Sieg der Leidenschaft
Sanitäter werden auf dich aufpassen.«
Tia widersprach nicht. Sollte der Vater getrost glauben, sie würde ständig bewacht. »Ich werde nicht mehr in den Wald reiten«, versprach sie.
»Gut. Trink deinen Sherry - und schenk mir einen Brandy ein.« Während sie ein Glas füllte, fragte er: »Taylor ist dir also gefolgt?«
»Ja.«
»Hoffentlich hast du dich bei ihm entschuldigt, Tia.«
»Entschuldigt?« Beinahe hätte sie den Brandy verschüttet.
»Für das alberne Lied.«
»Oh ... Ja, natürlich habe ich mich entschuldigt ...« Unbehaglich unterbrach sie sich, als Ian und Taylor eintraten. »Ein Drink?«, bot sie den beiden Freunden an.
»Was trinkst du, Vater?« Ian warf seinen Federhut auf den Schreibtisch und sank in den Ledersessel. »Was für ein herrlich bequemes Möbel ...
»Allerdings«, bestätigte Jarrett. »Ich trinke Brandy und deine Schwester hat eine Vorliebe für Sherry entwickelt.«
»Im Lazarett trinken wir nur selten Alkohol«, erklärte Tia, »und niemals so etwas Gutes.«
»Dann nehme ich auch einen Brandy«, entschied Ian.
»Was darf meine Tochter Ihnen einschenken, Taylor?« fragte Jarrett.
»Bitte auch einen Brandy. Danach muss ich mich verabschieden.«
Tia füllte noch zwei Gläser. Den Blick gesenkt, reichte sie den Männern die Drinks. Dabei streiften Taylors Finger ihre Hand. Sogar diese flüchtige Berührung trieb ihr das Blut in die Wangen.
»Wohin reiten Sie, Taylor?« Jarrett nahm in einem der anderen Sessel Platz.
Taylor setzte sich ihm gegenüber - viel zu nahe bei dem kleinen Tisch, neben dem Tia jetzt stand - und warf ihr einen kurzen Blick zu. »Das verrate ich lieber nicht, Sir.«
»Meine Tochter gehört nicht zu den Kampftruppen.«
»Nein, aber sie ist mit vielen Soldaten befreundet.«
»Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl ist!«, meinte Tia und lachte gezwungen. »Sicher ist es besser, wenn ich mich entferne - damit Ihr Yankees euch ungestört unterhalten könnt.«
»Tia ...«, begann Jarrett und runzelte die Stirn.
»Schon gut, Vater.« Sie küsste seine Wange, eilte aus dem Büro und schloss die Tür hinter sich.
Wo mochten ihre Mutter, die Schwägerin und die Kinder sein? Im Haus herrschte tiefe Stille. Sie schlenderte durch den Hinterausgang auf die Veranda, dann zum Fluss hinab und beobachtete, wie die Angestellten ihres Vaters ein Schiff mit Rindfleisch aus Florida beluden, das einen Großteil der Konföderiertenstreitkräfte ernährte.
Eine Zeit lang saß Tia auf der Hafenmauer. Während der Abend dämmerte, fragte sie sich, ob sie ihre Mutter, Alaina und die Kinder vielleicht auf der anderen Seite des Hauses treffen würde. Also stieg sie den Hang hinauf. Plötzlich fühlte sie sich zu dem Pfahlzaun hingezogen, der den Familienfriedhof umgab. Zu ihrer Überraschung stand die Pforte offen. Im schwindenden Tageslicht strahlten die Gräber stille Würde aus. Tara war vor dem Krieg nur einmal pro Woche hergekommen, um sie mit frischen Blumen zu schmücken. Seit kurzem besuchte sie den Friedhof fast täglich. Wie sie ihrer Tochter gestanden hatte, betete sie hier und dankte dem Allmächtigen, dass in diesem Krieg noch keiner ihrer Lieben gestorben war.
Besonders sorgfältig pflegte sie das Grab von Jarretts erster Frau, für die sie stets große Sympathie gehegt hatte. Lisa Maria McKenzies Grabmal, eine schöne Skulptur, erhob sich in der Mitte des Friedhofs. An einer Seite lagen Seminolengräber, letzte Ruhestätten einiger Verwandter von James McKenzie, Tias Onkel.
Auch Taylor Douglas ist mit ihm verwandt, dachte sie und seufzte. Sogar an diesem geweihten Ort wurde sie an den grässlichen Mann erinnert.
»Tia!«
Erstaunt drehte sie sich zu Raymond Weir um.
»Ray ...«
»Ich bin so froh, dich endlich einmal allein anzutreffen.«
»Was willst du mir sagen?«
»Ich glaube, im Büro deines Vaters werden gerade irgendwelche Strategien erörtert.«
»Sicher nichts, das man dir verheimlichen will«, erwiderte sie hastig. »In diesem Haus bist du genauso zu Gast wie Colonel Douglas und du kannst das Büro jederzeit betreten ...«
»Nein, Tia.« Zögernd fügte er hinzu: »Warst du drin?«
Sie holte tief Atem. »Ja, und ich ging bald wieder hinaus. Wie du weißt, setze ich mich leidenschaftlich für die Sache des Südens ein. Aber du forderst mich hoffentlich nicht auf, meinem Vater nachzuspionieren, in seinem eigenen Haus.«
»Nicht nur das. Du sollst etwas unternehmen, ehe es zu spät ist.«
»Zu spät?«
»Dein Vater war von jeher ein
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