Sieg der Leidenschaft
Rhiannon?«
»Wahrscheinlich der Vater des kleinen Jungen, Präsident Davis.«
»Also träumst du vom Tod eines Kindes, der nicht verhindert werden kann?«
»Das weiß ich nicht. Jedenfalls finde ich diesen Gedanken unerträglich.«
»So viele Menschen sterben«, sagte Risa leise. »Der Tod gehört zum Leben, Rhiannon.«
»Aber jetzt sterben zu viele Leute. Sollten wir nicht versuchen zu retten, was noch zu retten ist?«
Nachdenklich starrte Tia vor sich hin. »Jemand müsste persönlich mit Varina Davis reden.«
Eifrig beugte sich Risa vor. »Du kennst sie, Tia. Bevor dieser Wahnsinn anfing, war Präsident Davis unser Kriegsminister. Dein Vater und deine Brüder waren mit ihm befreundet. Vor dem Krieg hast du das Haus der Familie Davis besucht.«
»Ja. Und du hast sie im Weißen Haus der Konföderation besucht, wo sie jetzt wohnen. Da warst du zu Beginn des Kriegs, mit Jerome. Du bist die Frau eines grandiosen Südstaatenhelden ...«
»Und die Tochter eines Unionsgenerals.« Entschuldigend fügte Risa hinzu: »Im Augenblick möchte ich eine so weite Reise nicht riskieren.«
Auf keinen Fall, weil sie wieder ein Baby erwartet, dachte Tia. Und Rhiannons kleiner Conar ist erst ein paar Monate alt. »Vielleicht Alaina ...«
»Auch Alaina ist wieder schwanger.«
»Noch ein Baby?« seufzte Tia nun bitter. »Versuchen wir McKenzies den ganzen Süden allein zu bevölkern?«
»Tia!«, mahnte Risa.
»Oh, tut mir Leid. Ich freue mich für euch alle, ich fürchte nur ...«
»Dass Taylor dir böse wäre?«, fragte Rhiannon.
»Nein«, protestierte Tia. »Nachdem er wieder in den Krieg gezogen ist, ohne mir irgendetwas zu erklären, sehe ich keinen Grund, Brent nicht zu besuchen. Aber ...«
»Aber Ian wird dich nicht gehen lassen«, vollendete Rhiannon den Satz.
»Wahrscheinlich wird er nicht lange hier bleiben«, bemerkte Risa. »Die meisten Offiziere und diensttauglichen Soldaten werden aus Florida abgezogen, weil gerade eine neue Offensive vorbereitet wird. Nach General Grants Ansicht wird der Krieg nur ein Ende finden, wenn er sich zu einem Inferno entwickelt. Und genau das strebt er an.«
»Als würden wir nicht schon längst in der Hölle schmoren«, flüsterte Tia.
»Heute Nacht ist Ian mit Alaina beschäftigt. Bevor er abreist, müssen wir dich also irgendwie aus dem Haus schmuggeln.«
»Heute Nacht musst du erst einmal schlafen, Tia«, schlug Rhiannon nervös und aufgeregt vor.
»Morgen kannst du deine Entscheidung treffen. Wir haben noch genug Zeit.«
»Zeit genug ...«
So lange musste Tia nicht warten. Kurz nachdem sie ins Bett gekrochen war, klopfte es an ihrer Tür. Bei e mem Kutschenunfall war das Bein eines Mannes zertrümmert worden, sein Sohn hatte sich den Arm gebrochen. Auch seine kleine siebenjährige Tochter war schwer verletzt.
Die ganze Nacht stand Tia dem tüchtigen neuen Arzt, Jon Beauvais, bei. Das Bein des Mannes musste amputiert, der gebrochene Arm des Jungen geschient werden. Bis zum Morgengrauen kämpften sie um das Leben des kleinen Mädchens, das sich sehr tapfer zeigte.
»Tut es sehr weh?«, fragte Tia. »Hilft dir die Medizin?«
»So schlimm ist es gar nicht«, versicherte die Kleine, ein hübsches Kind mit rotblonden Locken, und lächelte schwach. »Wenn ich sterbe, holen mich die Engel. So wie meinen Bruder. Daniel ist bei Gettysburg gefallen. Jetzt ist er im Himmel und wenn ich zu ihm komme, ist er nicht mehr so einsam.«
»Nein, du wirst nicht sterben, hörst du? Da draußen sitzt deine Mommy und weint. Ihr zuliebe musst du am Leben bleiben.«
Aber so sehr sich Tia und der Doktor auch bemühten
- das kleine Mädchen starb kurz vor Sonnenaufgang. Beim letzten Atemzug hielt Tia die Hand des Kindes. Im Tod sah es so friedlich aus, als würde es nur schlafen. Schluchzend drückte Tia die Kleine an sich, bis der Arzt ins Zimmer kam und erklärte, nun müsste die Mutter eine Weile allein mit ihrer Tochter sein.
Wenig später kehrte Tia ins Haus der McKenzies zurück und teilte Rhiannon mit, sie würde nach Richmond reisen.
Ian hatte bereits seine Order erhalten. Im Hafen wartete ein Yankee-Schiff auf ihn. Kurz danach verließ Tia die Stadt und ritt flussabwärts, um an Bord eines Blockadebrechers zu gehen.
Erst an diesem Morgen hatte Taylor die Dokumente bekommen, die er brauchte. Vom Union Navy-Stützpunkt in Key West musste er fast zweihundert Meilen zurücklegen, um James McKenzies Haus zu erreichen
Der nervöse Kapitän des kleinen Schiffs wagte sich nur langsam
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