimme hören und fragen, ob es dir gut geht? Oder noch schlimmer: Ich hatte da so eine Angstattacke und hätte gern mal deinen Rat gehört, ob ich vielleicht verrückt bin oder so …
    Sie schenkte dem Telefon ein müdes Lächeln. Das war doch genau das, was sich erwachsene Söhne von ihren Müttern wünschten!
8
    »Em?«
    »Ja?«
    »Kann ich dich kurz sprechen?«
    Em bemerkte die hektischen Flecken in Gehlings Jungengesicht und nickte. »Klar. Ich wollte mir sowieso einen Kaffee holen.«
    Die Aussicht auf ein ungestörtes Gespräch auf dem Gang schien ihn zu beruhigen. »Super. Dann komme ich mit.«
    Die Blicke ihrer Kollegen folgten ihnen bis hinaus auf den Flur. Doch das ließ Em einfach an sich abtropfen.
    »Nun?«, fragte sie, als sie neben dem Automaten standen. »Wo drückt denn der Schuh?«
    Gehling warf eine Münze in den Schlitz und drückte auf »Schokocappuccino«. »Ich sollte mir doch Westens IT vornehmen«, begann er unsicher. »Um zu sehen, wie schwierig es ist, sich da reinzuhacken.«
    Sie nickte. »Und?«
    »Na ja, um ehrlich zu sein, war es gar nicht schwer. Westen scheint eine ziemliche Niete zu sein, was das angeht.«
    Das wunderte Em nicht.
    Ihr Kollege nahm das Heißgetränk aus dem Automaten, reichte es ihr und atmete tief durch. »Du weißt, ich bin nicht zimperlich in diesen Dingen. Und ich verstehe es auch, meine Spuren so zu vertuschen, dass niemand merkt, dass ich überhaupt da war …«
    »Worauf läuft das hier hinaus?«, unterbrach sie ihn.
    Doch er brachte sie mit einem flehentlichen Blick zum Schweigen. »Ich habe mich also noch mal ein bisschen auf Westens Rechner umgesehen, und dabei habe ich das hier gefunden.« Er hielt ihr sein Tablet unter die Nase.
    Sie sah die körnige Aufnahme eines mit Möbeln und sonstigem Gerümpel vollgestopften Raumes. Die Kamera, die das Bild aufgenommen hatte, schien sich direkt unter der Decke zu befinden, zumindest war der Blickwinkel steil nach unten gerichtet auf ein Bett mit Eisenrahmen.
    Er spulte ein Stück vor, und dieses Mal war das Bett, das zentral mitten im Raum stand, nicht leer.
    »Gütiger Himmel!«, entfuhr es ihr. »Ist das Sarah Kindle?«
    Er nickte und zoomte näher an die Person auf dem Bett heran.
    Em sah die Frau, der sie erst vor gut einer Woche im Gerichtssaal gegenübergesessen hatte, mit zur Seite gedrehtem Kopf aufder Matratze liegen. Sarah Kindles Miene wirkte angespannt, Hände und Füße waren mit Ledergurten an das Gestell gefesselt. Um die zarte Kehle lag etwas, das wie ein Hundehalsband aussah, und unwillkürlich musste Em an einen SM-Club denken. An irgendwelche perversen Praktiken, bei denen der Untergebene jederzeit die Möglichkeit hatte, sein Leiden durch das Aussprechen eines zuvor vereinbarten Codewortes zu beenden.
    Doch das hier war kein Spiel. Und es geschah auch nicht freiwillig.
    Ein virtueller Befehl von Gehling, und das Bild begann zu leben. Em beobachtete, wie Sarah Kindle sich bewegte. Wie ihre Blicke durch den Raum schweiften. Wie sie die Augen

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