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Sieg der Herzen

Sieg der Herzen

Titel: Sieg der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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vor, ob es zäh ist oder nicht? Und unterdessen ...« Sie sah wieder das Kind an. »Wie soll ich dich nennen?«
    »Jamie«, lautete die rätselhafte Antwort.
    Olivia und Jack tauschten einen Blick; seiner war ein wenig selbstgefällig, ihrer übermittelte eine Warnung. »Nun, Jamie...«, sagte sie und wartete vergebens um nähere Aufklärung. »Lass uns ins Haus gehen, raus aus der Kälte. Ich werde Kartoffeln für das Abendessen schälen, und du kannst den Abwasch machen. Wir werden uns nett und ausführlich unterhalten, während sich McLaughlin hier um dieses Huhn kümmert.«
    »Werden Sie es braten?«, fragte Jamie, fast atemlos bei der Vorstellung.
    Jack konnte es dem Kind nicht verdenken, dass es begierig darauf war. Er hatte selbst gebratenes Huhn von Miss Olivia gegessen, und es war das schlimme Vorspiel wert. Es zahlte sich aus, nicht zu viel zu denken, das war alles.
    »Gewiss«, sagte Olivia und streckte dem Kind eine Hand hin.
    Er - oder sie - zögerte, ergriff dann die Hand und ließ sich ins Haus führen.
     
    »Ein Mädchen«, flüsterte Olivia, als Jack eine Viertelstunde später mit dem gerupften und ausgenommenen Huhn in die Küche kam. Das Platschen von Wasser ließ darauf schließen, dass die kleine Räuberin nebenan ein Bad nahm.
    Er überreichte Olivia das Huhn, und sie wusch es sorgfältig und schnitt es in Stücke, um es mit Mehl zu bestäuben und in Schmalz zu braten. »Hat sie gesagt, woher sie stammt?«, fragte er und schrubbte seine Hände in der Waschschüssel, die Miss Olivia eigens für diesen Zweck hingestellt hatte.
    »Sie ist mit einem entfernten Verwandten gereist«, antwortete sie im Flüsterton. »Er war anscheinend irgendeine Art Hausierer.«
    »War?«
    Olivia seufzte. In der Wäschekammer nebenan begann das Mädchen mit einer so klaren und melodischen Stimme zu singen, dass Jack angenommen hätte, ein Engel sei in Olivias Badewanne, wenn er es nicht besser gewusst hätte. »Entweder ist er tot oder er hat sie zurückgelassen. Sie ist eine Zeit lang allein gewesen - wie es bei Toby McCaffrey der Fall gewesen ist - und hat von dem gelebt, was sie schnorren oder stehlen konnte. Ich nehme an, die Kälte hat sie jetzt gezwungen, sich in die Stadt zu wagen.«
    Früher hätte Jack sich darüber gewundert, dass jemand ein Kind verließ, sodass es sich ganz allein durchs Leben schlagen und gegen den Hunger ankämpfen musste. Aber seit dem Krieg hatte er solche Dinge oftmals erlebt. Die meisten Leute, ganz gleich, in welchem Alter, hatten auf die eine oder andere Weise bittere Zeiten durchgemacht.
    »Wie alt schätzen Sie das Mädchen?«, fragte Jack.
    »Ich brauche nicht zu schätzen«, erwiderte Olivia sachlich und rührte das Hühnerfleisch in der Pfanne um, dass es zischte und der Duft über dem Herd aufstieg. »Ich weiß es. Sie erzählte mir, sie sei an ihrem letzten Geburtstag neun geworden.« Sie legte eine Pause ein und lächelte, diese Frau, die ihn so faszinierte. »Natürlich ist sie in Wirklichkeit erst acht.«
    Jack runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß es einfach.« Olivia wirkte glücklich. Glücklicher, als er sie bisher erlebt hatte. Und obwohl er sich darüber freute, weckte es auch ein gewisses Maß an Neid in ihm, den Wunsch, anstelle des Mädchens dieses Leuchten in ihre Augen und diesen glücklichen Klang in ihre Stimme gebracht zu haben. »Ich bin eben eine Frau.«
    Das ist nicht zu widerlegen, dachte er. Dieses Wissen hielt ihn des Nachts wach. Eines Tages würde er aus reinem Mangel an Schlaf dort unten in der Mine die Länge einer Lunte oder sonst etwas falsch berechnen und sich und zehn oder zwölf andere Männer ins Himmelreich blasen. Zweifellos würde der liebe Gott überrascht sein, sie zu sehen.
    »Was werden Sie mit ihr machen?«, fragte Jack, als nebenan weiterhin Wasser platschte, ein Anzeichen darauf, dass das Mädchen nicht lauschte.
    Miss Olivia furchte die Stirn auf eine Art, die in ihm den Wunsch weckte, die kleine Falte zu küssen, die sich zwischen ihren fein geschwungenen Augenbrauen bildete. »Nun, ich weiß es nicht, Mr McLaughlin. So weit voraus habe ich noch nicht gedacht.«
    »Ich könnte mir vorstellen, dass die Parrishs sie bei sich aufnehmen würden. Wie sie diese beiden kleinen Jungen nach dem Zugunglück aufgenommen haben.« Sofort bereute er, dass er diese schlimme Sache erwähnt hatte, denn Olivias Augen verdunkelten sich bei der Erinnerung, und etwas von der Aprikosenröte auf ihren Wangen verblasste. Zweifellos

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