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Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
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der Kaffeemaschine. »Die Mädchen nicht, aber heute früh kam ein Brief von ihrem sogenannten Anwalt.«
    »Und?«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nichts, was ich nicht genau so erwartet hätte.«
    »Das heißt, sie wollen dich richtig ausziehen, oder?«
    »Sie versuchen es. Aber glaub mir, sie haben keine Chance.« Sie wusste, das war genau das, was er hören wollte. »Ich werde um jeden einzelnen Löffel kämpfen bis aufs Blut, verlass dich drauf.«
    »So gefällst du mir.«
    »Aber jetzt muss ich wirklich weitermachen, okay?«
    »Klar«, sagte er. »Bis dann. Und pass auf dich auf, hörst du?«
    »Sicher.«
    Sie warf das Telefon auf die Theke und lächelte stumm in sich hinein. Tja, mein Lieber, dachte sie, ich schätze, für den einen oder anderen von uns wird es in naher Zukunft noch ein böses Erwachen geben!
    Allerdings erst, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
3
    »Unser Korrespondent kennt sich aus in der Stadt.« Em sah zum Fenster hinüber, das von der Hitze der Diskussion beschlagen war. »Er ist gebildet und organisiert. Und er verfügt offenbar über ausreichend Tagesfreizeit. Das bedeutet, dass er entweder im Schichtdienst arbeitet oder gar nicht …«
    »Vielleicht ist er Lehrer«, schlug Decker vor, doch niemand lachte.
    »Die Frage ist: Warum schreibt er Briefe?« Em sah sich in den Gesichtern ihrer Kollegen um. »Warum wählt er eine derart antiquierte Form der Kommunikation?«
    »Das kann viele Gründe haben«, antwortete Zhou.
    »Die da wären?«
    »Vielleicht kennt er sich mit dem Internet nicht gut genug aus. Oder er glaubt , sich nicht gut genug auszukennen, um seine Spuren effektiv zu verwischen. Vielleicht befürchtet er, dass wir Tracer einsetzen. Dasselbe gilt für die Kommunikation via Telefon.« Sie hob die zierlichen Schultern. »Selbst bei Prepaid-Handys weiß man schließlich nie genau, wie viel sie wirklich über einen preisgeben.«
    »Vielleicht ist das Briefeschreiben auch ganz einfach sein Stil«, bemerkte ein junger Beamter in Ems Rücken. »So verschroben, wie dieser Kerl sich ausdrückt, könnte man meinen, er ist uralt.«
    »Oh nein, das ist er mitnichten«, widersprach die junge Spurenanalytikerin mit der Brille.
    Koss signalisierte augenblicklich Zustimmung.
    »Geht das auch genauer?«, fragte Makarov, der aussah, als habe er Kopfschmerzen.
    »Meiner Schätzung nach ist er zwischen Ende zwanzig und Ende dreißig«, antwortete der Polizeipsychologe unumwunden.
    »Das deckt sich mit dem, was wir anhand seiner Schrift annehmen würden«, nickte die Spurentechnikerin.
    »Und sonst?«, wandte Em sich an die junge Frau.
    »Wir wissen, dass er beim Schreiben nach jedem Buchstaben die Hand wechselt«, erklärte diese. »Das macht er zum einen natürlich, um den Charakter seiner Handschrift zu verändern. Außerdem will er damit verschleiern, dass er Rechtshänder ist. Über diese, nennen wir es mal: Technik hinaus, hat er ganz gezielt ein paar Dinge eingebaut, die uns auf eine falsche Fährte locken sollen. Zum Beispiel diese Fs, die sehr außergewöhnlich geschwungen sind.« Sie nickte Gehling zu, der daraufhin eine Kopie des ersten Briefes an die Wand projizierte.
    Em betrachtete die fadenartigen Unterlängen, die irgendwie unheimlich aussahen. Auch dann, wenn man nicht wusste, welch kranker Geist sich dahinter verbarg.
    »Wie gesagt, gehen wir aufgrund der Druckverteilung davon aus, dass es sich um eine bewusste Manipulation handelt und dass die Fs in seiner normalen Handschrift eher unauffälligdaherkommen.« Die junge Frau rückte ihre Brille zurecht, die sie zuvor auf die Nasenspitze geschoben hatte, um das Wandbild besser erkennen zu können. Ihre Fingernägel waren kurz und ordentlich gefeilt. Die Hände einer Frau, die schon von Berufs wegen auf penible Ordnung Wert legte. »Vermutlich haben seine eigentlichen Fs so gut wie gar keine Unterlängen. Aber trotz allem hält er die Täuschung erstaunlich konsequent durch.«
    Natürlich, dachte Em, dieser Täter ist keiner, der irgendetwas dem Zufall überlässt.
    »Er benutzt Briefkarten aus Büttenpapier und passende Umschläge der Marke Artoz Rondo, 240 Gramm schwer«, fuhr die Spurenanalytikerin fort. »Im Gegensatz dazu schreibt er seine Texte mit einem geradezu himmelschreiend billigen Kugelschreiber.« Sie hob die Schultern. »Dutzendware, wie Sie sie in der Schreibwarenabteilung eines jeden Kaufhauses finden können. Er hinterlässt keine Fingerabdrücke, keine Fasern und auch sonst keine verwertbaren

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