Sieg der Herzen
sie ihre Antwort erhalten hatte. Offenbar wollten sich sogar die Jungen als Schäfer und Könige und Erzengel verkleiden. Abermals musste Olivia ein Lächeln unterdrücken.
»Wir haben Freitag, wie ihr wisst«, fuhr sie fort. Sie sagte sich, dass ihr der Beruf als Lehrerin gefallen hätte, denn es machte ihr Spaß, vor einer Gruppe von Kindern zu reden. »Dienstagnachmittag nach Schulschluss sollten sich diejenigen, die am Krippenspiel interessiert sind, in der Kirche versammeln. Dort werden dann die Rollen verteilt.«
Zwei kleine Mädchen in der ersten Reihe, die am selben Pult eingezwängt saßen, blickten mit schmalen, ehrfürchtigen Gesichtern zu Olivia auf. Sie erkannte sie als die Kinder von Ben und Sally Williams.
»Kostet es Geld, wenn man mitspielt?«, fragte das größere der Mädchen.
Olivia schmolz vor Rührung fast dahin, doch um der Kinder willen zeigte sie nicht, was sie empfand. »Nein, keinen Penny«, sagte sie. »Der Stoff für die Kostüme wird gestellt - eure Mütter können das Nähen besorgen, dessen bin ich sicher -, und ich werde jedem den Text auf einen Zettel schreiben, damit ihr ihn auswendig lernen und üben könnt.«
Die Schwestern tauschten hoffnungsvolle Blicke, und Olivia notierte sich im Geiste, beiden Rollen als Engel zu geben - sie waren beide nicht alt genug, um die Maria zu spielen - und sie einige Zeilen sprechen zu lassen, vielleicht einen Bibelvers oder ein Stückchen Poesie.
Einer der älteren Kildare-Jungs hob eine Hand, und als Olivia ihn aufrief, sprach er laut und klar und grinste ein wenig. »Meine Ma sagt, es gibt bei dieser Party Plätzchen und Punsch. Vielleicht sogar einen Weihnachtsbaum mit Spielzeug und so. Wenn wir nicht mitspielen, bekommen wir dann trotzdem Plätzchen?«
Olivia bemühte sich, streng zu blicken, aber sie schaffte es nicht. Ihr Herz hatte sich bereits für das Projekt erwärmt, Zuflucht darin gesucht, und alle Kinder von Springwater lagen ihr seltsamerweise am Herzen. »Ich bin überzeugt, dass jedem Erfrischungen angeboten werden«, sagte sie.
Damit war ihr Gespräch beendet, und Miss Mathers entließ die Schüler, von denen die meisten überglücklich waren, ein freies Wochenende vor sich zu haben; die Ansprache von Miss Darling war für diese jungen Geschöpfe anscheinend eine große Zeitverschwendung gewesen. Sie flüchteten drängend und lärmend aus der Klasse und nahmen sich kaum die Zeit, ihre Mäntel und Schals und Fausthandschuhe zu nehmen, und sie schenkten den Ermahnungen ihrer Lehrerin, das Schulgebäude geordnet zu verlassen, keine Aufmerksamkeit.
Emma Hargreaves, die hübsche junge Tochter von Trey und Stieftochter von Rachel, verweilte in der Klasse. Und weil sie trödelte, tat Toby McCaffrey das ebenfalls; sonst wäre er unter den Ersten gewesen, die hinausstürmten. Er beobachtete Emma mit andächtigem Blick, als wolle er sich jedes ihrer Worte, jede ihrer anmutigen Bewegungen einprägen.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Miss Darling«, wagte das Mädchen scheu zu äußern, »möchte ich sehr gern Ihre Helferin sein.«
»Emma ist wirklich ein hilfsbereites Mädchen«, warf Dorothy Mathers ein. Sie sammelte die abgelegten Schiefertafeln und Fibeln von den Pulten zusammen. »Sie hat bereits alles gelernt, was ich sie lehren konnte. Jetzt kommt sie eigentlich nur zur Schule, um mir bei den Kleinen zu helfen.«
Emma errötete ein wenig, und Olivia erkannte blitzartig, dass Miss Hargreaves die Schule ebenfalls aus einem anderen Grund besuchte. Solange sie die Klasse besuchte, würde auch Toby das tun.
»Sie können auch Mrs Calloway drüben bei der Zeitung fragen. Ich arbeite hart.« Das Mädchen wirkte so eifrig, dass sie sich in dem Bemühen, Olivia von ihrer Tüchtigkeit zu überzeugen, fast verhaspelte.
Olivia nahm Emmas Hand und drückte sie kurz. »Ich brauche keine Zusagen von jemandem außer deiner«, sagte sie. »Ich hätte dich gern als Helferin, Emma.« Obwohl das Mädchen sehr erfreut wirkte, war es Toby, der aufatmete. Offensichtlich ein Fall von junger Liebe, dachte Olivia, und empfand eine Spur von Neid. Oh, wie musste es sein, ins Leben zu gehen und noch all diese Wahlen treffen zu können.
»Oh, danke!«, rief Emma und umarmte sie impulsiv.
Olivia zögerte, lachte dann und erwiderte die Umarmung. »Wir werden sehen, wie dankbar du bist, Missy, wenn der Abend des Festspiels da ist«, scherzte sie. »Dies wird eine gewaltige Aufgabe werden.«
Emmas dunkle Augen glänzten. »Es wird wundervoll sein«,
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