Sieg der Leidenschaft
versucht, seine Wange zu berühren. Und sie fand es gar nicht so schrecklich, auf seinem Bett zu liegen, seine Nähe zu spüren. Dann dachte sie an all die Dinge, auf die sie wegen des Krieges verzichtete. Verärgert über sich selbst, biss sie die Zähne zusammen. Was stimmte nicht mit ihr? Wieso fand sie ein perverses Vergnügen daran, neben ihrem Feind zu liegen? Die Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete, erschien ihr wie ein Hauch des Bösen. Trotzdem - möge der Himmel ihr beistehen
- sehnte sie sich nach diesen fremdartigen Gefühlen. »Über den Krieg wollte ich gar nicht mit Ihnen reden, Sir ...«
»Worüber dann, Godiva?«
»Bis jetzt haben Sie mich nicht verraten.«
»Weil ich großen Respekt vor Ihren Eltern und Ihrem Bruder habe. Sicher wären sie alle sehr unglücklich, wenn sie von Ihren Untaten wüssten.«
»Das geschah nur ein einziges Mal. Weil ich mir nicht anders zu helfen wusste ...«
»Vielleicht sehen Sie sich wieder einmal gezwungen, nackt durch den Wald zu reiten und nichts ahnende Yankees in die Irre zu führen. Ich sollte Ihren Vater informieren, damit er Sie künftig vor solchen Dummheiten bewahrt.«
»Nein, bitte - nicht...«
Er neigte sich zu ihr. »Beim nächsten Mal könnten Sie sterben. Wenn man Ihre Leiche findet, wäre Ihre Familie völlig verzweifelt. Und ich würde mich schuldig fühlen, weil ich die Tragödie nicht verhindert habe.«
»Bitte ...«
»Versprechen Sie mir, so etwas nie wieder zu tun. Unter keinen Umständen. Dann werde ich Ihr Geheimnis hüten.«
Tia holte tief Atem. »Also gut, ich verspreche es.« Forschend schaute sie in seine Augen. Würde er sein Wort halten? Plötzlich merkte sie, dass diesmal er nackt war. Darauf hatte sie bis jetzt nicht geachtet, in ihrem eifrigen Bestreben, ihn zum Schweigen zu verpflichten. »Oh, ich - ich ...«
»Erkennen Sie endlich, in welcher Gefahr Sie schweben, wenn Sie dem Feind zu nahe kommen? Aber Sie müssen nicht in wilder Panik fliehen, liebe Miss McKenzie. Oder glauben Sie, ich würde im Haus Ihres
Vaters die Beherrschung verlieren und seine Tochter vergewaltigen?«
»Nein - es ist nur ...«
»Still!«, flüsterte er und legte einen Finger an seine Lippen. Sie hatte nichts gehört. Blitzschnell stieg er aus dem Bett, ging zur Balkontür und blieb stehen. Vergeblich versuchte Tia, ihren Blick von seinen breiten Schultern, den schmalen Hüften und den langen, muskulösen Beinen loszureißen. Er bewegte sich wie ein Mann, der mit Gefahren aufgewachsen war, wie Onkel James und seine Söhne, die das Leid der Seminolen gekannt hatten. Reglos spähte er durch die Gittertür und lauschte, dann drehte er sich um, ergriff seine Hose und schlüpfte hinein.
»Was tun Sie?«, wisperte Tia.
»Seien Sie still und bleiben Sie, wo Sie sind!« Sekunden später trat er auf den Balkon hinaus. »Ah, Colonel Weir! Können Sie auch nicht schlafen ...«
»Colonel Douglas ...«, erwiderte Raymond unbehaglich.
»Was für eine wunderbare Nacht ... In diesem schönen Haus, unter funkelnden Sternen, könnte man den Krieg beinahe vergessen.«
»Ich vergesse den Krieg niemals, Sir.«
»Natürlich nicht«, stimmte Taylor zu und Tia glaubte, eine leise Ironie aus seiner Antwort herauszuhören. Was hatte Ray auf dem Balkon zu suchen? Vor ihrem Zimmer?
»Heute Abend haben wir gute Arbeit geleistet, Sir«, fuhr der Yankee fort. »Wenn so viel Blut vergossen wird, ist es erstrebenswert, wenigstens ein paar Menschenleben zu retten.«
»Aber die Freiheit hat stets ihren Preis. Und manchmal muss man mit dem Leben für die Unabhängigkeit einer Nation bezahlen.«
»Zweifellos - was den Wert eines Menschenlebens allerdings nicht mindert ... Nun, Sir, ich möchte Sie nicht länger stören, wenn Sie mit Ihren Gedanken allein sein wollen. Aber - ist das die Tür zu Ihrem Gästezimmer? Hat man uns nebeneinander untergebracht? Sonderbar ...«
»Nein - ich wohne auf der anderen Seite, am Fluss ... Ich wollte nur um den Balkon herumgehen und die Architektur des Hauses bewundern.«
»Ah, ich verstehe. Ich glaube, nebenan wohnt Ian -oder seine Schwester ... O Gott!«, unterbrach sich Taylor scheinbar erschrocken. »Habe ich etwa ein heimliches Stelldichein gestört?«
»Wie können Sie so etwas vermuten, Sir?«, stieß Ray entrüstet hervor. »Sie beleidigen die Tochter des Hauses!«
»Nichts für ungut, Colonel. Aber Ihr Interesse an Miss McKenzie ist nun mal offensichtlich.«
»Sie ist das schönste Geschöpf, das ich kenne und ich liebe
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