Sieg der Leidenschaft
sie schon sehr lange.«
»Warum haben Sie die Frau Ihrer Träume nicht geheiratet? Sie muss schon vor dem Krieg volljährig gewesen sein.«
»Damals wollte Tia reisen und die Welt kennen lernen«, erklärte Raymond. »Dafür hatte ich Verständnis. Aber ich bin mir sicher, dass sie meine Gefühle erwidert.«
»Eines Tages wird der Krieg zu Ende gehen.«
»Gewiss - und dann wird Tia mir gehören.«
»Viel Glück, Sir.«
»Danke ... Gehen Sie nicht ins Bett?«
»Ich möchte diese schöne Nacht noch ein bisschen genießen. Lassen Sie sich nicht länger von ihrem Rundgang abhalten.«
»Eh - nein. Gute Nacht.«
Nach ein paar Minuten betrat Taylor sein Zimmer. Tia saß auf dem Bett und wartete. Als er neben ihr Platz nahm, entdeckte sie ein Medaillon, das er an einer goldenen Halskette trug. Am Ringfinger der linken Hand sah sie einen schmalen goldenen Reif. »Ich glaube, Ihr Liebhaber wollte Sie in Ihrem Zimmer besuchen, Miss McKenzie«, begann er. »Natürlich gönne ich Ihnen beiden eine romantische Begegnung - aber es wäre Ihnen sicher unangenehm gewesen, wenn er Sie nicht in Ihrem Zimmer angetroffen - und womöglich bei mir aufgespürt hätte. Vielleicht sollten Sie zurückkehren, bevor man Sie hier findet, und ein Blutvergießen verhindern.«
»Niemand würde mir eine Affäre mit einem Yankee Zutrauen.«
»Wie würden Sie jedoch Ihre Anwesenheit in meinem Zimmer erklären?«, fragte Taylor grienend.
»Nun - Sie haben mich um ein Gespräch gebeten, weil Sie dachten, ich wüsste, wer Godiva ist, und müsste sie vor den Feinden warnen ...«
Abrupt verstummte sie, als er leise lachte.
»Würden Ihre Eltern tatsächlich glauben, ich hätte Sie in mein Zimmer gelockt, um mit Ihnen über eine andere Frau zu reden?«
»Warum nicht?«
»Seien Sie nicht albern, Tia! Sicher wissen Sie, wie begehrenswert Sie sind. Der arme Colonel Weir schmachtet schon seit Jahren nach Ihnen. Ihr Vater, Ihr Bruder und Weir würden mich zum Duell fordern. Dabei würden drei Männer sterben.«
»Und die wären?«
»Dazu würde ich nicht gehören.«
»Mein Bruder ist ein ausgezeichneter Fechter.«
»Mit mir könnte er's nicht aufnehmen.«
»Ihre Arroganz kennt wohl keine Grenzen.« Ärgerlich sprang sie auf. »Aber ich werde ein Duell verhindern und meinem Vater erklären, ich würde Sie gar nicht reizen ...«
»Habe ich das je behauptet?« Ausnahmsweise klang seine Stimme nicht belustigt. Er stand auf und als er den Kopf herabneigte, erinnerte sie sich viel zu deutlich an seinen Kuss. Trotzdem wich sie nicht zurück. Beinahe spürte sie seinen muskulösen Körper an ihren Brüsten. »Aber glücklicherweise würde ich mich niemals in Sie verlieben, Godiva, so wie der arme vernarrte Colonel Weir.«
Abrupt trat er zurück. Ein kalter Luftzug schien Tia zu umwehen. Von hellem Zorn erfüllt, hob sie eine Faust, um in Taylors Gesicht zu schlagen. Aber er packte ihre Handgelenke und hielt sie eisern fest. »Lernen Sie Ihr Temperament zu zügeln, Godiva, und halten Sie Ihr Versprechen. Nehmen Sie sich in Acht.«
»Warum interessiert Sie das?«
»Weil Ihr Bruder mein Freund und Ihr Vater ein großartiger Mann ist. Außerdem bin ich mit Ihren Vettern und Ihrer Kusine verwandt.«
»Meine Familie geht Sie nichts an!«, zischte Tia und versuchte sich erfolglos zu befreien.
»Vielleicht sollte ich Ihrem Vater lieber doch reinen Wein einschenken.«
»Nein!«
»Also gut«, erwiderte er und ließ sie los. »Gehen Sie jetzt in Ihr eigenes Bett - und hüten Sie sich, Ihr Wort zu brechen. Sobald ich Verdacht schöpfe und glaube, Sie würden mich überlisten, müsste ich Ihren Vater einweihen. Ist das klar?«
»Völlig klar. Gute Nacht, Colonel. Hoffentlich sehen wir uns nie wieder.« Als sie sich in möglichst würdevoller Haltung zur Balkontür wandte, umklammerte er ihren Arm erneut.
»Warten Sie! Soll ich nicht nachsehen, ob die Luft rein ist?« Verlegen senkte sie den Kopf und Taylor schaute in die Nacht hinaus. »Gehen Sie!«
Heiliger Abend ...
Es gab keinen Grund, warum sie nicht heim nach Florida fahren sollte. Sicher, ihr Ehemann lebte in Washington. Aber seit der improvisierten Hochzeit im
Gefängnis hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Sie lebte nicht einmal in seinem Apartment, sondern immer noch zusammen mit Sissy und ihrer irischen Freundin Maria, einer Kriegswitwe, die ihr in alten Spionagezeiten beigestanden hatte. In diesem Apartment nahe dem Weißen Haus, das sich die drei Frauen teilten, bewohnte Sydney ein winziges
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