Sieg der Leidenschaft
Feldwebels.
»Das werde ich nicht tun.«
»Weil du ein Yankee bist!«
»Nimm dich in Acht, Raymond!« Zum ersten Mal ergriff Ian das Wort.
»So wie dein Sohn ein Yankee ist!«
»In diesem Haus ist Taylor Douglas ein Gast, genauso wie du.« Nur selten hatte Tia ihren Vater so zornig gesehen. »Ich habe deiner Regierung versprochen, während der Verhandlungen für Frieden zu sorgen. Wenn du kämpfen willst, kehr bitte auf dein Schlachtfeld zurück.«
»Eins scheinst du dauernd zu vergessen - Florida ist ein Konföderationsstaat. Und du wendest dich gegen deine Heimat ...«
»Niemand ist diesem Staat treuer ergeben als ich, Raymond. Auf Cimarron habe ich einen Traum verwirklicht. Ich kenne dieses Land besser als du, ich kenne die Menschen, die des Konflikts müde sind, die ihr Paradies bewahren wollen, statt es zu zerstören. Erzähl mir bloß nichts über meinen Staat!«
»Und wenn du eines Tages angegriffen wirst ...«
»Sieh dich doch um! Schau zum Fluss hinab, zu den Kiefern. Mein Heim wird gut bewacht.«
Dem konnte Raymond Weir nicht widersprechen. Langsam schob er sein Schwert in die Scheide. »Was heute geschehen ist, wirst du noch bereuen, Jarrett. Jetzt gehe ich. Bei diesem Weihnachtsfest werde ich dir keine Schwierigkeiten mehr bereiten. Colonel Taylor, ich bete um die Ehre, Sie auf dem Schlachtfeld töten zu dürfen. Halten Sie nach mir Ausschau! Ich reite immer an der Spitze meines Trupps.« Nach einer knappen Verbeugung vor Tia eilte er zum Stall.
»Auch ich muss mich verabschieden, Mr. McKenzie«, erklärte Taylor.
»Das ist wirklich nicht nötig«, protestierte Jarrett.
»Doch, Sir. Abgesehen von diesem unangenehmen Zwischenfall - es wird allmählich Zeit.«
»Dann wollen wir Sie nicht länger aufhalten.«
Eine Zeit lang schauten sie der hoch gewachsenen Gestalt in der blauen Navy-Uniform nach, dann wandte sich Jarrett zu seiner Tochter. »Wieso ist es zu dieser katastrophalen Szene gekommen, Tia?«
Sollte sie erzählen, Raymond Weir habe sie zur Spionage verleiten wollen? Oder sie sei von Taylor Douglas' Anwesenheit auf dem Friedhof völlig überrascht worden? Erbost schüttelte sie den Kopf. »Männer! Dauernd schwingen diese Narren ihre Schwerter und bekämpfen einander wie kleine Jungs auf dem Spielplatz. Schau mich nicht so an, Vater, diesen Streit habe ich nicht heraufbeschworen.«
»In Zukunft wirst du dich aus dem Krieg heraushalten!« Immer noch wütend, wandte er sich ab und kehrte mit langen Schritten zum Haus zurück.
»Glaub mir, Ian!« Flehend blickte sie zu ihrem Bruder auf. »Was soeben geschehen ist, darfst du nicht mir verübeln. Natürlich hat Vater ein Recht auf seine Überzeugung und Ray benahm sich wie ein Idiot. Aber Florida gehört nun einmal zur Konföderation ...«
»Und Raymond klammert sich an lächerliche Ideale - an seine naive Vorstellung, wie es in den Südstaaten zugehen müsste. Aber Taylor Douglas hat schon genug Menschen sterben sehen. Du forderst einen kriegsmüden Mann heraus, kleine Schwester.« Als er den Friedhof verließ, rannte sie ihm nach.
»Warte, Ian!«
Seufzend blieb er stehen und drehte sich zu ihr um. »Tia, jetzt ist das Leben keine Party mehr, kein Barbecue, kein Ball. Verstehst du das nicht?«
»Doch, natürlich. Wie kannst du so mit mir reden? Du weißt, wie lange ich schon für Julian im Lazarett arbeite. Dort habe ich all die Fieberkrankheiten gesehen, die Stichwunden, die Beinstümpfe, die zerschmetterten Glieder - und auch den Tod!«
Liebevoll berührte er ihre Wange und sie ahnte, was er dachte. Wenn er ihre Tätigkeit auch zu schätzen wusste, er war ihr haushoch überlegen, ihr autoritärer älterer Bruder. »Überleg dir gut, mit welchen Männern du flirtest. Um dich zu verteidigen, würde ich mein Leben aufs Spiel setzen. Aber ich hoffe, dazu werde ich nicht gezwungen, nur weil du irgendwelche albernen Spiele treibst.«
»Unsinn, Ian - ich bin erwachsen.«
»Deshalb ist's ja so beängstigend.« Er küsste ihre Stirn, dann kehrte er ihr den Rücken und ging zum Haus.
Während sie ihm nachschaute, fröstelte sie plötzlich. Bedrückt schloss sie die Friedhofspforte hinter sich, stieg den Hang hinauf und wünschte, inzwischen wären die verfeindeten Gäste abgereist.
In der Bibliothek traf sie ihre Schwägerin an. Alaina las ein Buch und hielt Sean auf ihrem Schoß fest. »Haben sich unsere Gäste verabschiedet?«
»Hoffentlich«, erwiderte Tia. »O Alaina, ich wünschte, Ray würde in irgendeinem Sumpf feststecken.
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