Sieg der Leidenschaft
Wagen nach St. Augustine brachten, kamen sie nur langsam voran. Trotzdem atmete Tia erleichtert auf, als sie sich allmählich vom Kriegsgebiet entfernten, als die Luft nicht mehr nach Blut und Verwesung roch. Die Tage waren kühl und angenehm, die Nächte kalt, aber nicht eisig.
Gegen Ende März wurde Julian im Nachtlager von einem Boten General Finegans aus dem Schlaf gerissen. Ein Scharfschütze hatte einen unentbehrlichen Adjutanten verletzt. Wie der Bote erklärte, steckte die Kugel in der Schulter. »Niemand außer Ihnen kann eine so komplizierte Operation durchführen, Dr. McKenzie.«
»Natürlich würde ich einem Offizier, der dem General so viel bedeutet, gern helfen. Aber in unserer bedauernswerten kleinen Reisegruppe gibt es nur einen einzigen einsatzfähigen Mann. Außerdem kann ich meine Schwester nicht im Stich lassen.«
Tia, die neben ihrem Bruder stand, räusperte sich. »Möchten Sie einen Becher Kaffee trinken, Sir?«
»Mit Vergnügen, Ma'am«, antwortete der Besucher, der sich als Arnold Bixby vorgestellt hatte und aus dem Süden stammte.
Während er an seinem heißen, mit Whiskey gewürzten Kaffee nippte, versuchte Tia ihrem Bruder klar zu machen, sie würde sehr gut ohne ihn zurechtkommen. Offenbar hatte Julian noch nicht begriffen, dass er keineswegs gebeten wurde, Bixby zu begleiten, sondern einen Befehl bekommen hatte.
»Wie kann ich dich allein lassen, Tia ...«, seufzte Julian.
»Wir haben uns schon einmal getrennt. Unter ähnlichen Umständen. Und da gab es nicht die geringsten Schwierigkeiten«, log sie. Natürlich wusste Julian nicht, was >Godiva< Ende letzten Jahres vor der Begegnung mit Dixies Kompanie erlebt hatte. »Vor kurzem konnten wir eine größere Schlacht gewinnen. In diesem Gebiet sind wir sicher. Im Übrigen ist ja Liam bei mir.«
»Liam hat ein Bein verloren.«
»Trotzdem ist er durchaus fähig, mich zu beschützen.«
»Am Flussufer, an dieser Stelle ...«, Bixby zeichnete mit einem abgebrochenen Zweig eine Landkarte auf den Sandboden des Zelts, »... erreichen Sie Dr. Lee Granger. Da kampiert er mit ein paar Überlebenden von Olustee. Auf dem Weg nach Norden reiten wir an seinem Lager vorbei und bereiten ihn auf Ihre Ankunft vor, Ma'am.«
Unverwandt starrte Julian seine Schwester an. »Das gefällt mir nicht.«
»Wie auch immer, du hast keine Wahl«, erwiderte sie, »und ich weiß mir zu helfen. Natürlich kann ich niemanden operieren. Aber ich werde die Verbände regelmäßig wechseln. Was ich nicht zum ersten Mal tue. Falls wir tatsächlich unterwegs Feinde treffen, werde ich wahrscheinlich einen der Offiziere kennen. Viele sind mit Ian oder Vater befreundet. Mach dir keine Sorgen«, fügte sie zuversichtlich hinzu. Was gab es zu befürchten? Vorerst waren die Yankees geschlagen. Statt die Rebellen zu verfolgen, rannten sie ihnen eher davon. »Jetzt packe ich deine Sachen, Julian.«
Am nächsten Morgen wurde sie von strahlendem Sonnenschein geweckt. Sie wusch sich am Bach, trank den Kaffee, den Gilly zubereitet hatte, und sorgte dafür, dass die Verwundeten vor dem Aufbruch etwas Schiffszwieback aßen.
Gilly und ein Soldat, der gegen eine Infektion kämpfte, wurden auf den Wagen verfrachtet. Mühelos konnte ein Mann, der einen Unterschenkel verloren hatte, das sanftmütige Maultiergespann lenken. Tia, Liam, Hank Jones und Larry Hacker, dem ein Unterarm amputiert worden war, würden neben dem Wagen reiten. Langsam und vorsichtig, um Gilly und den Fieberkranken nicht unnötig durchzurütteln, machten sie sich auf den Weg. Zu Mittag war Tia stolz auf die Strecke, die sie bewältigt hatten. Wenn sie dieses Tempo beibehielten, würden sie Dr. Grangers Camp am nächsten Morgen erreichen.
Bald, nachdem sie sich zu ihrem Erfolg beglückwünscht hatte, geriet der Wagen in ein Schlagloch, ein Rad brach, und Gilly schrie gequält auf. Angstvoll eilte Tia nach hinten zur Ladefläche des Wagens. Gillys Beinstumpf war gegen die Planken geschlagen und blutete heftig.
»Helfen Sie mir, eine Aderpresse anzufertigen!«, rief sie Liam zu.
An die Zusammenarbeit mit Julian gewöhnt, fand er sofort einen passenden Stock, und Tia riss einen Streifen von ihrem Unterrock ab. Mit vereinten Kräften stoppten sie die Blutung und brachten den Patienten zum Bach, wo Tia die neue Wunde im kauterisierten Beinstumpf reinigte. Tapfer bekämpfte Gilly seine Schmerzen, aber sie sah Tränen in seinen Augen.
»Jetzt können wir alle einen Schluck Whiskey vertragen«, meinte sie. Zuerst setzte
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