Sieg der Leidenschaft
Sydney, Brents Assistentin, schon bald verliebt. Sie war nach Washington gefahren, um angeblich einen Gefangenenaustausch zu arrangieren. Stattdessen hatte sie ihrem Bruder Jerome zur Flucht verholfen - und Jesse geheiratet. Darüber freute sich Brent. Er mochte seinen Schwager, dem er nur zu gern das Leben gerettet hatte. Nun wartete Sydney in Washington auf ihren Mann. Brent hoffte, Jesse würde einen höheren militärischen Rang einnehmen, der ihn zu einem Weihnachtsurlaub berechtigte, und nicht auf irgendeinem Schlachtfeld verbluten.
Nachdenklich schürte Brent das Kaminfeuer. Seit dem Beginn des Krieges war es ihm unangenehm gewesen, Prostituierte und geschlechtskranke Soldaten zu behandeln und ihnen den Gebrauch von Kondomen zu erklären. Aber nach einer Weile freundete er sich mit einigen warmherzigen, liebenswerten, lebensklugen
Huren an. Jene Erfahrungen hatten ihn für immer verändert - und sie würden ihn unablässig verfolgen. Marys wegen.
Er hatte ihren Vater auf dem Totenbett behandelt und die schöne junge Tochter des Colonels für dessen Geliebte gehalten. Damit hatte er sich Marys erbitterte Feindschaft zugezogen.
Wo mochte sie diesen Abend verbringen? Er beobachtete das Feuer und wärmte seine Hände über den flackernden bläulichen und orangegelben Flammen. Nach einer Weile zog er das Jackett seiner Uniform aus, lockerte den Hemdkragen und sank in den Queen Anne-Sessel vor dem Kamin. Neben seinem Ellbogen stand eine Brandykaraffe auf einem eleganten Beistelltischchen aus Kirschbaumholz und er füllte ein Glas ein. »Prost, Dr. McKenzie«, murmelte er. »Frohe Weihnachten.«
Als er eine Antwort hörte, zuckte er verwirrt zusammen. »Frohe Weihnachten, Dr. McKenzie.«
Hastig sprang er auf und vergoss vor lauter Schreck seinen Brandy. Da stand sie. In der Schlafzimmertür. Mary. Oder hatte ihn der Krieg um den Verstand gebracht? Spielte ihm seine übererregbare Fantasie einen Streich? Ihre Silberaugen wichen seinem Blick nicht aus. In seidigen Wellen hing ihr dunkles Haar auf einen schneeweißen Morgenmantel hinab.
»Mary!«
»Ja.«
»Um Himmels willen, was machen Sie hier?«
Langsam ging sie zu ihm und griff mit bebenden Fingern nach der Brandykaraffe. »Darf ich mir was einschenken, bevor Sie alles verschütten?«
»Natürlich«, erwiderte er, immer noch völlig verblüfft. Ja, sie wär es tatsächlich, eine kleine Schneekönigin, die nach Seife und Rosenwasser roch - ein betörender Angriff auf seine Sinne. Eben noch war er todmüde gewesen - jetzt fühlte er sich hellwach. Er hatte gefroren - jetzt schien sein Fleisch zu glühen. Unter diesem Morgenmantel hat sie nichts an, dachte er. »Was machen Sie hier?«, wiederholte er schärfer als beabsichtigt. »Und wie haben Sie mich gefunden?«
»Das war nicht schwierig. Ich erkundigte mich, wohin man Sie versetzt hatte, und einer Ihrer Sanitäter beschrieb mir den Weg zu diesem Haus. Da die Tür unverschlossen war, trat ich ein. Sie sollten vorsichtiger sein, Sir. In Richmond wimmelt es von verzweifelten Flüchtlingen. Aus Angst vor Grant verlassen zahlreiche Leute die Stadt und unterwegs nehmen sie alles mit, was sie zwischen die Finger kriegen. Erstaunlich ... Unsere Landsleute sind nicht nur edle Helden, sondern auch feige Diebe.«
»Mary, warum sind Sie hier?«
Sie leerte das Glas in einem Zug und stellte es auf den Tisch. »Um meine Schulden zu bezahlen. Für die Behandlung meines Vaters. Heute ist der Heilige Abend. Und ich dachte, das wäre ein geeigneter Zeitpunkt ...«
Plötzlich konnte er sich nicht mehr beherrschen. Er nahm sie in die Arme und küsste ihre zitternden Lippen. Wie süß sie schmeckten, wie nachgiebig sie sich öffneten ... Ihr warmer, weicher Körper schmiegt sich an seinen. Voller Verlangen umfasste er eine ihrer Brüste, köstliche Gefühle erhitzten sein Blut... Doch abrupt kam er zur Besinnung und riss sich los.
»Verdammt, Mary, du bist mir nichts schuldig. Als ich das sagte, war ich wütend. Glaubst du, ich würde nicht jedem Mann helfen, der im Sterben liegt?«
In ihren Augen schimmerten Tränen. »Du hast so viel für ihn getan. Deshalb bin ich dir was schuldig.«
Da zog er sie wieder an sich. »Kleine Närrin! Ich werde sicher nicht mit dir schlafen, nur weil du dir einbildest, du müsstest mir irgendetwas zahlen. Damals war ich zornig, eifersüchtig, verletzt - ein Idiot!«
Den Kopf an seine Brust gelegt, wisperte sie zögernd: »Würdest du mich lieben, wenn ich schwöre, dass ich - bei dir sein
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